Drachenelfen
Katzenkopf zu erkennen, dann eine bucklige Frau, und einmal war es ihm, als verberge sich tief in der Wolke ein groÃer Schatten.
Ganz wie er vermutet hatte, stieg sein Wolkensammler weiter und hinauf in die dichten Dunstschleier. Hier war es kühler, und Feuchtigkeit perlte von Artaxâ Wangen. Plötzlich packte sie etwas. Sie wurden nach oben gerissen. Artax stieà mit der Schulter gegen eine hölzerne Wand!
Er sah Schattenrisse von Reitern, die über eine weite Ebene ritten. Ein Bild auf einer Holzwand! Nein, eine Bordwand!
Artax griff nach den Schnallen seines Fluggeschirrs. In der Wolke verborgen befand sich ein Palastschiff!
»Hallo, ist da jemand!« Artax rief aus Leibeskräften. Als sei er eine Meile gelaufen, musste er nach dem Schrei keuchend um Atem ringen. Der kalte Dunst dämpfte seine Stimme. Niemand antwortete. Egal. Die Bordwand!
Er packte zu und hielt sich am hölzernen Handlauf fest, der die Reling abschloss.
»Hilfe!« Hier musste doch jemand sein. Sie sollten ihn an Bord ziehen. Er rief erneut.
Totenstille. Nirgends brannte ein Licht im Nebel. Nichts regte sich, als schliefen alle.
Während er sich mit der Linken festhielt, versuchte er mit der Rechten die Schnallen des Fluggeschirrs zu lösen. Tentakel strichen
über sein Gesicht. Er konnte nicht unterscheiden, ob sie von dem Wolkensammler stammten, der ihn hierhergebracht hatte, oder von der riesigen Kreatur, die das Palastschiff trug.
Die Tentakel unter seinem Arm und um seine Taille lösten sich. Endlich öffnete sich die letzte Schnalle. Er streifte das Ledergeschirr ab, zog sich über die Reling und sprang auf das Deck. Dort ging er in die Knie und stieà ein inbrünstiges Dankgebet hervor. Endlich hatte er wieder festen Boden unter den FüÃen!
Als er wieder aufblickte, war sein Wolkenfänger davongeschwebt. Ein Stück vor sich im Nebel sah er unförmige Schatten. Mehrere Halbkugeln wuchsen vor ihm aus dem Deck. Zelte? War er auf einem Schiff der Ischkuzaia? Die Ischkuzaia lebten jenseits der schwarzen Wüste. Sie waren ein Reitervolk ohne jede Kultur. Blutdürstige Eroberer. Schon als Kind hatte Artax schaurige Geschichten über sie gehört. Angeblich fraÃen sie die Leber und auch andere Innereien erschlagener Feinde. Auch Aarons Wissen über die Ischkuzaia war nicht beruhigender. Im Gegenteil. Er hatte Berichte über die Rituale gelesen, die mit besiegten Feinden abgehalten wurden. Das waren keine Schauergeschichten wie die Erzählungen aus Artaxâ Kindheit, sondern die präzisen Aufzeichnungen von Gesandten, die den Siegesfeiern der Ischkuzaia beigewohnt hatten! Artax wünschte sich, er könne diese Erinnerungen einfach aus seinen Gedanken löschen.
Vorsichtig ging er weiter und wünschte sich, er würde seine Rüstung und seinen Löwenhelm tragen. Seine Hand tastete nach dem Gürtel. Er war unbewaffnet. Auch das noch. Zum ersten Mal wünschte er sich, die Stimme des Quälgeistes in seinem Kopf zu hören. Es war zu still auf dem Schiff. Etwas stimmte hier nicht. Jetzt hätte er gerne Aarons Rat gehört. Der Unsterbliche mochte ein selbstverliebter Drecksack sein, aber er war auch Stratege und Feldherr gewesen. So jemanden hätte Artax jetzt gern an seiner Seite gehabt. Mit seinem Wissen um Viehzucht, Ackerbau, einer gehörigen Portion Bauernschläue und der Vision von einer besseren Welt kam er hier sicherlich nicht weit. Er hätte sein Fluggeschirr
nicht ablegen sollen, kam es ihm in den Sinn. Es war nicht nur so, dass er hier nicht sein wollte â er hatte hier auch nichts verloren. Was seine Himmelshüter mit einem Eindringling auf seinem Palastschiff machen würden, konnte er sich jedenfalls lebhaft vorstellen. Vor allem nach dem Mordanschlag.
Artax verharrte und sah sich um. Die Ischkuzaia waren Barbaren. Ihre Wachen würden sich gewiss nicht mit irgendwelchen Fragen aufhalten, wenn sie ihn entdeckten. Die Devanthar verhinderten zwar, dass es zu regelrechten Kriegen zwischen den groÃen Reichen kam, doch Grenzscharmützel gab es immer noch.
Würden sie ihn umbringen, weil er uneingeladen auf das Palastschiff gekommen war? Er würde nicht mehr rufen, entschied Artax. Die Ischkuzaia waren ein seltsames Volk. In ihrem Land herrschte kein Hunger. Es gab auch nur wenige groÃe Städte. Sie brachten keine Bauern nach Nangog. Dennoch waren sie hier und bauten ebenfalls fliegende Paläste. Die
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