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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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man nach Siam fliegen, ohne das Land aus den Augen zu verlieren, und dann wäre man auch schon ganz nah an China dran, falls man mal einen Besuch abstatten wollte.
     
    Sie flogen nur während der Abende und der kühlen, dunklen Nächte und orientierten sich dabei zumeist an den Sternen. Hin und wieder berührte Laurence Temeraires Schulter und murmelte eine kleine Korrektur der Flugrichtung, nachdem er im Schein einer windgeschützten Laterne seinen Kompass zu Rate gezogen hatte. Während der größten Sonnenhitze des Tages schliefen sie, und an einem der Nachmittage, als sie sich gerade über ihre Karten beugten, sagte Laurence leise zu ihm: »Es tut mir leid. Ich bitte dich, dir jeden Gedanken an einen solchen Flug aus dem Kopf zu schlagen.«
    »Aber Kap York«, protestiere Temeraire kurz und spielte damit auf den nördlichsten Zipfel des Kontinents an. Auf der Karte gab es nur eine schmale Lücke zwischen diesem Ort und der südlichsten Küste der großen Insel, die als Neuguinea ausgewiesen war. Die Entfernung bis zum Kap konnte nicht mehr als gut hundert Meilen betragen.
    »Die wenigen Berichte, die wir haben, sind sich einig darin, dass Kap York von einem beinahe undurchdringlichen Dschungel umgeben ist«, sagte Laurence, »und selbst wenn man dort ankäme, wäre das keine große Verbesserung im Vergleich zu unserer jetzigen Lage. Dann sind es immer noch beinahe zweihundert Meilen übers offene Meer zu irgendeiner größeren Insel, und noch einmal so viele, um Java zu erreichen – eine Reise, die von den größten Gefahren begleitet sein würde. Jeder noch so kleine Fehler kann ganz leicht zu einer Katastrophe führen, wenn der Tag beispielsweise wolkenverhangen ist, man sich in der Zeit verschätzt hat oder der Gegenwind zu stark ist, und alle Überlegungen und alle Planungen könnten zu nichts und wieder nichts führen, und dann könnte es geschehen,
dass du einfach kein Land mehr findest. Stell dir doch nur vor, wie entsetzlich es sein muss, wenn man jeden Orientierungssinn verloren hat und weiß, dass man sich vielleicht in ebenjenem Augenblick von der einzigen Hoffnung, je wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, verabschieden muss. Und wenn man trotzdem nicht vom vorher ausgerechneten Kurs abweichen darf.«
    Temeraire seufzte leise. Er hatte gar nichts gesagt, aber Laurence hatte es trotzdem gewusst. Laurence streckte die Hand aus und streichelte ihn liebevoll.
    Temeraire schnaufte kurz, dann versuchte er, sich den Gedanken aus dem Kopf zu schlagen, auch wenn er nicht glaubte, dass es so gefährlich sein würde, wie Laurence es für ihn ausgemalt hatte, wenn man nur einen klaren Tag abpassen würde. Er war auch schon früher zweihundert Meilen an einem Stück geflogen. Allerdings über Festland.
     
    Im Augenblick jedoch kamen sie nicht gut voran. Es war einfach zu heiß, um weit zu fliegen, und sie trugen alle eine ganze Menge Gewicht. Iskierka beklagte sich über Kulingile, trotz ihrer prahlerischen Bemerkungen vorher. Und sie hatte durchaus recht, dachte Temeraire. Kulingile aß noch immer ernorm viel, egal, was man zu ihm sagte, und wuchs und wuchs. Es nützte gar nichts, wenn man ihn warnend von den Mahlzeiten zu vertreiben versuchte, die man selber gerade einzunehmen gedachte, auch wenn das vielleicht etwas länger dauerte, weil einem der Hals so wehtat.
    Temeraire war schwer beladen mit all den Männern und ihrem Gepäck, obwohl sie wenigstens ein paar der Flieger auf Caesar umquartiert hatten. Rankin hatte einige der Männer in seine eigene Mannschaft aufgenommen, nun, wo Caesar groß genug geworden war, sie zu tragen, und nach einigen Überlegungen – und einer Diskussion mit Caesar – hatten sie auch ein paar der zuverlässigeren Gefangenen als Bauchbesatzung übernommen.
    Temeraire hatte mehr Klagen erwartet, doch ganz das Gegenteil war der Fall. Caesar plusterte sich unerträglich auf, als Mr. Fellowes ihn mit weiteren Geschirrriemen ausgestattet hatte, und er machte viel Aufhebens darum, alle Namen seiner Mannschaftsmitglieder zu kennen. So konnte er etwa sagen: »Mr. Derrow, mein Dritter Leutnant, hat heute gute Arbeit geleistet. Er hat sehr geschickt das hintere Gewicht verteilt«, wann immer sie gelandet waren, oder: »Es ist sehr angenehm, eine gute Bauchmannschaft zu haben anstatt lediglich ein oder zwei Aufseher ohne Rang. Ich will damit nur sagen, dass es ein großer Vorteil ist, wenn man mal ein bisschen geschrubbt werden möchte oder eine Geschirrschnalle eine Spur

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