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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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absuchte, nur für den Fall, dass diese heimtückischen Bunyips sich zu einem neuerlichen Angriff entscheiden würden. Erst dann streckte er sich gemütlich aus und schlief einige Stunden lang in der ewig gleichen, kochenden Hitze.
    An diesem Tag gähnte er nach einiger Zeit, hob den Kopf und spähte in die Schatten. Es war kurz nach Mittag und noch immer sehr heiß, und er war froh, nicht fliegen zu müssen. Er rappelte sich auf und lief zum Wasserloch, um ein wenig zu trinken. Als er zurücktrottete, fiel sein Blick auf Kulingile, und er runzelte die Stirn. Dessen Flanken waren wieder aufgeblasen, und er schlief in einer sehr sonderbaren Position, nämlich flach auf dem Bauch, den Kopf
nach vorne, die Beine zur Seite weggestreckt. Temeraire senkte den Kopf und stupste ihn an, doch Kulingile fiel weder um, noch legte er sich anständig hin, sondern hüpfte über den Boden davon.
    Er hob den Kopf und blinzelte vorwurfsvoll. »Ich schlafe«, sagte er.
    »Was machst du?«, fragte Temeraire, der sich die Frage nicht verbeißen konnte. »Versuchst du zu fliegen?«
    Dorset schreckte aus seinem eigenen Nickerchen auf und sagte verärgert: »Das kommt nicht gänzlich unerwartet, wenn man die Wachstumsgeschwindigkeit betrachtet. Ketten Sie ihn an«, und wollte sich ohne weitere Erklärung wieder schlafen legen.
    »Was meinen Sie mit nicht unerwartet ?«, fragte Rankin. »Ich denke, Sie haben genug um den heißen Brei herumgeredet, Mr. Dorset. Was ist Ihre Prognose? Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich je von einem Drachen gehört hätte, der ohne eigene Zustimmung davongeschwebt wäre. Wenn er zu einer noch größeren Last heranwachsen sollte, dann will ich das jetzt erfahren.«
    »Dieses Phänomen tritt gelegentlich auf«, sagte Dorset in beißendem Tonfall. Er konnte die Hitze nicht ausstehen, und an den meisten Tagen war seine Haut bereits am Nachmittag unregelmäßig rot verfärbt und voller Sommersprossen, wenn er sich nicht die ganze Zeit im Schatten aufgehalten hatte. »Und zwar bei Schlüpflingen von Königskupfern. Es ist ein Hinweis darauf, dass Kulingile mindestens vierundzwanzig Tonnen wiegen wird, wenn er ausgewachsen ist.«
    Diese Antwort verschlug Rankin die Sprache. Das störte Temeraire wenig, aber auch alle anderen waren sehr still geworden, und er selbst konnte nicht anders, als Kulingile zweifelnd anzustarren. Ohne Frage wuchs das Drachenjunge schnell, aber das hieß nicht viel, denn es hatte zu Beginn gerade mal die Größe von Temeraires Klaue gehabt und hatte nun vielleicht ein Viertel der Länge seines Schwanzes erreicht.
    »Dorset«, meinte Granby einen Augenblick später, nicht weniger
zweifelnd. »Ich gehe davon aus, dass Sie sich da nicht ganz sicher sind?«
    »Dass er ein Schwergewicht wird, daran besteht kein Zweifel, jetzt, da sich die Säcke dauerhaft aufgebläht haben«, entgegnete Dorset. »Was das genaue Gewicht angeht, kann ich nichts beschwören. Das extreme Missverhältnis zwischen den Luftsäcken und dem Rest des Körpers ist bemerkenswerter als alles, was ich bislang gehört habe, aber jeder Schlüpfling, der an irgendeinem Punkt seiner Entwicklung ein Untergewicht im Vergleich zu seinen Luftsäcken aufwies, hat am Ende diese Größe und mehr erreicht.«
    Daraufhin sagte niemand mehr viel, außer Roland, die einen freudigen Schrei ausstieß und Demane auf die Schulter schlug. Dieser sah gleichermaßen wachsam und erschrocken aus, und er fragte: »Dann stirbt er also nicht?«
     
    Temeraire war ein wenig hin- und hergerissen, was die ganze Sache anging. Er würde Demane also doch verlieren. Auf der anderen Seite aber war da die große und tiefe Befriedigung, recht gehabt zu haben, oder besser gesagt: zu sehen, dass sich Laurence’ Meinung als richtig erwiesen hatte. Temeraire konnte für sich in Anspruch nehmen, Laurence vertraut zu haben, wie es jeder hätte tun sollen, und dann auch noch zugleich mitleidig und wohltätig gewesen zu sein, was zu einem so wunderbaren Ergebnis geführt hatte. Am besten jedoch war die Tatsache, dass Rankin überhaupt nicht erfreut war, und auch Caesar konnte sich jetzt nicht mehr laut beklagen, da Kulingile größer als er werden würde.
    »Das glaube ich erst, wenn ich es sehe«, sagte Caesar hochmütig und versuchte, heimlich einen der Kasuare zu stibitzen, die Gong Su so zubereitet hatte, dass Temeraire sie später würde essen können. Es wäre ihm auch gelungen, wenn Temeraire nicht warnend nach seinen Hinterbeinen geschnappt hätte.

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