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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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gefallen, der vom Wein herrührte. Seine Worte wurden mit äußerster Höflichkeit und viel Applaus aufgenommen, doch Laurence war sich schmerzlich bewusst, dass das auch dann der Fall gewesen wäre, wenn er die Familien aller Anwesenden offen beleidigt hätte, und so bedeutete ihm der Beifall wenig.
    Nach dem Toast begannen die Dienstboten, die Überreste der Mahlzeit abzuräumen. Jia erhob sich, selbst nicht wenig schwankend, und lud die Gäste ein, es sich auf den gepolsterten Bänken,
die an den Wänden des Hofes aufgestellt worden waren, bequem zu machen. Die Tische wurden auseinandergezogen, hochgehoben und weggetragen, um mehr Platz auf dem Hof zu schaffen, und die Lichter wurden gelöscht. Da kein Mond schien, war die Nacht sehr dunkel, und der Landungssteg war von roten Laternen gesäumt, die hell funkelten und zusätzlich zu ihrem eigenen Licht ihren Schein auch noch aufs Wasser warfen.
    Ein seltsames Geräusch setzte ein. Unten im Sand am Ufer saß ein Mann der Larrakia mit einer Art von Instrument, das wie ein enorm langes Rohr aussah und das einen tiefen, leisen, wabernden Klang erzeugte, der beständig widerhallte. Der Bläser schien keine Pausen machen zu müssen, um Luft zu holen. Zwei der jüngeren Dienstboten standen nun am Ende des Landungssteges und streckten lange Stäbe aus, an deren Enden Laternen hingen, die sie knapp über dem Wasser baumeln ließen. Eine Gruppe von jüngeren Männern der Larrakia stand wartend herum.
    Die Gesellschaft war still geworden, was an dem eintönig brummenden Klang des Instrumentes liegen mochte, aber auch an einem Gefühl von erwartungsvoller Spannung. Da die Gäste nun nicht mehr an ihre Sitzplätze gefesselt waren, suchten sie die Nähe jener, mit denen sie sich auch unterhalten konnten, doch ihre Stimmen blieben gedämpft. Rasch kam die Flut herein und schlug hoch gegen das Ufer; die Wellen klatschten hörbar an den Steg.
    »Ich glaube, sie wollen eine Landebahn markieren«, sagte Temeraire und spähte in den Nachthimmel empor, ohne jedoch etwas entdecken zu können. Das Instrument verstummte. In der plötzlichen Stille war ein brodelndes Gurgeln zu hören, das durch die Bucht in einem Bogen auf sie zukam. Mit einem Mal bebte das angestrahlte Wasser rings um den Landungssteg und schimmerte in einer Vielzahl von Farben: Golden, scharlachrot und blau drängte es von unten empor. Der Kopf einer Seeschlange mit großen, leuchtenden Augen durchbrach die Wasseroberfläche, Wasser strömte von ihren
Finnen und tropfte in kleinen Bächen von dem knotigen, braunen Seetang herab, der sich um ihren Hals gewickelt hatte, als wäre er eine Perlenkette.
    Einige Gäste klatschten Beifall, und wohlwollendes Gemurmel schwoll an, auch wenn einer der Holländer auf Französisch zu einem der macassischen Kapitäne sagte: »Also mich kann das nicht begeistern. Jedem Seemann gefriert das Blut in den Adern, wenn er so etwas sieht, und wer was anderes behauptet, ist ein Lügner.«
    Die Männer auf dem Steg warfen einen Thunfisch in das erwartungsvoll aufgerissene Maul der Schlange. Diese schloss die Kiefer und schluckte mit erkennbarer Zufriedenheit, ehe die Männer an ihre Flanken griffen. Unter dem Seetang befanden sich Ketten, die durch ein Netzwerk von goldenen Ringen liefen, welche wiederum durch die Finnen und Hautlappen der Seeschlange gestochen worden waren und ein Geflecht bildeten. Die Enden dieser Ketten wurden nun auf den Steg emporgezogen, bis der Anfang des makellosen Netzes zum Vorschein kam und von der Winde, die Laurence schon vorher gesehen hatte, aufgerollt wurde.
    Zwanzig Männer packten die Griffe der Winde, und mit einer gemeinsamen Anstrengung beförderten sie eine Kiste herauf. Sie war aus Holz in einer lang gezogenen Eiform gefertigt und mit Gold beschlagen, und sie hatte ungefähr die Größe des Wassertanks eines Schiffes erster Klasse. Als sie an der Oberfläche auftauchte, befestigten die Männer Zughaken daran, und unter größten Anstrengungen wurde sie emporgehievt und ans Ufer gebracht. Die Seeschlange sah dabei zu und bekam noch einen Thunfisch. Eine weitere Truhe wurde heraufgezogen und dann auf die gleiche Weise noch eine dritte in ähnlicher Größe.
    Dann warf man das Netz wieder zurück ins Wasser. Die Schlange drehte ab, tauchte wieder ins Wasser und schwamm aufs andere Ende der Bucht zu, wobei sie das Netz wie einen Rock aus Gazestoff hinter sich herzog: Zwei gelbe Lichter leuchteten auf einem weiter
entfernt liegenden Steg auf, den Laurence

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