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Drachenelfen

Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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einige der haarfeinen Tentakel ausgefahren, die in seltsamer Harmonie im Gleichtakt hin und her schwangen. Dann löste sich ein langer Fangarm, der die Farbe rohen Fleisches hatte, aus dem Gespinst. Er endete in einem dolchlangen, bedrohlich gekrümmten Zahn.
    Artax hörte Juba etwas rufen. Das Halteseil, das sie mit dem Schiff verband, spannte sich, und sie wurden gegen die Windrichtung zum Palastschiff zurückgezogen. Der Fangarm mit dem Zahn tanzte im Rhythmus der feineren Tentakelstränge.
    Dann, ohne Vorwarnung, stieß er hinab und durchtrennte das Seil.
    Artax konnte sehen, wie der Körper des Wolkensammlers ein wenig anschwoll und einen Satz nach oben machte, dann stieg er steil in den Himmel hinauf.
    Zwischen den Füßen hindurch konnte Artax auf das Vordeck des Palastschiffes blicken. Juba griff sich einen der Wolkensammler, die dort bereitgehalten wurden, und schlüpfte in das Tragegeschirr aus Ledergurten. Einige Krieger aus der Garde der Himmelshüter taten es ihm gleich. Auf dem Vordeck herrschte helle Aufregung! Überall zeigten Wolkenschiffer mit ausgestreckten Armen auf ihn. Niemand flog ohne eine Sicherungsleine — und noch nie hatte ein Wolkensammler von sich aus eine der Leinen gekappt.
    Artax beobachtete das Tier. Er suchte nach Veränderungen. Hatte es seine Farbe gewechselt? Zuckten die Tentakel unruhig? Sonderte es mehr von dem durchscheinenden, klebrigen Schleim ab? Er konnte nichts Auffälliges entdecken.
    Auf dem Palastschiff wurde der Rufer geblasen. Juba und seine Kampfgefährten waren bereits in der Luft und folgten ihm, doch sie stiegen nur sehr langsam auf. Es war offensichtlich, dass sie ihn so nicht einholen würden.

    Artax war sich bewusst, dass ihm nichts anderes übrig blieb, als sich zu fügen. Es gab keine Möglichkeit, den Wolkensammler zu steuern. Oder doch? Er dachte daran, auf dem weiten Vordeck zu landen, und verdrängte alle anderen Gedanken. Zwischen den großen Seilrollen wollte er abgesetzt werden. Unbedingt. Jetzt sofort.
    Nichts geschah.
    Artax blickte hinab. Sie waren jetzt schon so hoch, dass der riesige Leib des Wolkensammlers, der das Schiff trug, den Blick auf das Deck versperrte. Und sie stiegen immer noch höher! Jetzt jedoch langsamer.
    Der Unsterbliche beobachtete, wie Juba und dessen Kampfgefährten trotz aller Bemühungen weiter hinter ihn zurückfielen. Das Palastschiff hatte den Kurs gewechselt und alle Segel wurden gesetzt. Die Kraft des Windes und das Geschick der Wolkenschiffer in der Takelage machten es möglich, die gewaltigen fliegenden Paläste durch das Firmament zu lenken. Ein einzelner Mann in einem Fluggeschirr hatte solche Möglichkeiten nicht. Dennoch war Artax zuversichtlich, dass der Devanthar ihn im Zweifelsfall retten würde. Er hatte den Löwenhäuptigen zwar seit einigen Tagen nicht gesehen, doch vertraute er darauf, dass sein Gönner ihn beobachtete. Obschon er den Devanthar in jener Sturmnacht verwünscht und allerlei – rückblickend – reichlich lästerliche Gedanken gehabt hatte, war er sich später doch sicher gewesen, dass es der Devanthar gewesen sein musste, der den Wolkensammler dazu gebracht hatte, ihn zu retten. Sein Herz wurde ruhiger. Was sollte ihm schon geschehen? Er öffnete sich der Schönheit der unvergleichlichen Aussicht und betrachtete den breiten, silbern glänzenden Fluss, der sich tief unter seinen Füßen durch das Waldland wand, und die Bergkette, die sich weit entfernt im Norden in blassem Blau gegen den Horizont abzeichnete. Einige der Gipfel schienen schneebedeckt zu sein.
    Nach einer Weile überkam Artax ein Gefühl, als würde ihm die Brust zusammengedrückt. Er atmete jetzt schneller. Angst, dachte er. Er vermochte sie doch nicht gänzlich zu beherrschen. Zugleich
mit dieser Erkenntnis keimten neue Zweifel in ihm auf. Was würde mit ihm geschehen, wenn der Devanthar gar nicht an Bord war und Juba ihn nicht einholte? Wenn der Wolkensammler nicht irgendwo landete, würde er in seinem Fluggeschirr verdursten.
    Er tat einen Atemzug, so schwer, wie man ihn tut, wenn man gegen Tränen ankämpfte. Er durfte nicht in Panik geraten. Er musste sich ablenken. Ein Stück voraus sah er eine lange Wolkenbank, auf die sein Entführer zuzutreiben schien. Ob er dort weiden wollte? Fasziniert beobachtete Artax, wie der Wind den Rand der Wolke veränderte und allerlei Figuren formte. Mal glaubte Artax einen

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