DRACHENERDE - Die Trilogie
zurückzulassen. Es blieb ihm keine andere Möglichkeit. Um ihn etwa zu tragen oder mitzuschleifen, war er einfach zu schwer. Davon abgesehen hatten sie an einer geschützten Stelle gelagert, wo Koraxxon relativ sicher war.
„Ich werde zurückkehren“, sagte Rajin laut, so als wollte er sich dadurch selbst Mut zusprechen. „Und dann werde ich die Kraft der Leuchtenden Steine in mich aufgenommen haben.“
Ganz gleich, wie man die Sache auch drehen und wenden mochte, es hatte einfach keinen Sinn auszuharren und nichts zu tun. Ob es allerdings noch einen Sinn hatte, diese Wanderung fortzusetzen, da war sich Rajin inzwischen auch nicht mehr sicher.
„Ich weiß, was ich gerade gesagt habe, klingt reichlich optimistisch für jemanden, der doch nicht mal mehr genau weiß, wo er sich befindet, und eigentlich nur umherirrt, ohne dass sein Ziel auch nur in Reichweite erscheinen würde …“
Rajin seufzte und brach dann auf. Auch wenn es aussichtslos erschien, er musste es einfach versuchen, wenn nicht die gesamten fünf Reiche – ja, die ganze Welt! - in einem von Drachenwut erzeugtem Chaos versinken sollte.
Nachdem sich Rajin bereits ein paar Dutzend Schritte von seinem schlafenden Begleiter entfernt hatte, drehte er sich noch einmal herum und blickte zurück. „Du hättest im Heer des Priesterkönigs bleiben sollen“, sagte er laut, doch das Land schien seine Worte förmlich zu verschlucken, sodass es ihn selbst überraschte, wie leise seine Stimme war. „Was mich angeht, bist du jedenfalls wohl dem Falschen gefolgt, mein Freund …“
Als er sich zusammen mit Koraxxon auf den Fußmarsch gemacht hatte, hatte er eine Tasche mit Proviant und einen Schlauch voll Wasser mitgenommen. Das alles war kaum angerührt, und Rajin entschloss sich, diese Dinge beim Lager zurückzulassen. Offenbar war das Land der Leuchtenden Steine ein Bereich ohne Hunger oder Durst, und vielleicht war es sogar so, dass er genau wie einige der bizarren Wesen, die in dieser Gegend beheimatet waren, in Wahrheit längst von der Kraft dieser Steine lebte, ohne dass ihm dies bisher richtig bewusst geworden war.
Er blickte kurz auf den Schlüssel des Geistes, der grünlich aufleuchtete, in einem Rhythmus, der an einen Herzschlag erinnerte. Es war derselbe Rhythmus, in dem auf einmal auch ein Großteil der leuchtenden Steine in der näheren Umgebung aufglühten. Dieser Effekt wurde immer stärker, und Rajin sah ihn sich eine ganze Weile interessiert an.
Dann ging er zurück zu Koraxxon und legte seine Tasche ab.
Daraufhin hatte er nur noch den Drachenstab und sein Schwert bei sich. Vielleicht ist dies das Geheimnis, dachte er. Alles zurücklassen, was hier keine Bedeutung hat …
Wenig später setzte Rajin seinen Weg fort. Er überlegte nicht, wohin er sich zu wenden hatte, sondern ging einfach drauflos. Seine Beine bewegten sich wie automatisch. Aber sie schmerzten nicht – trotz des immens langen Fußmarsches, den er schon hinter sich hatte.
Das gleichzeitige pulsierende Leuchten des Schlüssels und der leuchtenden Steine in seiner Umgebung hielt an. Und dann glaubte Rajin einen Chor von Stimmen zu hören.
„Du wirst erwartet. Bald.“
Er blieb stehen und blinzelte gegen die inzwischen tief stehende Sonne. Türme und Zinnen von einem eigenartigen, sehr filigran wirkenden architektonischen Stil waren plötzlich in der Ferne zu sehen. Die Luft flimmerte vor Hitze, und so war sich Rajin zunächst nicht sicher, ob es sich vielleicht um nichts weiter als eine Fata Morgana handelte. Vielleicht sogar ein Trugbild, das irgendwelche magisch begabten Besucher dieses Landstrichs zurückgelassen hatten.
Doch dann vernahm er Geräusche und auch Stimmen in einer Sprache, die Rajin nicht kannte, ihn aber an das Idiom erinnerte, dass Abrynos aus Lasapur bei ihrer ersten Begegnung benutzt hatte. Und doch verstand er Bruchstücke des Gesagten. Offenbar wirkten diese Worte direkt in seinen Geist und wurden ihm als Gedanken mitgeteilt.
Angesichts all dessen, was ihm in diesem Land schon widerfahren war, wunderte sich der Prinz nur mäßig darüber.
Er erkannte nun, dass dort tatsächlich eine ganze Stadt vor ihm lag. Sie hatte keine Umgrenzungsmauer und bestand aus einer Vielzahl von Häusern, Türmen und Gebäuden, die wie kleine Burgen oder Schlösser wirkten. Und manche dieser Gebäude schienen schon fast verblasst zu sein, was dafür sprach, dass sie durch Magier und nicht durch das Aufeinanderschichten von Steinen entstanden waren.
Das musste
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