Drachenflamme: Roman (German Edition)
bei uns auch versuchen? Das habe ich gemeint.«
»Dann würden wir davonrennen«, sagte Sipho, »doch da wir jetzt einen Drachen am Hals haben, dürfte es nicht so furchtbar schwierig sein, uns wieder einzufangen. Und überhaupt«, fügte er aufgebracht und streitlustig hinzu, »ich schätze, sie werden es ohnehin nicht zulassen, dass du ihn behältst, nun, wo er überleben und sehr groß werden wird. Sie werden ihn jemand anderem geben wollen. Und ich wäre nicht traurig drum.«
Wieder versetzte ihm Demane einen leichten Klaps und marschierte davon, doch später am Nachmittag sagte er leise zu Roland: »Glaubst du wirklich, sie würden ihn mir wieder wegnehmen?«
»Im Handumdrehen«, sagte Roland zerstreut, ohne von der Pistole aufzusehen, die sie gerade auseinandergenommen hatte, um sie zu säubern, »wenn sie auch nur die geringste Chance hätten. Ich glaube, ich habe gehört, wie dieser üble Bursche Widdlow versucht hat, Flowers diesbezüglich aufzustacheln.« Demane antwortete nichts, und sie hob den Blick. »Sei doch nicht so ein Esel«, fügte sie hinzu. »So funktioniert das nicht. Frag doch mal Temeraire, ob er zulassen würde, dass man Laurence austauscht.«
»Natürlich nicht«, sagte Temeraire. Doch er konnte nicht widerstehen, sehr leise, weil Dorset ihn nicht hören sollte, hinzuzufügen: »Aber ich gehe davon aus, dass Kulingile da wankelmütiger ist. Wenn das der Fall sein sollte, kannst du aber gerne in meiner Mannschaft bleiben, da bist du sehr willkommen.«
»Genug gemurmelt, und dann auch noch so ungehörige Äußerungen«,
sagte Dorset, ohne aufzublicken, obwohl sich Temeraires Hals inzwischen so viel besser anfühlte, außer wenn es besonders trocken war und sie einen Tag lang nicht viel Wasser gefunden hatten. »Man sollte doch meinen, dass ein ausgewachsener Drache mehr Ehrgefühl hat, als dass er auf einen kleinen Schlüpfling eifersüchtig ist, muss ich hinzufügen. Ich finde das ganz außerordentlich beschämend.«
»Was hast du denn zu meinem Kapitän gesagt?«, fragte Kulingile misstrauisch, der aus seinem Dämmerschlaf aufgeschreckt war. Er hob den Kopf, doch diese Bewegung ließ ihn schon wieder vom Boden abheben. Als er versuchte, durch die Luft zu Demane hinüberzurudern, rammte er aus Versehen sowohl ihn als auch Roland, die beide zu Boden gingen.
»Nichts Wichtiges«, sagte Temeraire, denn mehr durfte er nicht sagen. Das hatte schließlich Dorset so angeordnet, und überhaupt hatte er Demane nur trösten wollen für den Fall, dass sich die Sache mit Kulingile anders als von ihm geplant entwickeln sollte. Falls mit Kulingile alles beim Alten bliebe, dann hatte natürlich niemand vor, sich einzumischen. Temeraire fand es allerdings nicht so verwerflich, wie Dorset es dargestellt hatte, wenn man sich in Erinnerung rief, dass Demane zuerst zu ihm gehört hatte.
Laurence stellte fest, dass die Vorbehalte gegenüber Demane, die bereits vorgebracht worden waren, sehr schnell neue Formen annahmen. Die gleichen Flieger, die zuvor geklagt hatten, dass er ein unnützes Tier aufpäppeln wolle und somit die Verfolgungsjagd nach dem letzten Ei verlangsamen oder sogar gefährden würde, erhoben nun ohne jede Schwierigkeit Einwände dagegen, dass Demane eben dieses Tier besaß – was völlig unverdient und unziemlich sei. In besonderem Maße einig waren sich jene Flieger, die jede Form von Einmischung in die Beziehung zwischen einem Kapitän und seinem Tier verurteilten. Doch wie Laurence aus eigener Erfahrung wusste,
geriet diese Einstellung sehr schnell ins Wanken, sobald man den Kapitän selbst als nicht geeigneten Flieger ansah.
Mit Grausen erinnerte er sich an die Anstrengungen, die unternommen worden waren, um ihn und Temeraire am Anfang ihrer Beziehung zu trennen und einen erfahrenen Leutnant an seine Stelle zu bringen. Dabei hatte es keine Rolle gespielt, dass sie Temeraires Gefühle hinsichtlich dieses Themas kannten, und sie hatten sich sogar auf echte Intrigen verlegt. Zu dieser Zeit hatte Laurence sich zu wenig in diesen Dingen ausgekannt, um Einwände zu erheben. Das war jetzt zwar anders, aber er hatte nicht die Position, offen zu sprechen, wenn er die Männer neidisch murmeln hörte. Hatten sie es anfänglich noch für ihr Recht gehalten, sich einzumischen, waren sie mittlerweile auf dem besten Weg, es als ihre Pflicht anzusehen.
Demanes Naturell war nicht derart, dass er Beleidigungen unbekümmert hinnahm, und er verfügte durchaus über die Mittel, solchen
Weitere Kostenlose Bücher