DRACHENERDE - Die Trilogie
torkelt er in seinem Land umher und schaut nach dem Rechten, soweit es ihm sein Zustand gestattet.“
„Ich werde darauf acht geben“, versicherte Rajin.
„Das wird nicht reichen“, befürchtete Sharash. „Ich an deiner Stelle würde von diesem Unternehmen ganz lassen. Durch eine Begegnung mit Groenjyr den Lauf des Schicksals ändern zu können, erscheint mir alles andere als vielversprechend. Ich habe dich bisher für jemanden gehalten, der sein Handeln nach den Prinzipien der Vernunft richtet, doch den Eindruck machst du mir jetzt nicht.“
„Die Götter, denen ich begegnete, hätten nicht ihre Hoffnungen in mich gesetzt, hätte beim Abwägen aller Möglichkeiten der Zukunft nicht eine gewisse Wahrscheinlichkeit für diesen Weg bestanden“, entgegnete Rajin.
Sharash entblößte seine Raubtierzähne. „So wollten diese Götter, nachdem sie ihr eigenes Ende als unabwendbar erkannten, dafür Sorge tragen, dass ihr Schicksal anschließend wieder rückgängig gemacht wird?“
„So könnte es sein.“
„Ehrlich gesagt, ich traue euren Göttern so viel Voraussicht nicht zu.“
„Dann unterschätzt du sie vielleicht ebenso, wie ich es tat“, antwortete Rajin.
Er wollte nur Ghuurrhaan und Kallfaer mit ins Land Groenjyrs nehmen. Wenn es ihm bestimmt war, das Schicksal zu ändern, so wie die Götter geweissagt hatten, dann würde er sich Groenjyr ohnehin allein stellen müssen. Davon jedenfalls war er überzeugt. Kallfaer sollte ihn nur deswegen begleiten, weil der Seemanne im Leben keinen Sinn mehr sah, seit er bei dem Gemetzel in Winterborg alles verloren hatte. Selbst im Tod würde er keinen Frieden finden, hätte er nicht vorher alles versucht, das Schicksal doch noch zu wenden. Das verband die beiden Männer, die beide in Winterborg aufgewachsen waren, miteinander und machte Kallfaer, wie Rajin fand, zu einer Art Bundesgenossen.
Die andern aber sollten ihre Möglichkeit nutzen, durch das Tor in eine andere Welt zu gehen, sofern es Branagorn und Rarahsh rechtzeitig gelang, dessen Zaubermechanismus soweit zu enträtseln, dass sich ein Durchgang zu einem sicheren Ort öffnen ließ.
Rajin und Kallfaer hatten bereits den Rücken Ghuurrhaans erklommen, was unter den Verhältnissen auf dem Jademond viel schneller vonstatten ging als auf der Drachenerde, da trat Erich von Belden auf den Drachen zu und forderte: „Lasst mich Euch begleiten!“
„Euer Angebot ehrt Euch, aber ich habe meine Entscheidung diesbezüglich gefällt“, lehnte Rajin ab. „Falls ich nicht zurückkehren sollte, so wünsche ich Euch, dass es Euch irgendwann gelingt, in Eure Welt zurückzukehren, Erich.“
„Ich bin mir nicht sicher, ob auch ich mir das noch wünsche“, gestand der Ritter. „Doch sicher bin ich mir darin, dass der Weg, der mir bestimmt ist, nicht durch dieses Tor führt.“
„Woher wollt Ihr das wissen?“
„Es ist eine Ahnung, aber sie ist begründet. Als ich das letzte Mal eins dieser Tore durchquerte, hatte dies eine üble Wirkung auf mich, wie Ihr wisst. Und außerdem will ich Gewissheit darüber, ob es der Herr ist, der das Schicksal von uns Sterblichen bestimmt, oder ob alles, was geschieht, tatsächlich nur von einem Teppich abhängt, den ein betrunkener Riese von seinem Spinnengetier weben lässt. Ist dies wirklich die letzte Wahrheit oder nur ein Gedanke, der die in die Hölle geworfenen Seelen quälen soll?“
Rajin überlegte kurz. „Die Gefahren, denen Ihr Euch aussetzt, wenn Ihr uns begleitet, brauche ich nicht weiter aufzuzählen“, sagte er dann.
„Welche Gefahren sollte jemand fürchten, der in der Überzeugung lebt, längst tot zu sein?“, erwiderte Erich. „Aber mittlerweile kommt mir immer häufiger der Gedanke, dass mein bisheriges Leben vielleicht nur ein Traum war und dies hier die schreckliche Wahrheit hinter den Dingen ist.“
„So kommt mit mir, Erich“, entschied Rajin. „Ich habe den Eindruck, Ihr wisst, was Ihr tut.“
Rajin ließ seinen Drachen aufsteigen. Auf dem Jademond reichte schon ein leichter, ruhiger Flügelschlag, um Ghuurrhaan hoch in die Lüfte zu tragen. Sharash hatte Rajin den Weg beschrieben: Er brauchte nur der zerstörten Drachenerde entgegenzufliegen, dann würde er irgendwann auf den Beginn des Schicksalsteppichs stoßen, der in mannigfachen Windungen über der Landschaft lag. Sharash hatte zudem nach den Erinnerungen seines eigenen Flugs auf die andere Seite des Jademonds eine Karte angefertigt, die überraschend detailliert war und die er
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