DRACHENERDE - Die Trilogie
Angriff!, dachte Rajin.
Die Metallhand legte sich unwillkürlich um den Griff des Matana-Schwerts, das er an seiner linken Seite trug, während rechts der etwa ellenlange, wie die Metallhand messingfarbene Drachenstab in seinem Gürtel steckte. Um seine inneren Kräfte auf einen Drachen zu konzentrieren, sodass dieser seinen Befehlen folgte, brauchte er dieses Hilfsmittel inzwischen nicht mehr unbedingt, zumal er die drei Drachenringe an der Metallhand trug. Die Herrschaft über die Drachenheit war schließlich letztlich eine Herrschaft des Geistes, auch wenn dieser Geist hin und wieder derartige Symbole zur inneren Sammlung benötigte.
Doch ein Drachenkaiser ohne Drachenstab wäre am Hof ein eigenartiger Anblick gewesen. Dieses Exemplar bestand aus einer Reihe ineinander gefasster Metallröhren, die sich auf die Länge von dreieinhalb Schritt ausfahren ließen, und stammte aus der uralten Drachenstab-Sammlung der Kaiser von Drakor. Es war kunstvoll verziert, doch unter den Drachenstäben, die in den Rüstkammern des Palastes aufbewahrt wurden, eher ein schlichtes Stück, und so schien es Rajin geeignet, einerseits deutlich zu machen, dass er die uralte Tradition der Drachenkaiser aus dem Haus Barajan fortsetzte, andererseits aber mit dem Tag seiner Krönung eine neue Zeit angebrochen war: eine Zeit, in der nichts so bleiben würde, wie es war, eine Zeit mit mehr Veränderungen, als selbst jene es wahrhaben wollten, die Rajin gefolgt waren, da sie sich von ihm lediglich eine Wiederherstellung der alten Verhältnisse erhofft hatten.
Rajin versuchte mithilfe seiner inneren Kraft zu erspüren, was es war, das sich da näherte und sich heranpirschte. Sein Blick glitt die unendlich vielen Säulen entlang. Hinter manchen schienen plötzlich wirbelnde Schatten aufzutauchen, die jedoch im nächsten Moment wieder verschwunden waren.
„Ahnst du es, wer dich verfolgt?“
„Schweig oder hilf mir!“, murmelte Rajin.
Dann konzentrierte er sich ganz auf seine inneren Kräfte und die Sinne, mit denen er solche Kräfte bei anderen wahrzunehmen vermochte. Ja, da war etwas. Etwas, das versuchte, sich im Verborgenen zu halten und das nicht erkannt werden wollte. Etwas, dem er schon einmal begegnet war, wenn auch nur flüchtig ...
Rajin blieb keine Zeit, sich seinen Erinnerungen zu widmen.
Ein dunkles, schattenhaftes Etwas wirbelte hinter einer der Säulen hervor. Es wirkte wie Rauch, der sich um eine imaginäre Achse drehte. Oder ein Insektenschwarm aus Tausenden und Abertausenden von belebten, winzig kleinen Teilchen, von denen jedes Einzelne seine Funktion genau zu kennen schien und wusste, welche Aufgaben es in diesem Schwarm zu erfüllen hatte.
Dann bildete sich aus diesem wirbelnden Etwas eine dunkle, schemenhafte Gestalt.
Ein Schattenpfadkrieger, durchfuhr es Rajin im ersten Moment, aber die Gestalt verstofflichte nicht ganz. Kein Magierkrieger aus Fleisch und Blut bildete sich unmittelbar vor ihm, stattdessen blieb der Angreifer ein von vollkommener Dunkelheit ausgefüllter Schemen.
In den Händen allerdings hielt er ein blitzendes Matana-Schwert, das von einem Lichtflor umgeben war. Die Klinge schnellte vor, und instinktiv hob Rajin die Metallhand, um den Stoß abzuwehren. Es zischte, als das messingfarbene Metall der Hand die Klinge des Schattens berührte. Grüne Funken sprühten und liefen wie Spinnentiere am Schwert des Angreifers entlang, um sich dann in der Finsternis zu verlieren, die seine Gestalt ausfüllte. Eine Finsternis, in die kein Lichtstrahl zu dringen vermochte.
Ein ungeheurer Schmerz jagte durch die Metallhand in Rajins gesamten Körper, sodass sein Geist für Augenblicke wie gelähmt war.
Erinnere dich an die Dinge, die Liisho dich gelehrt hat, sagte er sich, dann stieß er einen Schrei aus. Funken sprühten auf einmal mit nie gekannter Heftigkeit aus der Metallhand. Der Schatten wurde ein ganzes Stück zurückgeschleudert. Klirrend fiel das Matana-Schwert des dunklen Angreifers zu Boden.
Der Schatten kroch darauf zu und wollte danach greifen, aber Rajin öffnete die Metallhand, stieß einen weiteren durchdringenden Kampfschrei aus, und die Klinge erhob sich wie von Geisterhand vom Boden, noch ehe der Schatten sie zu fassen bekam.
Die Waffe wirbelte durch die Luft, drehte sich dabei in scheinbar chaotischer Weise mehrmals um ihren Schwerpunkt und landete dann sicher in Rajins Metallhand, deren Finger sich darum schlossen. Die Klinge leuchtete auf, als würde sie glühen.
Der dunkle Schemen
Weitere Kostenlose Bücher