DRACHENERDE - Die Trilogie
Privilegien nach und nach zu verlieren.
Gerade diese Gruppe musste Rajin gut im Auge behalten.
Zu dem engen Kreis von Vertrauten war diesmal noch jemand gerufen worden, den Rajin eigentlich nicht zu diesem Kreis zählte. Er hieß Kam Baslo und entstammte einer Familie von Halbmagiern, die bereits seit einem halbem Äon den Kaisern von Drakor als Wahrsager und Ratgeber dienten. Kam Baslo war hoch gewachsen und von sehr graziler Gestalt. Er überragte die meisten Drachenier mindestens um Haupteslänge. Er hatte langes blauschwarzes Haar, das ihm bis weit über den Rücken fiel. Sein Bart hingegen war weiß und so dicht, wie man es unter den mandeläugigen Dracheniern normalerweise nur selten vorfand. Die Augenbrauen waren wiederum dunkel und, wie es bei Angehörigen des Magiervolkes typisch war, zu den Seiten hin emporgebogen. Die Magierfalte auf seiner Stirn war jedoch nicht einmal andeutungsweise vorhanden, was ein Beleg dafür war, dass zu einem erheblichen Anteil nichtmagisches Blut in seinen Adern floss.
Während Rajin vom Angriff der Schatten berichtete, hörte Kam Baslo sehr aufmerksam zu. Sein Blick war die ganze Zeit über auf Rajin gerichtet, während seine knorrig wirkenden Hände mit einem Ring an seiner linken Hand spielten. Es war jener Siegelring, den Kaiser Mandajan einem Vorfahren Kam Baslos gegeben hatte, als er ihn zum Ratgeber des Hofes erhob.
Nicht jeder der später regierenden Kaiser hatte auf den Rat der Halbmagier wert gelegt. Und so hatte so mancher in der Reihe von Kam Baslos Vorfahren zwar die Privilegien des Amtes genossen, dafür aber Zeitlebens kaum etwas tun müssen. Unter Katagi war es Kam Baslo wohl ähnlich ergangen, wenn es stimmte, was Rajin über ihn in Erfahrung gebracht hatte. Denn auch wenn Kam Baslos Kenntnisse unbestreitbar groß waren und er zahllose Schriften gelesen hatte, die ihn mit alle Arten des Wissens und der Weisheit ausstatteten, so waren seine Kräfte im Vergleich zu denen so manch anderer Magier, die in den Diensten des Usurpators gestanden hatten, geradezu lächerlich gering.
„Was du sagst, hört sich nach einem Angriff der Schattenpfadgänger des Großmeisters von Magus an“, sagte Koraxxon, nachdem Rajin geendet hatte. Der Dreiarmige hielt sich an keine Etikette und nahm sich weiterhin heraus, den Kaiser nicht in der Höflichkeitsform anzureden, obgleich er die drachenische Sprache gut beherrschte. Als er Rajin kennengelernt hatte, konnte er nicht ahnen, den zukünftigen Kaiser Drachenias vor sich zu haben. Und die Tatsache, dass sie gemeinsam im geheimnisvollen Leeren Land gewesen waren, verband sie auf besondere Weise.
So mancher rümpfte die Nase, dass sich der neue Kaiser mit jemandem wie Koraxxon umgab, der nun wirklich überhaupt nicht in die höfische Gesellschaft Drakors zu passen schien. Gleiches traf auch auf Ganjon zu, der mit fast ebenso großem Misstrauen betrachtet wurde wie der Dreiarmige.
Aber Rajin vertraute beiden in ganz besonderer Weise.
„Allerdings hätte ich nicht geglaubt, dass sie so dreist sind, eine Angriff hier im Palast zu wagen“, bekannte Ganjon. „Die Furcht des neuen Großmeisters in Magussa muss groß sein, sonst würde er nicht zu so einer Verzweiflungstat greifen. Schließlich muss ihm doch bewusst sein, dass unser Kaiser von einem einfachen Schattenpfadgänger nicht so ohne Weiteres zu besiegen ist.“
„Zumal auf den Schlachtfeldern derzeit alles im Sinne unserer Feinde läuft“, ergänzte Lord Drachenmeister Tong. „Anstatt die wenigen Schattenpfadgänger zu gefährden, die er unter seinem Befehl hat, wäre es von Abrynos klüger, einfach abzuwarten.“
„Wollen wir uns wirklich den Kopf unseres ärgsten Feindes zerbrechen?“, mischte sich Fürst Payu leicht verärgert ein. „Seien wir lieber froh, dass dieser Angriff gescheitert ist.“
„Es waren keine Schattenpfadgänger!“, erklärte Rajin im Brustton der Überzeugung. Er wandte sich an Kam Baslo. „Habe ich recht?“
„Um diese Frage zu beantworten, habt Ihr mich also herrufen lassen, mein Kaiser“, stellte Kam Baslo fest und verneigte sich leicht.
Rajin nickte. „So ist es. Der Weise Liisho steht mir leider nicht mehr zur Verfügung, wenn ich eine Frage die Zauberkunde betreffend habe.“
„Seid nicht zu bescheiden, Ihr habt mir einiges voraus“, äußerte Kam Baslo. „So seid Ihr bereits Schattenpfadgängern begegnet, wie Ihr während Eurer Erzählungen erwähntet – ich hingegen habe bisher nur davon gehört, dass sich die
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