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DRACHENERDE - Die Trilogie

DRACHENERDE - Die Trilogie

Titel: DRACHENERDE - Die Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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das er bei sich getragen hatte, entrollte es und hielt es Liisho hin. Noch immer war darauf nicht mehr zu sehen als unklare Formen, die sich ständig veränderten, und in sich verlaufende Farben. „Warum sehe ich auf diesem Pergament nichts mehr von Nya?“, fragte Rajin eindringlich. „Ich weiß, dass du sie nicht für wert hältst, dass ich mir Sorgen um sie mache, aber …“
    „Meine Sorge gilt dem zukünftigen Kaiser Drachenias und seiner Unabhängigkeit“, fiel ihm Liisho hart ins Wort. „Ich will nicht, dass du dich durch die billigen Tricks käuflicher Magier beeinflussen lässt!“
    „Nein, du irrst!“, widersprach Rajin. „Sie hat wirklich zu mir gesprochen. Ich bin zutiefst überzeugt davon, dass niemand diese Illusion hätte erzeugen können. Nicht einmal ein Magier.“
    „Wie auch immer.“ Liisho nahm das Pergament, warf einen flüchtigen Blick darauf, rollte es zusammen und gab es Rajin dann zurück. „Mithilfe dieser Botschaft einer leidenden Geliebten wollte man dich töten. Der Trick hat zwar funktioniert, aber du lebst noch immer. Damit ist dies Pergament nutzlos geworden für deine Gegner und stellt jetzt keine Verbindung mehr zu deiner Geliebten dar. Und sollte ihr Gesicht wider Erwarten doch noch einmal auf diesem Pergament auftauchen, dann nur deshalb, weil man dich leiden lassen will. Dagegen solltest du gewappnet sein, denn zu Katagis Charakter würde das auf jeden Fall passen.“
    Rajin nahm das Pergament wieder an sich, rollte es erneut auf und starrte auf die sich ständig verändernden Farben und Formen. „Ich muss die Wahrheit wissen“, sagte er düster. „Ich muss wissen, was mit Nya ist. Diese Ungewissheit macht mich rasend.“
    „Vielleicht ist genau das die Absicht! Es könnte aber auch sein …“ Liisho biss sich auf die Lippe und schüttelte den Kopf. „Ach, nein …“
    „Sprich!“
    „Rajin, es hat keinen Sinn, dass du dir das Hirn darüber zermarterst.“
    „Sie könnte tot sein, nicht wahr?“
    Liisho seufzte. „Wer könnte das mit Sicherheit ausschließen, Rajin?“
     
     
    Eines Tages – Rajin war gerade von einem seiner immer ausgedehnteren Flüge mit Ghuurrhaan zurückgekehrt – erreichte eine Zweikopfkrähe die Insel. Sie landete mitten auf dem Platz vor dem Kuppelbau und war vollkommen erschöpft. Bereitwillig ließ sie zu, dass Liisho die für ihn bestimmte Botschaft ihrer Bauchschatulle entnahm.
    „Darauf habe ich lange gewartet“, sagte der Weise und entrollte das Pergament. Rajin und Bratlor sahen ihn erwartungsvoll an, während Liisho etwas vor sich hin murmelte und die Augenbrauen erst hob und anschließend zusammenzog, sodass sein Gesichtsausdruck sehr ernst wirkte.
    Schließlich blickte er auf und erklärte: „Dies ist eine Botschaft des Fürsten Sukara. Er hat nur widerwillig dem Usurpator gedient und ist innerlich dem Haus Barajan treu geblieben. In dem Augenblick, da ein rechtmäßiger Thronerbe erscheint, steht er bereit, um ihn zu unterstützen. Das hat er mir gegenüber bei seiner Ehre geschworen.“ Liisho rollte das Pergament zusammen und sah Rajin an: „Nicht mehr lange, und wir werden unserem Verbündeten einen Besuch abstatten, denn bevor er seinen Schwur erfüllt, wird er sich davon überzeugen wollen, dass du auch wirklich der Sohn Kaiser Kojans bist!“
    „Und wie soll das geschehen?“, fragte Rajin.
    „Er wird es erkennen, Rajin. Schließlich ist der Fürst ein ausgebildeter Drachenreiter-Samurai und Spross einer uralten Familie, in deren Adern ebenfalls das Blut Barajans fließt. Er wird dich als den erkennen, der du bist, da bin ich mir ganz sicher. Doch bis dahin sind noch einige Vorbereitungen zu treffen …“
    Liisho zog sich in das Innere des Kuppelbaus zurück, um eine Antwort für den Fürsten von Sukara zu verfassen. Dieses Antwortschreiben, das er im Übrigen weder Rajin noch Bratlor zeigte, steckte er in die Schatulle der Zweikopfkrähe, die geduldig gewartet hatte. Allerdings war der Vogel noch zu erschöpft, um den Rückflug sogleich anzutreten. Zwei Tage blieb die Krähe auf dem Plateau in Qô und ließ sich von Liisho mit Beeren füttern. Sie nahm allerdings auch gern von den konservierten Fleischvorräten des Weisen, der ihr die Mahlzeiten fürsorglich zerkleinerte.
    Gestärkt machte sich der Vogel schließlich auf den Flug über die breite Meeresstraße zwischen Qô und dem Festland.
     
     
    Ein weiterer Monat verging, und es kam eine Zeit, in der sich beinahe jeden Tag gewaltige Wolkenberge

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