DRACHENERDE - Die Trilogie
bin Rajin, dein Herr!
Der Drache wurde wieder ruhiger, auch wenn nach wie vor zu spüren war, dass es ihm nicht behagte, dass ein Mensch auf ihm herumkletterte. Doch sein Knurren wurde so leise, dass es kaum noch hörbar war und an die Laute eines Insektenschwarms erinnerte, der sich in seinem Bau versammelt hatte.
„Nimm den dreizehnten Großstachel weg!“, rief Liisho. „Vom Kopf aus gerechnet. Wenn du dort sitzt, bist genau an der richtigen Stelle, um deinen Drachenstab optimal einsetzen zu können. Und damit du gleich auch Platz genug für einen größeren Sattel hast, säge auch Nummer vierzehn und fünfzehn ab!“
Rajin tat, wie der Weise ihm geheißen. Abgesehen von einem durchaus bedrohlich klingenden Knurren, dessen Lautstärke noch einmal so sehr anschwoll, dass man sein eigenes Wort nicht mehr hätte verstehen können, zeigte Ghuurrhaan keinerlei Anzeichen des Aufbegehrens mehr. Als das Knurren des Drachen zu laut wurde und vor allem auch einige seiner Artgenossen zunehmend beunruhigte, griff Rajin zum Drachenstab und berührte damit eine ganz bestimmte Stelle, die von dem Platz aus, wo sich der dreizehnte Großstachel befand, leicht zu erreichen war: Es handelte sich um eine deutliche Vertiefung zwischen zwei handgroßen, herzförmigen Hornplatten – für Rajin nicht schwer zu finden, denn in den Träumen, die Liisho ihm gesandt hatte, war ihm das oft genug vorgeführt worden.
Der Drache beruhigte sich und ließ sich ohne jeden Widerstand auch noch zwei weitere Stacheln absägen – ganz so, wie Liisho es von Rajin verlangt hatte. Anschließend warf Rajin sowohl die Stacheln als auch die Tasche mit der Säge vom Drachenrücken nach unten. Sie landeten vor Liishos Füßen, der einen Schritt zurückwich. Dann nahm er die Tasche an sich und hängte sie sich über die Schulter. Die Stacheln ließ er zurück, so wie es drachenischer Brauch war. Denn die abgesägten Stacheln eines Drachen zu behalten, brachte Unglück.
„Deinen ersten Ritt auf diesem Prachtexemplar wirst du ohne Sattel durchführen müssen“, rief er zu Rajin empor. „Also halt dich gut fest!“
11. Kapitel:
Drachenreiter Rajin
Während des Rückfluges nach Qô fügte sich Ghuurrhaan im Großen und Ganzen dem Willen seines Herrn – und wenn er doch mal auszubrechen versuchte, machte Rajin ihm klar, wer das Sagen hatte, wofür er den Drachstab einsetzte, mit dessen Handhabung er immer vertrauter wurde.
Für den Rückflug wählte Liisho nicht den Weg über den Dschungel und das Gebirge. Stattdessen hielten sie sich an der Küste und umrundeten so die Insel gewissermaßen. Rajin fragte sich, ob Liisho diese Route wählte, weil er, der zukünftige Kaiser Drachenias, noch keinen Sattel hatte und es daher etwas schwieriger für ihn war, sich auf dem Rücken des riesenhaften Geschöpfes zu halten. Einen Sturz ins Meer konnte er unter Umständen überleben, wenn er nicht gerade in einen Schwarm von Beißern fiel. Ein Absturz über Land wäre hingegen sein sicherer Tod gewesen.
Aber Rajin wollte sich darüber nicht weiter den Kopf zerbrechen. Stattdessen konzentrierte er sich darauf, den Willen des Drachen während des Fluges mehr und mehr mit dem seines Herrn zu verschmelzen. Hin und wieder spürte Rajin noch etwas inneren Widerstand, der sich auf unterschiedliche Weise manifestierte. So verlangsamte Ghuurrhaan etwa den Flug, wenn er unter sich die Rückenflosse eines Blauhais aus dem Wasser ragen sah, oder senkte sogar die Flughöhe ein wenig, so als spielte er mit dem Gedanken, sich auf diese schmackhafte Beute zu stürzen. Doch eine gezielte Berührung mit dem Drachenstab, verbunden mit einem für den Drachen deutlich wahrnehmbaren Quantum an innerer Kraft, brachte den fliegenden Riesen sehr schnell wieder unter Rajins völlige Kontrolle.
Rajin hielt sich die ganze Zeit über am – vom Kopf aus gerechnet – zwölften, ungekürzten Stachel fest. Ohne Sattel war so ein Drachenritt alles andere als komfortabel. Er hoffte, dass sich unter all den Gegenständen, die der Weise Liisho in seinem Kuppelbau in Qô gesammelt hatte, auch noch ein passabler Drachensattel befand.
In den nächsten Tagen wurde Rajin ausführlich von Liisho in der Drachenhaltung und –pflege unterwiesen, angefangen vom richtigen Anlegen des Sattelzeugs und der Frage, wie oft man einem Drachen erlauben durfte zu jagen, ohne dass er innerhalb kurzer Zeit fett und am Ende gar flugunfähig wurde, bis hin zur Versorgung von Verletzungen.
Es fand
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