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Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt

Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt

Titel: Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Ziegenmeyer
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starrte er in zwei vor Wut rotgeränderte Augen.
    „Also: Was habt ihr mit mir angestellt?“
    Nikodemus, von dem abrupten Gesprächsbeginn sichtlich überrumpelt, blickte sie zunächst nur verdattert an. Auguste allerdings hatte weit mehr Zeit gehabt, sich auf diesen Augenblick vorzubereiten, und ließ sich daher nicht beirren. Im Anschluss an ihre Unterredung mit Eulalia war sie noch mehrere Stunden unterwegs gewesen, und eine weitere Nacht im Wald hatte ihre Laune ebenfalls nicht gebessert. Außerdem hatte sie nun genug Zeit damit verbracht, einen Verantwortlichen für ihre Lage zu suchen. Nach falschen Rücksichten stand ihr nicht der Sinn.
    Unterdessen entfalteten die Gedanken des jungen Geistlichen ein recht emsiges Eigenleben. Sein Gewehr hatte er vor Schreck fallengelassen, wofür er sich inständig verwünschte. Die Patrone jedoch hielt er noch in der Hand. Für einen kurzen Augenblick leuchtete in ihm eine Idee auf. Entschlossenheit glomm in seinem Blick. Er sammelte sich kurz und versuchte dann, ihr das Betäubungsprojektil direkt ins Bein zu rammen. Doch die Injektionsnadel verfing sich auf ihrem Weg durch die verschiedenen Schichten der Unterröcke, und Nikodemus erntete eine Ohrfeige, die scharf und in vielfach gebrochenen Echos durch den Wald hallte. Die Röte, die sich daraufhin auf seinem Gesicht zeigte, war ebenfalls bemerkenswert.
    „Ich fürchte, mein Süßer, dafür bleibt uns keine Zeit. Also: Raus mit der Sprache!“
    Mühsam suchte Nikodemus nach Worten, die seine gegenwärtige Lage zumindest nicht verschlimmern würden. Nach einem Moment wurde er fündig.
    „Wir haben dich befreit.“
    „Aha, interessant. Und woraus, wenn ich fragen darf?“
    Der unglückliche Novize konnte sein eigenes Spiegelbild in den funkelnden Augen der Hexe sehen. Die Brauen darüber zogen sich zusammen wie die aufziehenden Sturmwolken eines ganz persönlichen Gewitters.
    „Aus einer natürlichen Stasis.“
    „Aus was?“
    Sein Gesicht nahm einen gequälten Zug an, während ihm der Schweiß über die Stirn lief.
    „Aus einer Kiste. In einer Höhle voll Schwefelgestein, in der du die Jahrhunderte überdauert hast. Schwefel konserviert… magische Elemente.“
    Eine Höhle, soso. Die Worte Eulalias kamen ihr in den Sinn.
    „Und wo ihr mich gerade so schön aufgeweckt habt, hattet ihr nichts Besseres zu tun, als mich mitten im Wald auszusetzen. Einfach so?“
    „Nun…“
    Eine der Augenbrauen begann, sich bedrohlich zu wölben.
    „Ja?“
    „Wir… wir wollten, dass du dir ein Dorf suchst, dass du die Leute in Angst und Schrecken versetzt. Wir wollten, dass du wütend bist.“
    „Herzlichen Glückwunsch“, flötete Auguste, „meine aufrichtige Anerkennung zu einem gelungenen Experiment. Und nun, Priester, musst du mir nur noch sagen, wozu das Ganze gut sein soll. Aus welchem Grund sollte ich die Leute in Angst und Schrecken versetzen?“
    „Damit – damit wir sie dann retten können.“
    Betreten schaute Bruder Nikodemus zu Boden. Dann gab er jeden Widerstand auf und baumelte schlaff an
ihrem ausgestreckten Arm. In den Schilderungen der anderen hatte sich die Sache irgendwie ruhmreicher angehört. Voll mit Glanz und Heldentum.
    „Wenn ich also zusammenfassen darf: Ihr habt mich gefangen genommen, für Jahrhunderte in eine Höhle gesperrt, um mich dann wieder freizusetzen, damit ich die Leute erschrecke. Und anschließend wolltet ihr dann Helden spielen und damit Eindruck schinden, richtig?“
    Bruder Nikodemus starrte trübsinnig auf seine Schuhspitzen.
    „Richtig?“
    Er wusste, dass diese Hexe der Feind war. Alle Leute in der Arche hatten ihm das versichert. Doch still und leise regte sich in ihm der Verdacht, dass sie vielleicht Recht hatte. Zumindest ein bisschen.
    Mit kläglicher Stimme murmelte er ein „Ja“.
    Zu seinem Erstaunen folgte diesem Eingeständnis jedoch keine weitere Beschuldigung. Als er seine Augen wieder zu denen der Hexe hob, blickten sie geradewegs durch ihn hindurch.
    „Feuer“, murmelte sie, und im nächsten Augenblick lag Nikodemus auf dem Rücken. Es dauerte eine Weile, dann bemerkte auch er den feinen Brandgeruch. Er folgte dem Blick der Hexe und sah eine gewaltige Rauchsäule am Horizont aufsteigen. Wie ein dickes, fettiges Kissen breitete sie sich über dem Dach des Waldes aus. Der Schreck war noch immer nicht ganz von dem Novizen gewichen, als er den Rücken der Hexe bereits zwischen den Bäumen verschwinden sah.
    Augustes Lungen pumpten, als sie sich eine gerade Bahn

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