DRACHENERDE - Die Trilogie
Kraft Groenjyrs, sondern auch noch etwas anderes“, meldete sich die Gedankenstimme erneut.
Und was soll das ein?, verlangte Rajin zu wissen, denn ihm war nichts dergleichen aufgefallen.
„Ich weiß es nicht ... Eine Kraft, die sehr alt ist, nur noch ein Schatten ihrer selbst ... Eine Macht, von der kaum noch jemand ahnt und die so gut wie vergessen scheint .... Bisweilen nur eine Nuance, die ich kaum noch zu erkennen vermag ...“
Rajin ließ Ghuurrhaan auf einer freien Fläche landen. Die Kolonnen von Trägergesellen scherten sich nicht im Mindesten um den Drachen und seine Passagiere, und auch jene Webergesellen, die fleißig damit beschäftigt waren, den Teppich des Schicksals weiterzuweben, hatten für nichts anderes Interesse als für ihre Arbeit. Nur ihre sich ausruhenden Artgenossen bedachten die Ankömmlinge mit vorsichtigem Interesse, doch auch ihre Gesichter zeigten weiterhin eine mehr oder weniger ausdruckslose Mimik. Sie spürten zweifellos Rajins Kräfte, und manche von ihnen waren wohl auch etwas verwirrt über diesen seltsamen Besuch, taten aber nichts weiter, als geduldig auf ihren Einsatz zu warten.
„Was hast du jetzt vor, Bjonn Dunkelhaar?“, fragte Kallfaer Eisenhammer, nachdem Rajin und seine Gefährten vom Drachenrücken gestiegen waren. „Den Schicksalsgott im Schlaf erschlagen? Das erschiene mir eine passende Strafe für das Unheil, das er angerichtet hat.“
„Er ist erwacht!“, meldete im nächsten die Gedankenstimme der Metallhand.
Und schon öffnete sich in der Jadekuppel ein Tor mit einem durchdringenden Knarren, höher als zehn Schiffsmasten. Es schob sich zur Seite, und eine riesenhafte Gestalt trat ins Freie, mit gewaltigen Hände und Füße und bekleidet mit Hosen und Wams, die aus den beseelten Fäden der Webergesellen gefertigt waren. Hinter einem breiten Gürtel steckte eine Axt, die allein schon die Ausmaße eines seemannischen Langschiffs hatte. Der linke Fuß war missgestaltet und verwachsen, die Zehennägel bildeten ein horniges Gebilde, das an die Hufe der altländischen Pferdeschafe erinnerte. Und auf dem Kopf trug die Gestalt einen Helm, aus dem an den Seiten zwei Stacheln aus Obsidian hervorstachen, ähnlich dem Gehörn eines Südfluss-Wasserbocks.
Der Legende nach hatte Grelh, die Göttin des Jagdglücks und des Spiels, einst versucht, den Schicksalsgott mit diesem Geschenk zu bestechen. Groenjyr war fasziniert gewesen von dem Helm, doch es war ihm zu mühevoll gewesen, das Muster des Schicksalsteppichs nach Grelhs Wünschen weiterweben zu lassen, denn das hätte bedeutet, dass er seine Webergesellen für eine lange Zeit ständig hätte beaufsichtigen müssen. Um den Helm dennoch zu bekommen, erschlug er Grelh, und damit sein Verbrechen von den anderen Göttern nicht bemerkt wurde, warf er ihren Körper den Köhler- und Trägergesellen zum Fraß vor, die ihn bis zum letzten Knochen vertilgten.
Seit jener Zeit war das Glück sowohl bei der Jagd in den Wäldern Oslands als auch beim Spiel dem Zufall überlassen, denn niemanden der anderen Götter war bereit gewesen, sich dessen anzunehmen. Da die Seemannen jedoch nicht ohne göttlichen Beistand jagen wollten, hatten sie sich auf die Seemammutjagd verlegt, denn auf dem Meer herrschte Njordir und konnte ihnen dort beistehen.
Schwankend machte Groenjyr einen Schritt nach vorn, stieß ein markerschütterndes Brüllen aus, und innerhalb eines einzigen Augenblicks ließen die Weber- und Trägergesellen von ihrer Arbeit ab und wandten die Köpfe in Richtung ihres Herrn.
Ghuurrhaan brüllte ebenfalls auf, doch die Stimme des Drachen klang vergleichsweise schwach. Gegen den riesigen Schicksalsgott war auch der ehemalige Wilddrache nur ein Winzling.
Die Wut Groenjyrs war deutlich zu spüren. Vielleicht war sie darin begründet, dass ihn jemand aus dem Schlaf geweckt hatte, oder es ärgerte ihn, dass seine Gesellen nichts gegen die Eindringlinge in sein Reich unternommen hatten. Grimmig starrte er Ghuurrhaan an, während sich Rajin und seine Gefährten ein paar Schritte entfernten.
„Befiehl ihm zu kämpfen!“, schrillte die Stimme der Metallhand in Rajins Kopf.
Doch mit einer Schnelligkeit, die man dem plumpen Riesen nicht zugetraut hätte, bückte er sich und griff bereits mit beiden Händen nach Ghuurrhaan. Er packte den Drachen an Hals und Körper und stach sich dabei an dessen Stacheln. Als Ghuurrhaan dem Schicksalsgott auch noch einen Feuerstrahl entgegenblies, schleuderte Groenjyr den Drachen von
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