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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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die gegen die Seite eines Schiffes schlugen. Der Wind strich durch die Bäume. Laurence schlief so tief und fest wie lange nicht mehr, erwachte aber trotzdem davon, dass Temeraire verärgert schnaubte und seinen Kopf hob. Iskierka hatte ihm auf den Nacken geklopft.
    »Was ist denn los?«, knurrte er missmutig. »Ich hatte gerade einen so angenehmen Traum, und du musst mich herausreißen.«
    »Es ist keine Zeit zum Schlafen«, sagte Iskierka. »Das dicke Ei ist weg.«

7
    »Mein Lieber«, sagte Laurence und legte Temeraire seine Linke auf ein Vorderbein, um ihn zu trösten und dazu zu bringen, die Ruhe zu bewahren. »Wir können nicht ohne Führer auf gut Glück ins Landesinnere fliegen. Von oben kannst du einen Weg nicht richtig erkennen, und bei den vielen Bäumen in diesem Land kann dir selbst der ungeschickteste Dieb entkommen, indem er sich tagsüber versteckt und nur in der Nacht weiterzieht.«
    »Aber wir können doch nicht hier herumsitzen, während sie das Ei Gott weiß was für einem Schicksal entgegentragen«, beharrte Temeraire, und sein Schwanz peitschte so schnell hin und her, dass Laurence fürchtete, es könnte noch jemand zu Schaden kommen. Zumindest wurde sämtliche Vegetation, die ihm in die Quere kam, zerstört.
    Das verkümmerte, kleine Ei lag einsam in seinem Nest aus getrockneten Blättern und Zweigen, und der leere Platz daneben war wie ein stummer Vorwurf. Die Diebe waren offenbar gezwungen gewesen, sich zwischen der Beute zu entscheiden, und so hatten sie sich das größere Ei des Gelben Schnitters genommen und das kümmerliche zurückgelassen.
    Laurence hatte Temeraire selten so aufbrausend gesehen und Iskierka ebenso wenig, eigentlich nur, wenn er selbst oder Granby bedroht worden waren. Und Laurence hatte den Eindruck, dass die augenblickliche Erregung selbst dieses Gefühl überstieg: Es bedurfte ganz offenkundig der allergrößten Mühen, die beiden Drachen von sofortigen Taten abzuhalten, gleichgültig, wie sinnlos diese auch sein mochten. Iskierka hatte bereits drei Bäume niedergebrannt, nur um ein Ventil für ihr aufgebrachtes Gemüt zu finden.
    »Bitte bedenke«, sagte Granby nachdrücklich, »dass die Diebe größte Sorgfalt im Umgang mit dem Ei walten lassen werden. Sie haben es nicht gestohlen, um ihm irgendwelchen Schaden zuzufügen, sondern sie wollen ganz augenscheinlich einen eigenen Drachen haben.« Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zu Tharkay, der bereits damit begonnen hatte, den Pfad zu untersuchen, und Granby sagte leise zu Laurence: »Was auch immer sie mit einem Drachen wollen – ich habe noch nie von einem einfachen Mann gehört, der irgendwas mit einem Drachen zu tun haben will.«
    »Wenn Tharkays Annahme stimmt«, sagte Laurence, »dann sind das vielleicht gar keine gewöhnlichen Schmuggler. Wenn Napoleon so weit geht, unseren Handel zu untergraben, dann könnten die Diebe auch französische Soldaten sein, die versuchen, Profit rauszuschlagen.«
    »Aber selbst wenn das so wäre: Was wollen sie denn hier mit einem Ei?«, fragte Granby. »Sie können ja wohl nicht beabsichtigen, einen eigenen Stützpunkt zu gründen. Und die Franzosen können doch nicht ernstlich vorhaben, hier eine Kolonie aufzubauen. Dazu muss man nur mal ihre und unsere Flotte vergleichen.«
    »Warum stehlen Piraten Schiffe?«, fragte Tharkay, ohne vom Boden zu ihnen hochzublicken. »Sie müssen ja nicht gleich einen Stützpunkt etablieren, um Verwendung für einen Drachen zu haben. Sie müssen euch nur entkommen und genug Wild erlegen, um das Jungtier zu füttern. Ein gutes, zuverlässiges Mittelgewicht würde ihnen sehr zupasskommen, kann ich mir vorstellen. So ein Drache wäre ein besseres Transportmittel für ihre Waren als ein Maultiergespann und würde keine Spuren auf dem Boden hinterlassen, die verfolgt werden könnten.«
     
    Die wenigen Abdrücke, die Tharkay von den Schmugglern gefunden hatte, führten nach Nordwesten. Das machte ihnen zwar nicht viel Hoffnung, war jedoch Hinweis genug für Temeraire, jede Zurückhaltung
aufzugeben. »Dann lass uns sofort aufbrechen. Was, wenn sie das Ei zur Küste zurück auf ein Schiff bringen? Oder sie könnten es fallen lassen oder dem Drachen sonstwie schaden. Sie sind doch bestimmt keine ausgebildeten Flieger, und sie haben keinen Drachen dabeigehabt. Was, wenn sie den Jungdrachen nach dem Schlüpfen nicht füttern, sondern nur versuchen, ihn anzuketten? Oh! Es gibt tausend entsetzliche Dinge, die ihm genau in diesem Moment widerfahren

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