Drachenflamme: Roman (German Edition)
allzu bereit, mich von deiner größeren Erfahrung leiten zu lassen. Aber ich kann dann viel besser folgen, wenn ich satt bin.«
»Das hat man nun davon«, sagte Iskierka, »wenn man sich über Schlüpflinge Gedanken macht.«
Temeraire fand das nicht fair, denn er hatte sich schließlich nicht
sehr lange über Caesar Sorgen gemacht, und im Augenblick interessierte er sich nicht im Geringsten für Caesars Gesundheit und Wohlergehen. Aber natürlich war es auch keineswegs so, dass Caesar Hunger zu leiden drohte. In einer einzigen Woche hatte er neun Schafe, eine ganze Kuh, einen Thunfisch und sogar drei Kängurus verschlungen, allerdings nur, weil Rankin anfing, sich langsam Sorgen zu machen angesichts der Geschwindigkeit, mit der Caesar seinen Geldbeutel schrumpfen ließ.
Das allein hätte schon ausgereicht, um ihn unerträglich zu machen, vor allem in Anbetracht der prahlerischen und hämischen Art und Weise, mit der er seine üppigen Mahlzeiten in sich hineinstopfte. Zusätzlich zu dieser ärgerlichen Angewohnheit stolzierte er herum und weckte Temeraire aus einem angenehmen Schläfchen in der Mittagssonne, indem er lauthals trompetete: »Oh, mein Kapitän kommt nach mir sehen«, nur um Rankin dann mit großer Befriedigung mitzuteilen, wie prächtig er an diesem Tag aussehe, und jedes winzige bisschen Gold, das an seiner Kleidung zu sehen war, lobend hervorzuheben.
Der einzige Trost, den Temeraire sich versprochen hatte, nämlich dass Rankin seinen Drachen mit Sicherheit vernachlässigen würde – womit einhergegangen wäre, dass Rankin durch Abwesenheit geglänzt hätte –, blieb aus. Stattdessen kam Rankin andauernd , und so hatte Temeraire nicht nur Caesar am Hals, sondern auch noch Rankin. Den lieben Tag lang musste er dessen unangenehme Stimme hören, mit der er aus diesem absurden Buch vorlas, in dem nichts als Nonsens stand, zum Beispiel, dass man seinem Kapitän niemals Fragen stellen dürfe und seine gesamte Zeit mit Formationsübungen verbringen solle.
»Ich kann das einfach nicht verstehen«, beklagte sich Temeraire. »Als er den liebsten Drachen hatte, den man sich nur vorstellen
kann, ließ er sich nicht blicken, und nun wird man ihn nicht mehr los. Ich habe sogar mal angedeutet, dass er sich doch nachmittags, wenn es so furchtbar heiß ist und man nichts als schlafen möchte, mal freinehmen könnte, doch er wollte nichts davon wissen.«
»Ich denke mir, dass er in England eine größere Auswahl an angenehmer Gesellschaft hatte«, sagte Laurence. »Er war der Kapitän eines Kurierdrachen im leichten Dienst, sodass er mühelos Freunde aus seiner eigenen Schicht treffen konnte. Bei den Fliegern war er nie wirklich beliebt.«
»Glaube ich gerne«, sagte Temeraire voller Abscheu.
In der Zwischenzeit war kein Ende des Ärgers in Sicht, denn der Umgang, den Rankin abgesehen von Caesar pflegte, bestand lediglich aus Gouverneur Bligh, den Temeraire mittlerweile als eine durch und durch unangenehme Person abgestempelt hatte, was aber wenig überraschend war, wenn man bedachte, dass er Teil der Regierung war. Bligh hing sicherlich der Vorstellung nach, dass Caesar nur noch ein wenig wachsen musste, ehe Rankin ihm, Bligh, helfen würde, sein Amt zurückzubekommen. Temeraire hatte sogar gehört, wie Rankin die Angelegenheit mit Caesar besprach.
»Oh, natürlich«, hatte Caesar geantwortet, »ich bin immer froh, wenn ich dir zu Diensten sein kann, mein lieber Kapitän, und Gouverneur Bligh natürlich ebenfalls. Es ist von höchster Wichtigkeit, dass unsere Kolonie …« Unsere Kolonie! Temeraire kochte innerlich, »… dass unsere Kolonie die beste Führung hat. Ich habe gehört, dass Gouverneure eine Menge Macht haben, stimmt das? Sie dürfen einem sogar Land zusprechen?«
Rankin zögerte und antwortete dann: »Ja, Land, das niemandem gehört, kann vom Gouverneur übereignet werden.«
»Gut, gut«, sagte Caesar. »Ich habe gehört, dass man eine Menge Land benötigt, um Rindvieh zu züchten und Schafe. Ich bin mir sicher, dass Gouverneur Bligh das ebenfalls weiß.«
»Ein schlaues Tier«, bemerkte Laurence trocken, als Temeraire ihm den Wortwechsel voller Empörung wiedergab. »Ich fürchte, mein Lieber, wir werden dagegen kaum etwas ausrichten können.«
»Laurence«, rief Temeraire entsetzt, »Laurence, du wirst doch wohl nicht glauben, dass er mich besiegen könnte? Wenn er je versuchen sollte, uns irgendwelche Schwierigkeiten zu machen …«
»Wenn es jemals dazu kommen
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