DRACHENERDE - Die Trilogie
aus der im rauen Nordosten gelegenen Provinz Tambanien.
Dazu kamen auch einige Wilddrachen, von denen es im Seng-Pa-Land noch ein paar letzte Kolonien gab. Im Gegensatz zu jenen Drachen, die aus weit entfernten Regionen gekommen waren, wirkten sie übermütig und trugen an verschiedenen Stellen kleinere Kämpfe auf, manchmal auch nur Scheinkämpfe ohne Einsatz von Drachenfeuer und Stacheln, die nur dazu dienten, die Kräfte zu messen. Die beteiligten Drachen flogen dazu mit voller Wucht gegeneinander und prallten mit den Brustkörben zusammen. Nach spätestens drei bis vier solcher Begegnungen war der Kampf entschieden und die Rangfolge festgelegt.
„Der Ring – er muss hier irgendwo sein!“, sandte Rajin einen Gedanken an Liisho und hob die linke Hand, die wieder von einem grünlichen Lichtflor umgeben war.
„Du solltest dich einfach führen lassen“, erreichte ihn daraufhin eine geistige Antwort, bei der er sich nicht sicher war, ob sie wirklich von Liisho oder von jemand anderem stammte. „Lass alles los. Die eigenen Ambitionen, deinen eigenen Willen - auch deine Furcht …“
Rajin starrte die Metallhand an, deren Leuchten stärker wurde. „Komrodor …“, murmelte er. Konnte es sein, dass noch immer zumindest ein Teil der Seele des ermordeten Großmeisters von Magus in diesem Metall existierte? Wenn der Schlüssel des Geistes mit ihr verschmolzen war, so war das mehr als wahrscheinlich. „Also gut, ich werde tun, was du mir rätst.“
„Das solltest du. Immerhin bist du auch im Land der Leuchtenden Steine gut damit gefahren …“
Rajin spürte die Kraft der Metallhand deutlicher als je zuvor. Sie schien in diesem Moment eine Art Eigenleben zu entfalten. Ein Eigenleben, das er bisher offenbar nicht so recht zugelassen hatte. Mit einem Ruck bewegte sich die Hand nach vorn, zog den Oberkörper des Prinzen mit sich und umfasste den nächstgelegenen Rückenstachel des Drachen. Ein Blitz trat aus dem Metall, wanderte den Stachel entlang und fuhr in die Schuppenhaut Ghuurrhaans, der daraufhin ein dumpfes Knurren vernehmen ließ, einen Laut, der eine gewisse Verwirrung andeutete, aber keinesfalls Auflehnung.
Ghuurrhaan beschleunigte mit ein paar sehr kraftvollen Flügelschlägen, und einige der miteinander Scheinkämpfe austragenden Wilddrachen wichen ihm sogar aus. Liisho bemerkte es und ließ Ayyaam folgen.
12. Kapitel
Im Angesicht des Urdrachen
Ghuurrhaan landete auf einem der vielen Felsplateaus, die den Pyramidenberg kennzeichneten und der an seiner Südwestseite über einen breiten Höhenzug mit dem Rest des mitteldrachenischen Bergrückens verbunden war. Verbunden wie der Kopf eines Drachen mit seinem Torso, ging es Rajin auf einmal durch den Kopf, und ihn schauderte bei dem Gedanken, dass die Legenden vielleicht stimmten und dies tatsächlich die Ausmaße des Urdrachen waren.
Überall zeigten sich Risse im Fels, und einige größere Brocken waren auch schon herausgebrochen und die steilen Hänge hinab in die Tiefe gerollt.
Während des Landeanflugs beobachtete Rajin eine Gruppe von Bergaffen, die aufmerksam die beiden Drachen betrachteten, die auf sie herabsanken. Als Ghuurrhaan dann mit seinen Pranken auf dem Felsplateau aufsetzte, stob die Gruppe auseinander, und die Affen rannten und kletterten in alle Richtungen davon. Aber einen von ihnen sah Rajin auf ganz besondere Weise verschwinden. Gerade noch stand er vor der undurchdringlich erscheinenden Felswand, dann war er einen Augenaufschlag später einfach nicht mehr da.
Während Ghuurrhaan sich ohne Probleme zu demFelsplateau lenken ließ und dort landete, hatte Liisho mit Ayyaam einige Schwierigkeiten. Der Drache scheute, und es sah schon so aus, als würde er der Kontrolle des Weisen entgleiten. Doch dann gelang es Liisho doch noch, den Drachen unter seinen Willen zu zwingen, und er landete ebenfalls auf dem Felsplateau.
„Was geschieht jetzt?“, wandte sich Koraxxon an Rajin, nachdem alle vom Drachenrücken geklettert waren. „Um ehrlich zu sein, ich bin froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben – aber meine Freude darüber wird ganz erheblich durch den Anblick so vieler Drachen getrübt, die offenbar auf nichts und niemanden mehr hören!“
In diesem Moment ertönte ein Grollen tief unter der Erde, und in den Felsen des Pyramidenbergs entstand knackend ein weiterer Riss ab. Große Brocken Gestein polterten in die Tiefe.
„Diese Drachen haben durchaus jemanden, auf den sie hören“, korrigierte Rajin.
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