Drachenflamme: Roman (German Edition)
vermutlich nur noch mehr an, es sofort zu kriegerischen Auseinandersetzungen kommen zu lassen.
»Natürlich war kaum etwas anderes zu erwarten«, sagte Laurence niedergeschlagen und entmutigt, als die fruchtlose Besprechung zu Ende war.
»Wenn es ein kleiner Trost ist«, sagte Tharkay, »dann bezweifle ich, dass irgendein Zugeständnis, das du den Chinesen abgerungen hättest, Willoughby ausgereicht hätte. Er ist hier, um den Hafen einzunehmen, und wird sich mit nichts weniger zufriedengeben. Er scheint mir auch kein Mann zu sein, den man mit einem Appell an seine politische Besonnenheit überzeugen könnte.«
»Er ist vollkommen uneinsichtig!«, ereiferte sich Temeraire. »Es ist doch nicht so, als hätte England hier einen Hafen errichtet und die Chinesen hätten ihn eingenommen. Wir waren fast ein Vierteljahr unterwegs, um überhaupt hierherzugelangen.«
Auch das Argument, dass der Hafen strategisch so gewählt worden war, dass man von ihm aus leicht die englische Schifffahrt beeinträchtigen und England die Vorherrschaft über den Indischen Ozean streitig machen könnte, überzeugte ihn nicht. »Ich verstehe nicht, wie sich so ein kleines Land darüber beschweren kann, dass es nicht alle Meere der Welt beherrscht, sogar jene, die sich praktisch auf der anderen Seite der Erdkugel befinden«, beharrte er. »Haben wir nicht außerdem gehört, dass Java hier gleich jenseits dieses Meeres liegt und den Portugiesen gehört? Und diese Schiffe dort kommen aus Réunion, einem französischen Hafen. Warum geht Willoughby nicht dahin und sagt: Die beiden Häfen gehören zwar euch, aber ihr müsst sie uns überlassen?«
»Er würde es tun«, antwortete Tharkay. »Aber die werden von modernen Kanonen und Seestreitkräften verteidigt, was den Preis für solche Forderungen doch beträchtlich erhöht.«
Am Ende war Granby freundlich genug, einen letzten Versuch zu starten. Ein weiteres Mal flogen sie auf Caesar hinüber und sprachen bei Willoughby vor, der, falls er denn überhaupt zuhörte, kein sonderliches Interesse an Granbys Ausführungen zeigte. Als Granby
geendet hatte, nickte er und sagte dann: »Gut, ich habe Sie ausreden lassen. Und jetzt, Kapitän Granby und Kapitän Rankin, gebe ich Ihnen, verflucht noch mal, einen Befehl: Sie werden Ihre eigenen Tiere und all die anderen aus dem Hafen schaffen. Da wir kaum Ihre Hilfe benötigen werden, um das Gebiet zu sichern, müssen Sie nicht eingreifen, wenn Sie nicht wollen. Es wird mir jedoch ein Vergnügen sein«, fügte er mit kalter Stimme hinzu, »Ihre Vorbehalte nach Whitehall zu übermitteln. Ich fordere Sie lediglich auf, mir bei der Durchsetzung meiner eigenen Befehle nicht in die Quere zu kommen. Wir werden mit der Angelegenheit schon alleine fertigwerden.«
»Also hat er vor, den ganzen Hafen in Stücke zu schießen«, sagte Temeraire. »Vielleicht wird er dabei Jia Zhen umbringen, der so freundlich zu uns war, oder die Larrakia. Wenn ich an die außergewöhnliche Großzügigkeit denke, die sie uns entgegengebracht haben … Oh! Was für ein niederträchtiger Wurm dieser Willoughby doch sein muss. Es ist kein Wunder, dass Rankin ihm so gefällt.«
Mit düsterer Miene erwiderte Laurence: »Ich fürchte, die Schuld liegt bei uns. Ohne ausreichende Informationen über die tatsächliche oder vermutete Haltung unserer Nation diesem Hafen gegenüber hätten wir eine solche Gastfreundschaft nicht annehmen dürfen. Es gab genügend Hinweise, die uns hätten klarmachen müssen, dass unsere Regierung nicht erfreut sein würde – auch wenn man wohl nicht erwarten durfte, dass sie wegen dieser Angelegenheit sogar einen Krieg riskieren würden.« Er fügte hinzu: »Vielleicht nehmen sie an, dass sich China durch eine scharfe Reaktion an diesem Ort von weiteren derartigen Versuchen abhalten lässt.«
Er hob den Blick zu Temeraire und ergänzte: »Ich sage ja nicht, dass mir das gefällt, mein Lieber. Es gefällt mir sogar ganz und gar nicht. Willoughby ist der Letzte, den ich mit der Befugnis ausgestattet sehen will, einer anderen Nation – mit der wir bis jetzt nicht
verfeindet sind – eine derart große Schmach zuzufügen. Aber sie wurde ihm übertragen, und es geht hier um einen offenen und ehrlichen Kriegsakt. Dem Feind wurden Bedingungen angeboten, und wie wenig ich auch von Willoughby halte, habe ich doch keinen Anlass zu glauben, dass er kein Pardon gewähren würde, falls die Chinesen einlenken. Hoffentlich wird ein Warnschuss ausreichen, um Jia Zhen
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