DRACHENERDE - Die Trilogie
solchen Gewalt getroffen, dass es auseinanderbarst.
Kurz hintereinander wurden noch ein drittes und ein viertes Schiff zerstört. Die verzweifelten Töne von Signalhörern klangen durch das Brausen des Wassers, und daraufhin versuchten die verbleibenden Schiffe zu beschleunigen und sich vor diesem unerklärlichen, aus der Tiefe des Ozeans kommenden Angriff in Sicherheit zu bringen.
Rajin und seine Begleiter verharrten derweil auf dem Rücken Ghuurrhaans. Trotz der mit der hundertfachen Kraft von Geysiren aufschießenden Wassermassen geriet die Oberfläche des Ozeans kaum in Bewegung. Keine Wellenberge hoben den dahintreibenden Drachen an, dessen heiserer Schrei sich ebenso im ohrenbetäubenden Lärm verlor wie die Geräusche von berstendem Holz und auseinandersprengenden Platten aus Leichtmetall, die die Unterseiten der tajimäischen Luftschiffe schützten. Wer den Fall aus diesen wahrhaft mörderischen Höhen überlebt hatte, auf den stürzten sich Scharen gieriger Raubfische, die in Windeseile von dem Blutgeruch der im Wasser treibenden zerfetzten Leichen angelockt wurden.
Immer wieder schossen aus fast spiegelglattem oder nur leicht gekräuseltem Wasser Fontänen nach oben, von denen manche bis zu dreißig Schritte durchmaßen. Andere waren schmaler, und nicht jede dieser Wassersäule erreichte die gleiche Höhe, doch sie ließen den flüchtenden Luftschiffen keine Möglichkeit, ihrem Schicksal zu entkommen. Manche der Vehikel wurden zunächst nicht mit ganzer Wucht getroffen, gerieten aber ins Trudeln und wurden viele Mastlängen emporgeschleudert wie die Jonglierkeulen der Gaukler, wenn diese auf den Straßen Drakors ihre Vorstellungen gaben. Dort, wo größere Trümmerteile auf die Wasseroberfläche trafen, bildeten sich Strudel, die augenblicklich alles mit sich in die Tiefe rissen.
Jene Luftschiffe, die noch etwas weiter entfernt gewesen waren, als die ersten Fontänen aus dem Wasser schossen, hatten längst gewendet, doch so sehr sie auch beschleunigten oder die geheimnisvolle Macht der Gewichtslosigkeit einsetzten, um schneller aufzusteigen, sie konnten den völlig unvermutet unter ihren Schiffskörpern hervorbrechenden Wasserfontänen nicht entkommen.
„Einer Gluthölle bin ich entkommen, nur um in eine Wasserhölle zu geraten!", stieß Erich von Belden völlig fassungslos hervor, aber in dem lauten Wassergetöse konnte ihn allenfalls der Bleiche Einsiedler verstehen.
Nachdem die gesamte Flottille von Luftschiffen, die sich so weit gen Nordwesten vorgewagt hatte, vernichtet und von den Fluten des Ozeans verschlungen worden war, herrschte für einige Augenblicke eine vollkommen widernatürliche Stille. Das Wasser war spiegelglatt, dann färbte es sich auf einer Fläche von gut dreißig Schiffslängen dunkel und wurde nach einer Weile pechschwarz.
Das Bild eines bärtigen Seemannenkriegers bildete sich aus den Widerspiegelungen des Sonnenlichts. Das wollene Wams war ebenso wie der Bart von grünlich schimmernden Algen durchsetzt, die Stiefel waren offenbar aus Seemammutleder gefertigt, das Gürtelschloss und die Fibel des aus Meergras gewobenen Umhangs aus Muscheln gearbeitet, und der Umhang wallte, als wäre er von unheimlichen Leben erfüllt. Ein breites Schwert und eine Axt hingen am Gürtel, und die Klingen beider Waffen hatten eine gewellte Form, die an die Wogen des Meeres erinnerte. Besonders auffällig aber waren die fischartigen Augen des Meereskriegers, die geschuppte, silbrig glitzernde Haut und die Schwimmhäute zwischen den Fingern seiner prankenartigen Hände.
„Bjonn Dunkelhaar!", dröhnte seine Stimme und nannte Rajin damit bei seinem seemannischen Namen; Rajin vernahm sie einerseits in seinen Gedanken, und sie hallte dabei auf nur schwer erträgliche Weise in seinem Kopf, andererseits drohte sie ihm die Trommelfelle zu zerreißen. Auch die anderen, die auf Ghuurrhaans Drachenrücken ausharrten, vernahmen den übermächtigen Ruf, und Branagorn schrie auf, so sehr schmerzte der Lärm in seinen Ohren.
Rajin starrte auf das überlebensgroße Bild im Wasser.
„Njordir!", flüsterte er, denn es gab für ihn nicht den Hauch eines Zweifels, wen er vor sich hatte. Ein fischäugiger Krieger - das war eine der Gestalten, die der seemannische Meeresgott der Überlieferung nach anzunehmen pflegte, wenn er sich den Sterblichen zeigte. Aus irgendeinem Grund hatte er sich offenbar auf Rajins Seite gestellt und ihn in aussichtsloser Lage vor dem Zugriff seiner Feinde bewahrt.
Rajin musste
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