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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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Gesellschaft missfällt, so könnten Sie umso rascher davon erlöst werden, wenn Sie auch unter diesen unerwarteten und ungewöhnlichen Umständen angemessene Umgangsformen an den Tag legen würden. Es sei denn, Sie erwarten tatsächlich, dass ein Himmelsdrache von zwanzig Tonnen für ein solches Benehmen mehr Geduld aufbringt als ich.«
    Als wolle er seiner Abscheu gegenüber Laurence’ Grobheit stillen Ausdruck verleihen, wandte Rankin den Kopf ab. Kapitän Tomkinson von der Otter schlug sich die Hand vor den Mund und stieß peinlich berührt ein leises Hüsteln aus. Nur Granby schien nichts Ungebührliches an Laurence’ Äußerungen zu finden und fügte hinzu: »Wo wir gerade über den Drachen sprechen: Falls Sie hier einen Aufstand machen wollen, werden Sie sehr schnell nicht mehr so froh sein, uns gefunden zu haben. Auf keinen Fall wird Temeraire still zusehen, wenn Sie sich mit diesem Burschen anlegen, und ich glaube nicht, dass eines der anderen Tiere es wagen würde, ihm zu widersprechen. Ich weiß nicht, was Kapitän Rankin Ihnen über die Befehlsfolge gesagt hat, die sich zwischen uns im Augenblick ziemlich schwierig gestaltet. Aber er dürfte sich sehr wohl im Klaren darüber sein, dass die Drachen diesbezüglich keinerlei Probleme haben. Wie lauten Ihre Befehle?«
    Willoughby runzelte die Stirn. Er hatte ein schmales Gesicht, seine Haare waren bereits über die Rundung seines Schädels zurückgewichen, und er war auch nicht besonders gut angezogen. Seine Kleidung war die eines Mannes, der acht Monate Blockadedienst bei dürftiger Unterbringung hinter sich hatte. Da Granby ihm mit dieser Frage jedoch eine Brücke gebaut hatte, war es Granby, dem er nun antwortete: » Unsere Befehle«, betonte er, »lauten, den Hafen zu besetzen. Und, meine Herren, falls er nicht freiwillig übergeben werden sollte, dann werde ich ihn einnehmen, und zwar auch dann, wenn ich ihn durch Beschuss dem Erdboden gleichmachen muss.«
     
    Tatsächlich verfügte Willoughby über die entsprechende Autorität. Seine Befehle, die er Granby lesen ließ, stammten von Kommodore Rowley und ließen keine Fragen offen: Falls der Hafen existierte, durfte sein Fortbestand nicht zugelassen werden. Er war einzunehmen und dann zu befestigen. Dies wurde mit einer eher geringfügigen Formalie begründet, denn der Befehl des Regenten, den Rest des Kontinents in Besitz zu nehmen, basierte auf der Umrundung durch Fleming, was aber Frankreich durch die Reisen von La Pérouse einen ebensolchen Anspruch zugestanden hätte.
    »Es hat ohnehin keinen Sinn, sich mit ihm zu streiten«, sagte Granby, nachdem sie zum Ufer zurückgeflogen waren. »Er hat sich in die Sache verbissen, und man muss fairerweise zugeben, dass seine Befehle eindeutig sind.«
    »Wenn wir vor der Entscheidung stünden, jetzt einen Krieg mit China zu beginnen«, hatte Willoughby gesagt, »oder erst in einem Jahr, wenn sie Kanonen hier haben und die Franzosen fröhlich auf unseren Handelswegen unterwegs sind, dann werden wir ihn jetzt beginnen. Ich bin der Meinung, dass sich so etwas ohnehin schon viel zu lange angekündigt hat, nämlich ab dem Zeitpunkt, als sie anfingen, Bonaparte einen fabelhaften Drachen nach dem anderen zu überlassen. Ich nehme an, Despoten schätzen einander.«
    Was natürlich ein vollkommenes Missverständnis hinsichtlich des eigentlichen Grundes der Chinesen darstellte, der sie dazu bewogen hatte, Temeraires Ei an Napoleon zu schicken. In Wirklichkeit war es um rein innenpolitische Erwägungen und Nachfolgefragen gegangen. Was Liens Anwesenheit bei den Franzosen betraf, galt das nur umso mehr. Sie war aus China ins Exil geflohen, weil man sie des Verrats gegen den Kronprinzen verdächtigte, und sie hatte sich nur deshalb Napoleon angeschlossen, weil sie sich rächen wollte.
    Der wichtigste Grund für Willoughbys Abneigung gegen die Chinesen war aber darüber hinaus ein anderer. Mit noch mehr Nachdruck hatte er erklärt: »Wenn ich daran denke, wie sie sich unsere Ostindienfahrer gegriffen haben und wir uns alle lammfromm verhalten mussten … Ich schwöre, bei so etwas muss ein Mann, der diese Bezeichnung wert ist, nach seinem Gewehr greifen. Es ist höchste Zeit, dass wir ihnen ein blaues Auge verpassen.«
    Laurence erinnerte sich noch gut an seine eigenen Gefühle, als er von der Beschlagnahme von vier englischen Schiffen durch die Chinesen erfahren hatte. Damals wurden die Matrosen gezwungen, mit ihrem Botschafter ohne Fracht oder Bezahlung, dafür aber mit

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