DRACHENERDE - Die Trilogie
werden. Ich habe alles gut vorbereitet, um diesen Schreckgespenstern Einhalt zu gebieten.“
„So bin ich gespannt, was Eure Zauberkunst vermag“, sagte Rajin.
„Sie hat Euren unglückseligen Vorfahren geholfen“, erwiderte Branagorn, „und wird das Gleiche auch für Euch bewirken.“
„Unser bleichhäutiger Freund scheint ein wahrer Optimist zu sein“, bemerkte Koraxxon. „Manche behaupten ja, der Glaube fördere die Kraft der Zauberei.“
„Auf Eurer Welt herrschen schon sehr einfältige Vorstellungen von diesen Dingen“, gab Branagorn schroff zurück.
Das aufgeregte, angstvolle Grummeln und Fauchen der Drachen mischte sich mit den Gesängen der Gläubigen und den hektischen Rufen der Wächter.
Dort, wo einst der Hafen von Nangkor gewesen war und hier und dort noch Reste von Kaimauern und Leuchtfeuertürmen aus dem mehrere Meter tiefen Wasser ragten, verstofflichten die Schatten. Sie taten es auf gleiche Weise, wie Rajin es schon in der Halle der Tausend Winde erlebt hatte. Die Schattenpfadgängerei schienen sie noch weitaus besser zu beherrschen als jene aus dem Magiervolk, die dieser Kunst frönten. Und offenbar ging der ausgiebige Gebrauch dieser Fähigkeit bei ihnen auch nicht mit dem Verlust von Lebenskraft einher, wie es seit Urzeiten das Problem der Schattenpfadgänger von Magus war.
Dunkle, alles Licht verschlingende Gestalten bildeten sich. Sie wirkten wie schwarze Schemen, und sie waren um ein Vielfaches größer als jene Vergessenen Schatten, die Rajin bisher zu Gesicht bekommen hatte. Einige waren so groß wie mehrstöckige Häuser, andere sorgar so groß wie die Wachtürme, die in regelmäßigen Abständen die Stadtmauer unterbrachen, und dann gab es noch welche, gegen die selbst der Hauptturm des Palas klein wirkte.
Rajin schluckte.
„Damit hast du nicht gerechnet, du ahnungsloser Narr?“, vernahm er ein weiteres Mal die spöttische Gedankenstimme der Metallhand. Ganz von selbst hob sie sich, ballte sich zur Faust und begann leicht zu glühen.
„O Kaiser, ich bitte Euch, dies zu unterlassen!“, forderte Branagorn. „Was immer in Eurer Hand für Kräfte schlummern mögen, sie locken die Schatten eher an, statt sie abzuschrecken!“
Rajin versuchte das Aufglühen des Metalls willentlich zu unterdrücken. Er spürte den Widerstand des Wesens, das sich darin geformt hatte. Aber nach ein paar Augenblicken wurde das Glühen zu einem schwachen Flimmern und verlosch schließlich ganz.
„Bei der Unsichtbarkeit des Herrn!“, flüsterte indes Fürst Haljan entsetzt. „Bei jedem Angriff sind die Schatten riesiger als zuvor. In der ersten Sturmnacht waren sie kaum größer als Seemannenkrieger, jetzt haben sie die Ausmaße von Titanen!“
„Es ist die Furcht, die diese Wesen nährt“, erklärte Branagorn. Auch sein Gesicht hatte einen sehr ernsten, fast verstörten Ausdruck angenommen. Er wandte sich an Rajin. „Die Macht der Vergessenen Schatten scheint in sehr kurzer Zeit ebenso stark gewachsen zu sein wie ihre Größe. Schon dass sie Euch im Palast heimgesucht haben, nachdem sie sich so lange Zeit von dort ferngehalten hatten, war ein alarmierendes Zeichen. Aber dass sie derart mächtig geworden sind, hätte ich – da bin ich ehrlich - nicht gedacht.“
Erich von Belden schlug ein Kreuzeszeichen vor Kopf und Brust. „So wollt Ihr uns sagen, dass Euer Höllenzauber vielleicht zu schwach ist, um gegen diesen Gegnern zu bestehen?“, fragte er Branagorn.
„Wir werden sehen“, murmelte der Bleiche Einsiedler, dessen Vertrauen in die eigene Zaubermacht in den letzten Augenblicken offenbar erheblich gelitten hatte.
12. Kapitel
Die Stunde des Erich von Belden
Die riesenhaften Schatten standen eine Weile fast regungslos da und schienen in dieser Zeit sogar noch etwas anzuwachsen. Ihre Füße standen auf dem Wasser, als wäre es fester Grund.
Der Wind trug ihre klagenden Laute zum Hauptturm des Palas. Ein Chor der verdammten Seelen, den Rajin erstmals vernommen hatte, als er mit dem Weisen Liisho in den Ruinen von Qô Unterschlupf vor den Häschern des Usurpators Katagi gesucht hatte.
Aber in diesen Chor der Klage und des Jammers mischten sich diesmal mehr und mehr wütende Schreie, und dann zog ein Schatten nach dem anderen sein glühendes Schwert hervor; die Klingen leuchteten so grell, dass der direkte Blick darauf zumindest für Menschen recht unangenehm war. Einer der schattenhaften Riesen schwenkte seine glühende Waffe mit einer schnellen Bewegung durch
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