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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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Ureinwohner, sagten »Bunyip« und schüttelten heftig mit den Köpfen. »Bunyip«, wiederholten sie und kreuzten den Mann mit Nachdruck aus. Dann sagten sie noch eine Menge, und es hätte sich dabei sicherlich um einen ausgezeichneten Rat handeln können, wenn Laurence und die Dolmetscher nur ein einziges Wort begriffen hätten. Als ihnen schließlich auffiel, dass ihre Gegenüber sie verständnislos anstarrten, verfiel der Jüngste ihrer Gruppe darauf, seine Hände wie Klauen neben den Mund zu halten, zu zischen und eine schnappende Geste zu machen. Dann knurrte er, was ihn aussehen ließ, als ahme er im Kinderspiel eine Schreckensgestalt nach. Bei Laurence kamen erste Zweifel an der angebotenen Erklärung auf, denn ganz sicher waren keine Monster durchs Lager geschlichen.
    O’Dea jedoch schien sich mit der Antwort auf seine Frage zufriedenzugeben, und augenscheinlich besänftigt, versuchte er sein Glück noch einmal: Er zeichnete das Ei größer und ergänzte es durch einen Drachen, der mit ausgebreiteten Flügeln herausschlüpfte. Die
Ureinwohner wiederholten ihre Geste in Richtung Nordwesten. Dann klopfte der Älteste dem Jüngsten auf die Schulter, um seine Aufmerksamkeit zu erringen, öffnete den Mund und begann leise und rau, jedoch mit volltönender Stimme zu singen. Die anderen Männer klatschten leise mit, um dem Lied Rhythmus zu geben.
    »Das muss man nicht zu verstehen versuchen«, sagte O’Dea und schaute sich um. »So etwas machen sie hin und wieder, wenn man sie nach Richtungsangaben fragt, aber das sind nur ihre Geschichten über Monster und Götter und die Entstehung der Welt. Das hat nichts zu bedeuten.«
    Als das Lied zu Ende und auch das kleine, qualmende Feuer erloschen war, bückten sich die Männer, um ihre aneinandergebundene Beute aufzuheben und weiter durch das Grasland zu ziehen. Der Jüngste von ihnen trat auf einen anderen Flecken frisch verbrannten Gebietes und griff nach einem Zweig, der an einem Ende noch immer glomm. Laurence hätte gerne probiert, weitere Informationen aus ihm herauszulocken und vielleicht Dorset zu Hilfe zu holen, der sehr gut zeichnen konnte; der hätte versuchen können, mit gelungeneren Darstellungen genauere Fragen zu vermitteln. Aber die Jäger waren der Gesprächsversuche, die ihnen so wenig einbrachten, offenbar überdrüssig geworden, und sie aufzuhalten, hätte nur zu leicht zu der Auseinandersetzung führen können, die die Männer sich vorher ausgemalt hatten.
    »Bunyips«, wiederholte O’Dea Shipley gegenüber mit grimmiger Befriedigung, während sie zurück ins Lager stapften. »Es waren also Bunyips am Werk. Das müssen Menschenfresser sein. Hast du gesehen, wie es den schwarzen Burschen allein bei dem Wort schon geschüttelt hat? Der arme Jack Telly und der arme Jonas. Möge Gott ihren Seelen gnädig sein. Es ist ein furchtbares Ende, im Bauch eines Bunyips zu landen. Sie müssen so etwas wie Tiger sein.«
    Die Geschichte würde sich nach ihrer Rückkehr in Windeseile im Lager herumsprechen, und zweifelsohne würden die Männer
genauso bereitwillig all ihre Ängste auf ein menschenfressendes Monster übertragen wie auf die eingeborenen Jäger. Wahrscheinlich war ihnen die erste Variante sogar lieber, denn das machte die Bedrohung noch heimtückischer. Laurence seufzte und kletterte müde die Düne empor, um Temeraire beruhigend zuzuwinken. Er sollte sich keine Sorgen um ihn machen; doch als er etwas erkennen konnte, bemerkte er, dass Temeraire auf das Ei starrte, das Fellowes eilig aus den Einschlagtüchern befreite.

10
    »Ich würde es begrüßen, Mr. Laurence, wenn Sie endlich diese vollkommen unangemessenen Einmischungsversuche einstellen würden«, sagte Rankin mit eisiger Stimme. »Sie haben weder den Rang noch den Auftrag oder auch nur die richtige Ausbildung, als dass Ihre Meinung hier etwas zur Sache tun würde. Mr. Drewmore, ich gehe davon aus, dass Sie zur Verfügung stehen? Mr. Blincoln, ich denke, Sie sind der danach Dienstälteste, falls es Mr. Drewmore nicht gelingt, den Schlüpfling zu sichern. Sie werden sich ebenfalls bereithalten.«
    »Ja, Sir«, sagte Leutnant Drewmore nach einer kurzen Pause. Es war nicht so, dass er nicht erfreut gewesen wäre, sondern er schien nur langsam zu begreifen, was für eine Gelegenheit sich ihm hier bot. Er war ein Mann von vierzig Jahren, schwerfällig in Körper und Geist, und er hatte kein Fünkchen von Initiative bei irgendetwas gezeigt, soweit Laurence das hatte beobachten können. Das

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