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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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entschiedenen Forderungen, nach England zu segeln. Es war eine unerhörte Verletzung der Hoheitsrechte gewesen, und genau wie jeder andere Seemann, der davon gehört hatte, war auch Laurence damals zutiefst empört gewesen: ein Gefühl, das nicht eben abgemildert worden war durch das unterwürfige Verhalten der englischen Regierung, die zu jener Zeit noch viel ängstlicher darauf bedacht gewesen war, den Kriegseintritt Chinas zu verhindern, oder zumindest zuversichtlicher gewesen war, dass dieser überhaupt vermeidbar wäre.
     
    Als Rankin Jia Zhen die Bedingungen für die Übergabe des Hafens vorstellte, die Temeraire zögerlich übersetzte, empfand dieser verständlicherweise ein ähnliches Gefühl der Empörung. Als Temeraire
am Ende angekommen war, fügte er hinzu: »Ich begreife nicht, was daran gerecht sein soll. Wie kann denn der Regent ernsthaft behaupten, wir hätten dieses Land für uns beansprucht, wenn die Larrakia bereits seit einer Ewigkeit hier sind? Was wäre, wenn ich in London landen würde und behauptete: Also gut, weil ich der erste chinesische Drache in London bin, werde ich die Stadt jetzt für meinen Kaiser beanspruchen. Das wäre doch der gleiche Fall wie dieser hier.«
    »Das reicht«, knurrte Rankin. »Wir haben unsere Befehle. Wenn Sie es nicht lassen können, können Sie sie ja in Frage stellen, wenn wir unter uns sind, aber nicht in Anwesenheit des Vertreters einer anderen Nation.«
    »Na, das nenne ich mal eine feine Art, es auszudrücken«, entgegnete Temeraire mit kalter Verachtung in der Stimme, »nachdem Sie in seinem Haus geschlafen und mit ihm zu Abend gegessen haben! Genauso armselig hat sich auch Requiescat verhalten. Und überhaupt«, fügte er hinzu, »wenn Jia Zhen etwas von dem verstehen würde, was ich auf Englisch sage, müsste ich nicht alles übersetzen. Also sehe ich nicht ein, warum ich vor ihm mit meiner Meinung hinter dem Berg halten sollte.«
    In Whitehall behauptete man, der Vertrag von Peking sei verletzt worden, jene von Hammond ausgehandelte Übereinkunft, in der China England zu denselben Bedingungen, die auch für andere westliche Nationen galten, einen gleichberechtigten Zugang zu seinen offenen Häfen zugesagt hatte. In aller Höflichkeit wies Jia Zhen darauf hin, dass diese Übereinkunft in keiner Weise etwas darüber aussagte, dass China seinen Kaufleuten nicht andere und günstigere Bedingungen für den Export gewähren dürfte, wie es für jede Nation ganz natürlich sei. Außerdem sei dieser Hafen schließlich kein chinesischer Hafen, sondern eine Besitzung der Larrakia, auch wenn diese so freundlich gewesen waren, den Chinesen die Nutzung eines Großteils des Landes zu erlauben.
    »Sicher sind uns britische Kaufleute hier stets willkommen«, sagte er. »Wenn ich mich recht entsinne, dann hatten wir erst im Frühling die Pomfrey hier. Es war wirklich eine Freude, mit ihrem Kapitän zu verhandeln, einem sehr vernünftigen Mann. Ich hoffe, dass Kapitän Willoughby seine Position überdenken wird. Jede Meinungsverschiedenheit oder Streitigkeit zwischen unseren Nationen wäre eine höchst unangenehme Angelegenheit, die den Kaiser, so fürchte ich, fast unvermeidlich kränken würde.«
    Ohne auf Rankins düsteren Blick zu achten, antwortete Laurence: »Mr. Jia, ich hoffe, Sie können mir zustimmen, dass die Bedingungen des Vertrages ein wenig unklar sind, genauso wie die Besitzfrage bezüglich des Hafens. Sich selbst überlassen, hätten die Larrakia wohl kaum eine solche Unternehmung begonnen. Vielleicht könnte der Handel ausgesetzt werden, während unsere jeweiligen Regierungen Zusätze zu dem Vertrag aushandeln, die beide Seiten zufriedenstellen …«
    Doch so einfach ließ sich Jia Zhen nicht überzeugen. Zwar lehnte er den Vorschlag nicht rundheraus ab, aber in ruhigem Tonfall sprach er ganz allgemein über die Seeschlangen. Er stellte die Schwierigkeit dar, sie im Zaum zu halten, und beschrieb die Unmöglichkeit, ihre Wanderungen zu unterbrechen, ohne ihre Ausbildung damit zunichtezumachen, sowie die Ausgaben für ihr Futter, welche auch durch Handel erwirtschaftet werden müssten. Zu Laurence’ Verdruss erwähnte er auch die Lagerhäuser, die errichtet werden sollten, und fügte hinzu: »Auf Befehl des Kaisers wurden bereits einige Handwerker aufgefordert, sich zusammen mit ihren Familien auf die Reise vorzubereiten. Schon bei ihrem nächsten Flug wird Lung Shen Li sie hierherbringen.« Damit goss er natürlich Öl ins Feuer und stachelte Willoughby

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