DRACHENERDE - Die Trilogie
manifestierten Mauerstücke im Kuppeldach des Doms brachen herab, aber sie hatte so wenig stoffliche Substanz, dass sie bereits verblasst waren, ehe sie auf den Boden trafen.
Die aus der Drachengondel abgesetzten Drachenier schwärmten aus und griffen alles an, was sich bewegte.
In diesem Augenblick erschien Abrynos noch einmal auf der Fünfecktafel. Er verstofflichte mitten auf dem steinernen Tisch, sein glühendes Schwert in der Hand und einen furchtbaren Schadensspruch ausstoßend, wie sie die Magier häufig benutzten, um ihre Gegner zu bekämpfen. Die Hochmeister waren vollkommen verdutzt, schließlich hatten sie sich auf die Abwehr der Angreifer aus der Drachengondel konzentriert.
Mit einem einzigen Schwertstreich ließ Abrynos gleich drei Köpfe rollen. Dann folgte eine Anzahl weiterer Hiebe, die mit schier unglaublicher Präzision ausgeführt wurden. Blut spritzte und besudelte die Fünfecktafel. Zwei der Ninjas spannten ihre Reflexbögen. Die Pfeile zischten durch die Luft und hätten normalerweise Abrynos’ Brust und seinen Hals durchbohrt.
Aber Abrynos war bereits wieder auf einem Schattenpfad. Die Pfeile jagten durch eine wirbelnde Rauchsäule, die einen Augenblick später gar nicht mehr da war - dafür erschien sie ein paar Schritte entfernt, und Abrynos verstofflichte innerhalb eines Lidschlags wieder, um erneut ein paar der Hochmeister mit wenigen Hieben zu töten. Dies geschah mit einer so großen Geschwindigkeit, dass es seinen Opfern unmöglich war, rechtzeitig zu reagieren und auszuweichen, geschweige denn sich zu verteidigen.
Die anderen stoben in heller Panik auseinander. Manche von ihnen kreischten in höchster Not Worte in magusischer Sprache. Es handelte sich dabei vor allem um magische Beschwörungen, die dazu dienen sollten, den Feind nicht übermächtig werden zu lassen, und der eine oder andere ließ Blitze aus seinen Händen zucken, um den Angreifer damit zu treffen. Aber sie gingen ins Leere. Abrynos war bereits wieder entstofflicht, bevor die Blitze ihn erfassen konnten, und erschien plötzlich im Rücken eines Gegners, um ihm die Klinge von hinten in den Leib zu rammen.
Es zeigte sich, dass keiner der Hochmeister gegen einen Schattenpfadgänger bestehen konnte. Der Kampf gegen magisch unbegabte Völker - das war es, worauf man sich einigermaßen vorbereitet hatte, und auch das in erster Linie innerhalb der Schattenpfadgänger-Garde. Gewöhnliche Magier bis hinauf zu den Hochmeistern waren froh gewesen, dass sie für diese Dinge keine innere Kraft aufzuwenden brauchten, die ihnen am Ende zur Verlängerung ihres Lebens fehlte.
Diese Haltung, die einfach auf der Annahme beruhte, dass eine Auseinandersetzung, wie sie in diesem Moment geführt wurde, völlig abwegig war, rächte sich nun.
Rajin und seine Getreuen waren unterdessen bereits auf den Weg zum Drachenpferch. Überall liefen Veränderte umher. Das Dienstpersonal des Magierdoms versuchte sich ebenso in Sicherheit zu bringen wie die Magier selbst.
Dann begegneten sie den ersten Dracheniern, die blindwütig auf alles einschlugen, was ihnen begegnete. Ganjon und seine Ninjas stellten sich ihnen entgegen. Schwerter klirrten gegeneinander. Die Klingen der Ninjas wirbelten durch die Luft und trennten Köpfe und Schwertarme ab. Schreie gellten, und Shuriken und von Reflexbögen abgeschossene Pfeile sirrten durch die Luft. Innerhalb kurzer Zeit war der Weg freigekämpft.
Rajin hatte ebenfalls sein Schwert gezogen. Da die linke Hand mit dem Schüssel des Geistes verschmolzen und damit für den Kampf unbrauchbar war, blieb ihm nur noch die Rechte. Immer wieder musste er einen Blick auf das messingfarbene Artefakt werfen, das sich auf so groteske Weise mit seinem Körper verbunden hatte. Kein Schmerz peinigte ihn mehr, aber er fühlte ein tiefes Unbehagen darüber, ob er tatsächlich den richtigen Weg eingeschlagen hatte.
„Komrodor?“, sandte er einen Gedanken aus, von dem er hoffte, dass die Seelenreste des ermordeten Großmeisters vielleicht darauf antworteten. Zu wissen, dass genug vom Geist dieses Obersten aller Magier im Schlüssel des Geistes gefangen war, um ihm später, wenn er das Land der Leuchtenden Steine erreichte, helfen zu können, wäre ihm nicht nur Trost gewesen, sondern auch Anlass zu neuem Mut.
Aber es antwortete ihm kein Gedanke des Großmeisters von Magus. Da war nur ein unbestimmtes, unverständliches Seelenraunen. Eine Kraft, von der Rajin nicht wusste, ob sie nicht vielleicht ohnehin dem Schlüssel
Weitere Kostenlose Bücher