DRACHENERDE - Die Trilogie
Menschen des Seereichs keine Seltenheit waren – wohl aber bei den mandeläugigen Bewohnern Drachenias und Tajimas.
Außergewöhnlich für einen drachenischen Ninja waren auch Größe und Gestalt dieses Mannes, denn mochte er neben dem Dreiarmigen auch klein und schmächtig wirken, so war seine Statur verglichen mit einem durchschnittlichen drachenischen Mann groß und breit.
Ein wechselvolles Schicksal hatte den Seemannen vor vielen Jahren ins Land der Drachenreiter verschlagen, wo er an der Küste der Provinz Südfluss gestrandet und später in den Diensten des Fürsten von Sukara zum Ninja ausgebildet worden war.
„Du vergisst eins, Ganjon“, sagte der Dreiarmige, immer noch vollkommen ruhig; die Anspannung seiner Muskeln und Sehnen konnte man unter der dicken Schuppenhaut allenfalls erahnen. „Meine Schuppenhaut könntest du kaum tief genug durchstoßen, um mich schnell genug zu töten, sodass du meine Schwertklinge nicht zu spüren bekämst.“
Ganjon nahm die Spitze der nach drachenischer Art geschmiedeten Matana-Klinge vom Hals des Dreiarmigen. „Und du vergisst die besondere Art und Weise, in der wir Ninjas unsere Waffen handhaben“, erwiderte er und ließ die Klinge mit einer eleganten, fließenden Bewegung in das Futteral auf seinem Rücken gleiten. „Wir können unsere Kraft so konzentrieren, dass ich selbst ein paar Essstäbchen in dein geöffnetes Maul hineinschleudern könnte, dass sie dich auf der Stelle das Leben nehmen.“
Koraxxon lachte dröhnend. Er hob die mächtige Pranke seines Axtarms. „Eure Fingerfertigkeit ist legendär. Ich könnte mit drachenischen Essstäbchen noch nicht einmal essen!“ Er trat nach vorn, nahm die Axt vom Boden auf und hatte etwas Mühe damit, die neungliederige Kettenpeitsche davon zu entfernen.
„Wir tun gut daran, unsere Fähigkeiten im Kampf zu üben“, sagte Ganjon. „Auch wenn dies ein Palast und kein Schlachtfeld ist, so habe ich doch den Eindruck, dass es hier gefährlicher ist als an so manch anderen ungemütlicheren Ort, an dem ich mich schon aufgehalten habe.“
„Da gebe ich dir ohne Weiteres recht“, gab Koraxxon zu.
„Die Treue seiner Gefolgsleute wird Kaiser Rajin schützen“, war Ganjon überzeugt. „Und zumindest auf die Ninjas in den Diensten des Fürsten vom Südfluss wird er sich verlassen können ...“
„Heißt es nicht, dass auch Kaiser Kojan sich auf die Treue seiner Untergebenen verließ – bevor sich ausgerechnet ein niederer Befehlshaber seiner Drachenreiter-Samurai zum Usurpator aufschwang?“
Ganjon nickte. „Gewiss.“
Der Dreiarmige steckte sein Schwert ein und wog die monströse Axt in seiner Axtpranke. „Ich habe gehört, dass du im Südflussland eine Familie zurückgelassen hast.“
Ganjon nickte abermals. „Auch das ist richtig.“
„Denkst du daran, sie nach Drakor nachzuholen, wenn sich die Lage hier etwas stabilisiert hat?“
„Ich fürchte, bis dahin wird noch einige Zeit ins Land gehen“, erwiderte Ganjon. „Davon abgesehen weiß ich nicht, ob ich es nicht vorziehen würde, ins Südflussland zurückzukehren. Denn ganz ehrlich: Mir liegt das Leben in diesen Palastmauern nicht, in denen man nie sicher sein kann, ob sich nicht irgendein Lauscher hinter einer Säule verbirgt. Oder ein Meuchelmörder.“
„Da geht es mir genauso“, gab Koraxxon mit grimmigem Unterton zurück. „Der Minotaurenwald von Lisistan erscheint mir im Nachhinein manchmal wie ein lauschiges Plätzchen.“
„Es hätte dir ja freigestanden, dort zu bleiben“, meinte Ganjon.
„Nein“, sagte Koraxxon auf einmal in einem sehr ernsten Tonfall, und es machte auf Ganjon den Eindruck, als wären die Worte des Dreiarmigen gar nicht in erster Linie an ihn gerichtet; sie schienen vielmehr eine Art Selbstvergewisserung zu sein. „Als ich in den Wäldern Lisistans hauste, war ich ein Missratener. Ein Wesen, dessen Ahnen der Schöpferkunst der Magier entsprang und das zum Gehorsam bestimmt war, diese Bestimmung jedoch nicht erfüllte. Jetzt habe ich sie gefunden. Ich folge Rajin. Und um nichts in der Welt würde ich dafür mein Leben im Minotaurenwald von Lisistan eintauschen, auch wenn mir dieser Palast manchmal als der schlimmere Dschungel erscheint – und die Heimtücke seiner Bewohner um ein Vielfaches größer, als man es selbst der hinterlistigsten Waldschlange oder Rankpflanze vorwerfen kann.“
Rajin stand in der Halle der Tausend Winde, in der ein immerwährender Gesang herrschte. Der Luftzug wurde so durch
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