DRACHENERDE - Die Trilogie
eine falsche Entscheidung in einer Angelegenheit von nahezu nichtiger Bedeutung – all das kann selbst den Größten zu jähem Fall bringen!
Das war einer der Lehrsätze Liishos gewesen …
Der schattenhafte Angreifer bekam dessen Wahrheitsgehalt in voller Härte zu spüren.
Der Stab fuhr dem Wesen durch den Leib, und die Drachenkopfverzierung am Griffende erwachte zu unheimlichen Leben: Einer Schlange gleich wandte sich der plötzlich biegsam gewordene Drachenstab durch den Angreifer, der laut aufschrie, drang aus dessen Rücken wieder hervor und legte sich dann um den Hals des Unheimlichen.
Röcheln und würgend sank dieser auf die Knie, versuchte das schlangenartige Etwas, das ihn niederdrückte, zu packen und sich davon zu befreien. Ätzendes Schattenblut spritzte aus den Eintrittsstellen, aber diesmal erreichte kein Tropfen davon den gläsernen Sarg.
Stattdessen traf etwas davon Rajin. Es brannte sich durch den Ärmel seines Gewands, als er schützend den Arm hob. Ein höllischer Schmerz durchfuhr ihn.
Der schattenhafte Angreifer zerfloss zu einer dunklen, zähflüssigen Lache, nachdem er offenbar vergeblich versucht hatte, sich wieder zu entstofflichen und zu verschwinden.
Das Röcheln erstarb. Und Rajins Drachenstab war zu einem amorphen Stück geschmolzenen und wieder erkalteten Metalls geworden. Der Drachenkopf am Griffende war noch in Umrissen zu erkennen, aber nur für den, der wusste, wie der Stab früher einmal ausgesehen hatte.
Die dunkle, teerartige Masse, zu der der Schatten zerflossen war, brannte sich in den Steinboden. Zischend versank diese Substanz darin und hinterließ einen pechschwarzen Fleck, als ob dort alles durch ein Feuer angerußt worden wäre.
„Dort ist noch jemand - in deinem Rücken!“
Rajin wirbelte herum, riss das Matana-Schwert aus der Scheide. Er hielt es entgegen seiner Händigkeit mit der Linken, seiner Metallhand. Grünliche Funken tanzten an der glänzenden Klinge entlang.
In einem Abstand von gut einem Dutzend Schritt stand eine der Schattengestalten da, vollkommen regungslos. Der Schatten trug nicht wie die beiden vorhergehenden Angreifer ein Matana-Schwert in der Hand. Doch auch wenn er unbewaffnet schien, hieß das noch lange nicht, dass er auch ungefährlich war.
„Wir werden uns wiederbegegnen“, dröhnte eine Stimme, die dutzendfach widerhallte, sodass es Rajin schwerfiel, die Worte zu verstehen. Zudem benutzte sie eine Variante des Drachenischen, wie man sie möglicherweise vor langer Zeit gesprochen hatte.
„Wer seid Ihr?“, fragte Rajin.
„Ahnst du es nicht längst?“ Der Schatten trat vor. Lautlos glitten seine Füße über den steinernen, kunstvoll gefliesten Boden der Halle. Abstrakte Mosaike waren dort zu sehen. Angeblich waren in diesen Mustern Schriftzeichen verborgen, ja, es gab sogar die Auffassung, dass ganze Texte drin versteckt waren und sich ein Teil der wundersamen Eigenschaften dieses Orts damit erklärte, dass Barajan seinen Architekten Yainn angewiesen hatte, überall unsichtbare magische Zeichen anzubringen. Zeichen, die ihre Kraft vielleicht sogar bis in die Gegenwart hinein entfalteten, ohne dass die meisten Kaiser davon auch nur etwas geahnt hatten. Allerdings hatte sich schon zu Zeiten von Rajins Urgroßvater die Meinung durchgesetzt, es handele sich bei den Mosaiken letztlich nur um verspielten Zierrat, Ausdruck einer oberflächlichen Epoche, in der die Schönheit wichtiger als die Funktion gewesen war.
Der Schatten streckte einen Arm aus und deutete damit auf die dunkle Stelle, wo einer von Rajins Angreifern zerflossen war. „Du kannst uns nicht alle vernichten. So groß ist nicht einmal die Macht eines Kaisers von Drakor!“
„Was wollt Ihr von mir?“
„Die Antwort kennst du selbst. Es ist nicht notwendig, dazu noch ein weiteres Wort zu sagen.“ Dann begann sich die dunkle Gestalt zu drehen. Sie wirbelte immer schneller um die eigene Achse und löste sich dabei auf. „Wir werden uns wiedersehen, Rajin ...“, hallte im nächsten Augenblick eine bedrängend machtvolle Gedankenstimme in Rajins Kopf wider.
Die dunkle Gestalt zerfiel in ungezählte kleinste schwarze Teilchen, die durcheinanderwirbelten wie ein aufgescheuchter Insektenschwarm. Im nächsten Augenblick fuhren sie durch eine der Säulen hindurch. Stoffliche Hindernisse schienen für das Wesen, dem Rajin soeben noch gegenübergestanden hatte, nicht zu existieren.
Jenseits der Säule war noch für kurze Zeit ein rauchschwarzer Wirbel zu sehen, der
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