DRACHENERDE - Die Trilogie
war.
„Er hat noch nicht genug Kraft, um sich in die Lüfte zu erheben!“, meldete sich die Stimme aus der Metallhand in Rajins Geist. Sie hatte einen anderen Klang, wie Rajin sofort bemerkte. Zumindest hatte er diese Empfindung, denn Klang war sicherlich nicht der richtige Begriff, da er die Stimme nicht wirklich hört. Letztlich ließ es sich wohl nur so deuten, dass sich die Natur des Wesens verändert hatte, nachdem die Kräfte des Schneemonds es wieder in einzelne, fragmentarische Seelenreste zerrissen hatten. Es hatte sich offenbar erneut zusammengesetzt, ein geistiges Gebilde aus purer Kraft, das aus demselben Material geformt worden war, aus dem auch seine Vorgängerexistenz schon bestanden hatte, nur dass sich die Seelenreste diesmal wohl auf andere Weise zusammengefügt hatten. Eine innere Gestalt, die zum wiederholten Mal bewies, dass sie mehr war als die Summe ihrer Einzelteile, aus denen sie sich neu hatte schaffen können.
War Rajin dieses Wesen in der Vergangenheit schon einige Male ziemlich lästig gewesen, so empfand er in dieser Situation Erleichterung darüber, dass es wieder mit ihm in Verbindung trat. Von klein auf hatte ihn einst die Gedankenstimme des Weisen Liisho begleitet und ihm Wissen über Drachenia zukommen lassen, als er noch ein Junge gewesen war, dessen Leben sich ansonsten in nichts von dem anderer Jungen aus einem seemannischen Seemammutjägerdorf unterschied. Auch diese Stimme hatte Rajin zum Teil verflucht, sie aber nach Liishos Tod umso schmerzlicher vermisst, nachdem ihm klar geworden war, dass er sie nie wieder hören und sie ihn nie wieder begleiten würde.
Hilf mir!, dachte Rajin.
Er hob die Metallhand, ohne dass es seinem Willen entsprungen wäre. Rajin sah sie an, öffnete sie und beobachtete, wie sie zu glühen begann und für einen kurzen Moment sogar grell aufleuchtete.
„Der Drache ist zu schwach“, stellte die Gedankenstimme mit einer Bestimmtheit und Autorität fest, die Rajin an Komrodor erinnerte; der hatte allein mit seiner magischen Präsenz über viele Jahre hinweg das Kollegium der magischen Hochmeister unter Kontrolle gehalten, ehe ihm diese so sicher geglaubte Herrschaft von dem Emporkömmling und Schattenpfadgänger Abrynos aus Lasapur genommen worden war.
Die Luftschiffe beschleunigten; offenbar hatte man den im Wasser treibenden Drachen entdeckt. Ganjon holte eine Armbrust aus seinem Gepäck und legte einen Bolzen ein.
„Wenn uns diese Schiffe mit einem Hagel ihrer Katapultgeschosse eindecken, sind wir übel dran“, knurrte Koraxxon. „Und zudem postieren sich wahrscheinlich gerade Hunderte von Armbrustschützen an den Schießscharten und lächeln nur milde über deine Bewaffnung.“
„Mag sein“, entgegnete Ganjon, „aber ich werde mich dennoch nicht kampflos ergeben.“
„Hast du denn keinen der mit Gift versehenden Wunderbolzen mehr bei dir, mit denen du auf unserer Reise nach Magus ein paar aufdringliche Luftschiffe auf Distanz gehalten hast?“
„Leider nicht. Der Vorrat ist erschöpft, und wie man das Gift herstellt, weiß heute leider kein einziger bekannter Alchimist mehr.“
„Na, das sind ja großartige Aussichten ...“
Die Luftschiffe bildeten nach und nach einen Kreis um den schwimmenden Drachen.
„Glaubt Ihr nicht, dass man dem Drachen vielleicht doch dazu zwingen könnte, sich in die Lüfte zu erheben?“, fragte Erich an Rajin gerichtet, der völlig in sich gekehrt dastand und sogar die Augen geschlossen hatte.
„Ihr solltet ihn jetzt nicht ansprechen“, mahnte Branagorn den Ritter aus einer anderen Welt. „Im Übrigen entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet Ihr diesen Wunsch äußert, Erich von Belden, da für Euch doch ein Drache ein Höllentier ist.“
„So wie Ihr ein Unterteufel.“
„Ich kann Euch nur den grundsätzlichen Rat geben, nichts und niemanden nur nach dem Äußeren zu beurteilen“, entgegnete Branagorn.
„Nun“, mischte sich Ganjon ein. „Wie wäre es zu unserer Rettung mit ein paar Trugbildern von der Art, mit der Ihr Eure Höhle zu schützen vermögt, Bleicher Einsiedler? Ihr könntet die Tajimäer so verwirren, dass wir ihnen vielleicht doch noch entkommen.“
„Wäre ich ein Magier, wäre das vielleicht möglich. Aber meine Zauberkunst ist längst nicht so ausgereift. Vielleicht, wenn ein einzelner Drachenreiter uns verfolgen würde und ich seinen Geist täuschen müsste, aber nicht bei all den ungezählten Männern, die an Bord dieser Luftschiffe Dienst
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