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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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geschwollene Falten, die sich über die Schultern und die Hüftgelenke des Drachenjungen geschoben hatten, als ob der Brustkorb zu weit zusammengeschrumpft und die Haut zu groß dafür wäre.
    Ansonsten war das kleine Ding quälend dünn, und die Knochen an Schultern und Hüften stachen hervor. Das Tier war lang und schmal und hatte sich in der kleinen Schale mehrere Male um sich selbst winden müssen. Offensichtlich hatte das Junge unter diese Enge gelitten, und zittrig rollte es sich nun langsam nach und nach auseinander. Immer mal wieder machte es Pause, um angestrengt und mühevoll Luft zu holen. Laurence erschrak bei dem Anblick. Es hatte kaum die Größe eines unterernährten Hundes.
    »Oh, ich bin so hungrig«, sagte der Schlüpfling mit einer leisen, piepsenden Stimme, die ganz so klang, als ob irgendjemand in ein Schilfrohr geblasen hätte. Doch keiner der Flieger rührte sich. Drewmore und Blincoln traten unruhig von einem Fuß auf den anderen und schauten zu Forthing, der bereits einige Schritte zurück gemacht hatte. Auch sie entfernten sich rückwärts von dem Tier, und eine unbehagliche Stille senkte sich über die Anwesenden.
    »Nun«, sagte Rankin nach einer Pause, »das ist schade. Gentlemen, ich gehe davon aus, dass Sie alle einer Meinung sind? Es gibt ja wohl keinen Offizier, der versuchen möchte, das Tier anzuschirren, oder? Was sagen Sie, Mr. Dorset?«
    Dorset marschierte bereits um den Schlüpfling herum und untersuchte ihn. Gedankenverloren schüttelte er den Kopf. »Ich kann nicht sagen, was die Ursache für diese Missbildungen ist, und ich kann mich auch nicht über die Auswirkungen äußern, ehe ich es nicht seziert habe, natürlich. Das angestrengte Atmen lässt mich auf zu kleine Lungen schließen. Ein wirklich interessanter Fall.«
    Niemand sagte einen Ton. Laurence begriff nicht sofort, was der Drachenarzt hatte mitteilen wollen, doch da drehte sich Rankin schon um und sagte: »Mr. Fellowes, ich glaube, Sie sind unser einziger Geschirrmeister. Ich muss Sie bitten, Ihre Pflicht zu erledigen – Ich fürchte, wir haben keine Gewehre. Ziehen Sie einen Vorschlaghammer oder eine Pistole vor?«
    Temeraire, dachte Laurence, hatte auch nicht verstanden, worüber
gesprochen wurde, und ehe sich das änderte, sagte Laurence mit scharfer Stimme: »Das reicht, Sir. Ich muss mich wundern, dass Sie es wagen, sich Christenmensch zu nennen. Mr. Fellowes, es wird nichts Derartiges geschehen.«
    Rankin wirbelte herum und bellte: »Dass Ihnen die Prinzipien des Korps weitgehend unbekannt sind und dass Sie die wenigen, die sie kennen, verachten, ist keine Überraschung. Dass Sie die Unverfrorenheit haben, sich selbst trotz allem als Autorität aufzuspielen, ist gleichermaßen zu erwarten gewesen. Wie sollten Sie, der Sie das Privileg eines eigenen Drachen unerwartet und unverdientermaßen erhalten haben, die Gefühle eines Fliegers verstehen, der sein ganzes Leben auf diesen Moment gewartet hat? Es ist unsere Pflicht, genauso wie es unsere Pflicht wäre, das Tier anzuschirren, wenn es für den Dienst geeignet wäre. Das ist es jedoch nicht, und es gibt auch nichts, was man für diesen Schlüpfling tun könnte.«
    »Es bleibt trotzdem eine Kreatur Gottes, auch wenn es ihr an Nützlichkeit mangelt«, erwiderte Laurence, »und ich werde nicht zulassen, dass es ermordet wird.«
    »Ziehen Sie es vor, es auszusetzen und allein zu lassen, damit es langsam verendet?«, fragte Rankin. »Ein Drache ist in der Lage, sich selber zu verteidigen, sobald er die Schale verlässt. Glauben Sie ernstlich, dieses Tier wäre dazu fähig, wenn wir es hier unangeschirrt und einsam zurückließen?«
    Das Drachenjunge, das bislang hauptsächlich damit beschäftigt gewesen war, sich selbst auseinanderzurollen, sah sie wachsam und zutiefst verunsichert an. Ungeschickt strich es mit den langen Krallen über den Schwanz, versuchte dann, die Flügel zu spreizen; es gelang ihm, ein bisschen damit zu flattern und Staub aufzuwirbeln. Doch dann unterbrach es seine Anstrengungen und sank wieder flach auf den Boden, wo es keuchend liegen blieb.
    »Oh«, sagte Temeraire traurig zu dem Schlüpfling, »du kannst gar nicht fliegen?«
    »Ich bin mir sicher, ich werde es bald schaffen«, piepste der Kleine. »Ich fühle mich nur noch so steif, und ich habe solchen Hunger.«
    Rankin machte mit der Hand einen Schnitt durch die Luft. »Es wird auf keinen Fall mehr lange leben«, sagte er.
    »Dann«, sagte Laurence, »sollten wir dem armen Tier etwas

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