DRACHENERDE - Die Trilogie
Kundschafter zurückgekehrt. Sie haben beobachtet, dass sich die Kriegsdrachenarmada neu gesammelt und formiert hat. Der Kurs, auf dem sie fliegt, könnte hierher, nach Vogelborg führen.“
Orik nickte. Vogelborg zu erobern konnte für die Drachenier durchaus sinnvoll sein. Sie hätten dann einen hervorragenden Ausgangspunkt für Angriffe auf andere Bereiche des Seereichs. „Gebt mir ein Schwert, und ich werde auf eurer Seite kämpfen!“
„Zuerst bekommst du frische Kleidung“, entgegnete Thyrdur Zopfbart, „denn deine alte stinkt so sehr nach Algen und Drachenblut, dass der Geruch jeden, der neben dir in die Schlacht zieht, betäuben würde. Waffen haben wir genug, und wir brauchen jeden, der in der Lage ist, damit umzugehen.“
Orik bekam also neue Kleidung und Waffen. Bevor er sich anzog, besah er sich kurz die Wunde, die ihm der Säurezahnfisch beigebracht hatte. Sie war nicht so schlimm, dass sie der Aufmerksamkeit eines Heilers bedurft hätte.
Etwas später trat Orik ins Freie, wo er auf die anderen Schiffbrüchigen traf, die von den Vogelmenschen aus dem Wasser gezogen worden waren. Unter ihnen befand sich zu seiner größten Erleichterung auch Kallfaer Eisenhammer. Die anderen Männer kannte Orik jedoch nicht.
Auch Kallfaer war neu eingekleidet und bewaffnet worden. Die Linke hatte er um den Griff des Schwertes geschlossen, das er an der Seite trug. Sein Gesicht war finster und grimmig, so als würde er sich kaum über seine Rettung freuen. Aber als er Orik sah, hellte sich seine Miene merklich auf.
„Freut mich, ein bekanntes Gesicht zu sehen“, rief er.
„Ja, wie mir scheint, bist du der Einzige von meinem Schiff, der überlebt hat“, erwiderte Orik. „Es waren viele gute Männer unter denen, die zu Njordir in die Tiefe gesunken sind.“
„Und wir werden sie alle rächen!“, knurrte Kallfaer. „Für das Blut jedes Einzelnen von ihnen soll das von hundert Drachenreitern vergossen werden!“
„Du übertreibst“, meinte Orik. „Irgendwann wird auch dieser Krieg zu Ende gehen, und wir werden den Dracheniern wieder ihr Drachenfutter liefern, wie wir es vor diesem Konflikt taten, ohne dass sich noch jemand der Toten erinnern oder an Rache denken wird.“
Doch für Kallfaer Eisenhammer schien dieser Gedanke vollkommen unvorstellbar. Er schüttelte entschieden den Kopf. „Ich bin niemand, der so leicht vergisst.“
Sie befanden sich auf dem obersten Plateau von Vogelborg. Die Gebäude standen dicht gedrängt und waren teilweise in den Fels gehauen, sodass in die Wohnbereiche Höhlen mit einbezogen waren. Teils wurden dort erhebliche Vorräte an Stockseemammut gelagert, die eigentlich zu den Küstenstädten des drachenischen Neulandes hätten weiterverschifft werden sollen, was zurzeit das Embargo des Hochkapitäns von Seeborg untersagte. Auch diese Vorräte waren ein lohnendes Ziel für die Drachenier, denn das Magenknurren ihrer Reittiere war in der letzten Zeit ganz gewiss deutlich vernehmbar geworden.
Hörner wurden geblasen, Rufe schallten über die Stadt Vogelborg. Thyrdur Zweikopf war sofort alarmiert, und auch die Schiffbrüchigen blickten zum Horizont.
„Die Drachenarmada!“, murmelte Orik Wulfgarssohn.
Kallfaers Miene wurde wieder grimmig. „Kommt nur her und gebt mir Gelegenheit, blutige Rache zu üben!“
Aber die Übermacht, die sich am Himmel wie ein drohendes Unwetter Vogelborg näherte, war so groß, dass selbst der rachedurstige Schmied aus Winterborg nach kurzer Zeit erbleichte, als das volle Ausmaß des Angriffs erkennbar wurde.
„Die Götter mögen uns gnädig sein!“, murmelte Thyrdur Zweizopf.
Die ersten Kriegsdrachen hatten sich Vogelborg schnell genähert und wurden mit Geschossen aus den Katapulten und einem Pfeilhagel empfangen. Mehrere der Drachen stürzten tödlich getroffen ins Meer, ohne dass sie mit ihrer Feuersbrunst Schaden hätten anrichten können.
Doch die Angreifer waren einfach zu viele, um sie auf Dauer von der Stadt fernhalten zu können. Den ersten Drachenreitern gelang es, mit ihren Reittieren den Hafen zu überfliegen und die wenigen dort verbliebenen Schiffe in Brand zu setzen. Lange Zungen aus Drachenfeuer leckten aus den Mäulern der Ungeheuer und brannten alles nieder, was sie berührten. Menschen, Schiffe und Häuser fingen Feuer. Selbst Gebäude aus Stein wurden zu verrußten Ruinen, wenn das Drachenfeuer sie umloderte, und schwarze Rauchsäulen stiegen in den Himmel, so als sollten sie die Götter auf das Geschehen in
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