Drachenflamme: Roman (German Edition)
gar nicht, dass Sie ihr eigenes Flieger-Korps haben«, sagte Granby.
»Er gehört der Miliz an und ist natürlich im Einsatz, wenn er angefordert wird«, erklärte Chukwah. »Im Augenblick sind sie von New York zu den Ojibwas unterwegs, um Waren und Felle einzutauschen.«
Keiner machte Anstalten, sich in ähnlicher Weise mit Laurence zu unterhalten. Der entsetzliche Aufzug, in dem er dasaß, verbot jede Vertraulichkeit selbst von seinen zunehmend gelösteren Nachbarn, und als ihm bei der nächsten Runde Wein schwante, dass schon bald kein wirklicher Austausch von Informationen mehr möglich sein würde, bekämpfte Laurence sein eigenes Gefühl für Schicklichkeit, beugte sich zu dem portugiesischen Kapitän einige Plätze weiter und fragte ihn auf Französisch: »Sprechen Sie vielleicht die französische Sprache, Monsieur?«
Ein kurzer Austausch reichte, und es stellte sich heraus, dass Laurence mit Senhor Robaldo, der aus Lissabon stammte, die Vorliebe für ein bestimmtes Gasthaus teilte. Das genügte, um ein weiteres Gespräch in Gang zu bringen, und so schnell wie möglich lenkte Laurence die Sprache auf den Krieg. Er war begierig darauf, mehr über die Angriffe auf spanische Städte zu erfahren, und Robaldo, so hoffte er, könnte eventuell wissen, ob die Engländer sich eingeschaltet hatten.
»Oh, dieser Hund, dieser Hund«, sagte Robaldo und meinte Bonaparte. »Wissen Sie, Mr. Laurence, was er getan hat? Er hat sie zu Verbündeten gemacht, und jetzt gibt es zehntausend Tote in Spanien und Frankreich, die noch nicht begraben sind.«
»Sir«, sagte Laurence verständnislos, »ich kann Ihnen leider nicht folgen. Er hat sie zu Verbündeten gemacht … ?«
»Die Schwarzen!«, stieß Robaldo fiebrig aufgebracht aus, wobei der Wein, den er so rasch hinunterschüttete, dass er ihm übers Kinn lief, nicht unschuldig an diesem Ausbruch war. »Hunde, alles Hunde. Und er verschifft sie nach Brasilien.«
»Sprechen Sie über Brasilien?«, fragte ein jüngerer, amerikanischer Seemann, Mr. Chukwahs Erster Offizier, auf Englisch quer über den Tisch. »Sie haben Rio bis auf die Grundfesten niedergebrannt. Wir haben vor einigen Wochen mit einem Walfänger aus Chile gesprochen, der in Santiago davon gehört hat.«
Robaldo stöhnte auf, als Laurence für ihn übersetzt hatte, und schlug die Hände vors Gesicht. Offensichtlich hatte er großes Interesse an der Kolonie, was seinem Zorn eine persönliche Note gab. »Man sollte glauben, dass sein Herz das nicht zuließe. Er wurde vom Papst gesalbt. Aber im Herzen ist er ein Heide, ein Dämon, ein Dämon«, und er wechselte in seine eigene Sprache.
Ein amerikanischer Seemann, ein gewisser Mr. David Wright, war augenscheinlich weniger persönlich betroffen. Zudem schien er angesichts seiner Körpergröße von gut einem Meter und achtzig den Wein besser verkraften zu können, und er versorgte Laurence mit weiteren Neuigkeiten. »Ich fürchte, ich weiß nicht, ob die Rotröcke was mit Portugal zu tun haben«, sagte er. »Aber soweit ich gehört habe, kommen diese Burschen aus Afrika, wo sie die Sklavenhäfen niedergebrannt und einige Städte am Mittelmeer angegriffen haben. Sie haben es auch mit Gibraltar versucht, aber das ist ihnen schlecht bekommen.«
Laurence hörte das gar nicht gerne. Dass die Tswana vorhatten, ihren unter Zwang weggeschafften Stammesmitgliedern – den Opfern des Sklavenhandels – nachzueilen, hatte er während seiner kurzen Gefangenschaft bei ihnen erfahren. Aber dass sie ihr Ziel mit einer solchen Geschwindigkeit bereits so weit verfolgt hatten, dass
sie die Küste Europas erreicht hatten, war mehr, als er befürchtet hatte. »Dann waren es also nicht die Franzosen, die die Städte angegriffen haben?«
»Nein«, antwortete Wright. »Die Afrikaner sind auch nach Toulon gezogen, nachdem sie mit Spanien fertig waren, und ich schätze, dort hat Boney sie in die Hände bekommen. Wahrscheinlich hat er sie gefangen genommen oder bestochen. Jedenfalls hat er eine Übereinkunft mit ihnen getroffen, und seitdem bringt er sie auf Dutzenden von Transportern über den Atlantik, habe ich gehört, und sie lassen sich darauf nur allzu gerne ein.«
»Er setzt sie auf unsere Kolonien an«, sagte Robaldo verbittert. »Die Unmenschlichkeit lässt sich nicht in Worte fassen. Keine zivilisierte Nation könnte das ertragen.«
»Nun«, sagte Wright, als ihm Laurence diese Bemerkung übersetzt hatte. »Das tut mir zwar leid für sie, aber ich habe schon so manchen
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