Drachenflamme: Roman (German Edition)
meidest, wird das auch für Streit zwischen ihm und Temeraire sorgen, und das kannst du doch nicht fair finden.«
Dieser Punkt barg zu viel Wahrheit, als dass Laurence ihn hätte ignorieren können. Er zwang sich mühsam zu einem einzigen, knappen Nicken, um Granby die erbetene Erlaubnis zu geben. Als Rankin sich an diesem Abend zu Ehren seiner Beförderung in einem kleinen Wirtshaus an Granbys Tisch gesellte, schaute Laurence dennoch demonstrativ in die andere Richtung. Granby warf ihm einen besorgten Seitenblick zu und sagte in überschwänglich herzlichem Tonfall: »Ich fürchte, mit Caesar werden Sie noch Ihren Spaß haben, Sir. Ein sehr eigensinniges Tier.«
Granby verfügte über mehr Erfahrung im Umgang mit einem eigensinnigen, wenn nicht widerspenstigen Tier als die meisten anderen, was den Anflug von persönlicher Genugtuung entschuldigen mochte, der in seiner Bemerkung mitschwang. »Wenn es irgendeinen
Trost gibt«, hatte er früher am Tag Laurence gegenüber geäußert, »dann den, dass er dieses Tier wirklich verdient hat. Was werde ich lachen, wenn ich sehe, wie er von seinem Drachen hin- und hergezerrt wird, während er sooft er will, verkünden kann, dass Caesar ihm zu gehorchen hat. Dieses Tier wird sich ganz sicher nicht in eine Ecke stellen lassen, wo es nach und nach verkümmert.«
Laurence konnte dieses Vergnügen nicht teilen, denn es beruhte auf den Umständen, die ihn nun zwangen, Rankins Gesellschaft zu ertragen. Doch auch er konnte sich eine gewisse grimmige Befriedigung nicht verkneifen, die in Ungläubigkeit umschlug, als Rankin mit beherrschter Stimme antwortete: »Sie irren sich sehr, Kapitän Granby. Ich rechne mit keinerlei Schwierigkeiten.« Er fuhr fort: »Dass es im Umgang mit dem Ei zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist, kann ich nicht leugnen, und auch nicht, dass das Schlüpfen Ihnen Anlass zu der Sorge gab, der Sie gerade Ausdruck verliehen haben. Aber ich bin sehr erfreut darüber, dass ich schon in diesen ersten Momenten feststellen durfte, dass Caesar von Natur aus ein sehr zuvorkommender Jungdrache ist. Ich glaube, ich gehe nicht zu weit, wenn ich ihn als ein sehr bemerkenswertes Tier beschreibe, das über das gewöhnliche Maß hinaus intelligent und gefügig ist.«
Laurence war so amüsiert, dass er seine eigentlichen Gefühle vergaß, und auch Granby sah aus, als habe es ihm die Sprache verschlagen. Sie hatten Caesar diesen Nachmittag damit zubringen sehen, ein erstaunliches Maß an Verfressenheit an den Tag zu legen. Vielleicht machte sich Rankin auch absichtlich etwas vor, anstatt sich einzugestehen, dass er einen schlechten Fang gemacht habe, überlegte Laurence. Doch Rankin fügte mit einer Selbstzufriedenheit, die über reines Wunschdenken hinausging, hinzu: »Ich habe bereits damit begonnen, ihn zu unterweisen, und bin mir ganz sicher, dass ich ihn zu einem aufmerksamen, folgsamen Tier machen kann, das der Stolz eines jeden Fliegers wäre. Er hat jetzt schon einige meiner Ansichten übernommen und die Forderungen, die ich an ihn stelle,
begriffen, ganz wie es zu wünschen ist, und er schätzt meine Meinung mehr als die eines jeden anderen.«
»Nun«, sagte Granby daraufhin, »Mr. Forthing, die Flasche steht neben Ihnen.« Anschließend lief die Unterhaltung in eine andere Richtung.
Am nächsten Morgen jedoch war Laurence sehr erstaunt, Rankin mit einem Buch auf dem Felsvorsprung vorzufinden, wo er Caesar beim Frühstück Gesellschaft leistete. Er saß neben ihm und begann damit, dem Jungdrachen vorzulesen, während das Tier aß. Es handelte sich bei der Lektüre um ein Fliegerhandbuch, was Laurence aus dem, was er mithörte, schloss, auch wenn die Sprache sehr speziell war.
»Du meine Güte, wo hat er denn dieses antike Ding ausgegraben?« , bemerkte Granby verächtlich und fügte hinzu: »Ich glaube, es stammt noch aus den Tudor-Zeiten, wenn man sich anhört, wie man mit seinem Drachen umgehen soll. Wir haben es in der Schule gelesen, aber ich kann nicht glauben, dass heutzutage noch irgendjemand seine Zeit damit verschwendet.«
Caesar jedoch lauschte aufmerksam, während er an einem Knochen knabberte, und sagte voller Ernst: »Mein lieber Kapitän, da kann ich nichts gegen einwenden, das scheint alles in der Tat sehr sinnvoll. Glaubst du, ich sollte es noch mit einem weiteren Schaf versuchen? Ich nehme es sehr ernst, was dieses Buch über die Wichtigkeit der frühen Ernährung berichtet. Natürlich nur, wenn das auch deinem Urteil entspricht: Ich bin nur
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