Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DRACHENERDE - Die Trilogie

DRACHENERDE - Die Trilogie

Titel: DRACHENERDE - Die Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
sich dann allerdings in Nichts auflöste.
    Rajin steckte das Matana-Schwert ein und trat an Nyas Sarg. Ihr Körper lag wieder ruhig da, aber die dunklen Flecken des Schattenbluts hatten sich in das Laken gebrannt, und der dunkle Rauch, der sich im Inneren des Sargs gebildet hatte, hatte sich als grauer Staub abgesetzt. Die Stellen, an denen die Spritzer durch den Glassarg gerungen waren, waren milchig und leicht verformt, so als wäre die Substanz, aus der der durchsichtige Sarg bestand, kurz aufgeschmolzen. Und Nyas Augen waren offen, weit aufgerissen, und ihr starres Gesicht erschien Rajin wie das Antlitz einer Toten.
    „Nya!“, murmelte er, und blanke Verzweiflung stieg in ihm auf. Schick mir ein Zeichen, dass deine Seele noch existiert!, durchfuhr es ihn, während er mit der Metallhand über die beschädigte Oberfläche des Sargs strich. Funken sprühten aus der Hand.
    Rajin versuchte, seine innere Kraft noch einmal zu sammeln. Vielleicht konnte er ja noch irgendetwas erspüren, was ihm vielleicht einen Anlass zu vager Hoffnung gegeben hätte, oder eine jener Visionen würde ihm erscheinen, die er mithilfe der Magie seiner Metallhand manchmal zu sehen vermochte. Selbst ein Trugbild wäre ihm recht gewesen. Aber da war nichts dergleichen.
    „Nein!“, rief Rajin, und seine Verzweiflung und sein Schmerz vervielfältigten sich in den ungezählten Echos, die dieses eine Wort in der Halle der Tausend Winde erzeugte. „Nein!“
    Einen Augenblick später vermengte sich das Echo mit der Symphonie der Winde, die wieder einsetzte, nachdem der unheimliche Zauber der schattenhaften Angreifer sie hatte verstummen lassen. Umso größer war die Klanggewalt, mit der die Elementargeister des Windes und der Luftschwingung ihr äonenaltes Spiel wieder aufnahmen. Wie die klagenden Laute längst ausgestorbener Tiere hörten sich diese Töne an, die überraschend schnell zu einem schier ohrenbetäubenden Chor anschwollen.
    Rajin kniete vor dem Sarg nieder.
    Tränen des Zorns glitzerten in seinen Augen.
     
     
    2. Kapitel
    Der Bleiche Einsiedler
     
    Rajin hatte seine engsten Getreuen zu sich gerufen. Viele Gefährten waren ihm nicht geblieben. Die meisten derer, die ihm gefolgt waren, hatten dies mit dem Leben bezahlt. Selbst die unter dem Kommando von Hauptmann Ganjon stehende Ninja-Truppe des Fürsten vom Südfluss war in der Schlacht so gut wie aufgerieben worden. Ganjon hatte längst damit begonnen, die Truppe der Ninjas neu aufzustellen. Männer, die bereit waren, dem Kaiser zu dienen, gab es viele, aber nicht jeder erschien vertrauenswürdig.
    Außer Ganjon waren auch der Dreiarmige Koraxxon und Payu Ko Sukara, der Fürst vom Südfluss, anwesend. Er hatte Rajin Asyl gewährt, als ihn die Jäger des Usurpators noch verfolgt hatten, und Rajin war wohl bewusst, wie tief er in Fürst Payus Schuld stand. Ohne dessen großzügigen Schutz wäre es wohl kaum gelungen, Katagi zu entmachten.
    Rajin hatte Payu den Titel eines Lord Drachenmeisters und damit das Amt des Oberbefehlshabers der Kriegsdrachenarmada angeboten. Doch Payu hatte abgelehnt. Wenn sich die Unruhen gelegt und der Krieg ein Ende gefunden hatte, so wollte er in die Provinz Südfluss zurückkehren und in Sukara weiterhin als Fürst regieren, so wie schon eine lange Reihe seiner Vorfahren.
    Nach Höherem strebte er nicht, und den Palast von Drakor empfand Payu eher als bedrückend denn als angenehm.
    Neben Fürst Payu stand Tong Ko Sarjan, der Kommandant der Drachenreiter der Provinz Ostmeerland gewesen war und sich im entscheidenden Moment auf Rajins Seite und dessen Rebellion gestellt hatte. Nachdem Payu sein Angebot ausschlug, hatte der Kaiser es Tong unterbreitet, der es gern angenommen hatte. Allerdings wurde er von vielen Drachenreiter-Samurai misstrauisch beäugt. Manche warfen ihm hinter vorgehaltener Hand vor, ein Karrierist zu sein. Andere störten sich daran, dass Kaiser Rajin Angehörige angesehener und ruhmreicher Samurai-Familien bei der Auswahl seines Lord Drachenmeisters übergangen hatte.
    Aber Rajin brauchte in dieser Position jemanden, dem er weitgehend vertrauen konnte. Er wusste, dass sich ein Großteil des Samurai-Adels Drachenias zunächst einmal abwartend verhielt. Die Rechtmäßigkeit seines Kaisertums konnte Rajin niemand absprechen, schließlich war er der einzige überlebende Nachfahre Barajans. Aber viele der Samurai waren unter der Herrschaft des Usurpators Katagi mit Ämtern und Vorteilen bedacht worden und fürchteten nun, ihre

Weitere Kostenlose Bücher