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Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt

Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt

Titel: Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Ziegenmeyer
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Züge des Kardinals gefroren augenblicklich.
    „Fahren Sie fort.“
    „Nach den Ausführungen des Torpostens könnte es sich um unsere erste Probandin handeln.“
    Langsam lehnte de Vendetta sich zurück und legte die Fingerspitzen aneinander. In seinem Mundwinkel erschien ein nachdenkliches Lächeln.
    „Die Hexe? Wie interessant. Außerordentlich interessant. Hören Sie, Donnerhobel: Ich bin im Augenblick leider zu beschäftigt, um mich persönlich darum zu kümmern. Sorgen Sie dafür, dass diese kleine ‚Anomalie’ bereinigt wird. Ich befasse mich dann später mit ihr.“
    Für einen Augenblick meinte der Kardinal im Gesicht seines Assistenten eine Spur Unbehagen zu erkennen. Doch gleich darauf wurde diese Regung vom gewohnten Befehlsgehorsam überdeckt.
    „Sehr wohl, Eminenz. Die Ausgänge wurden bereits verriegelt, und die Suchtrupps sind auf dem Weg.“
    „Ausgezeichnet, Donnerhobel. Ausgezeichnet.“
    Leonardo de Vendetta streckte eine Hand aus, um die Verbindung zu trennen, als sich die Gestalt auf dem Bildschirm noch einmal straffte.
    „Da wäre noch etwas, Herr.“
    Wieder zuckte der Mundwinkel des Kardinals, und diesmal war dort kein Lächeln mehr zu sehen. Er liebte es nicht, wenn Gespräche auf diese Weise verliefen.
    „Es ist vermutlich nicht allzu wichtig, aber der Bruder Archivar möchte Ihnen noch etwas ausrichten lassen.“
    De Vendetta konnte sehen, wie der Blick von Pangasius Donnerhobel aus dem Bereich der Kamera herauswanderte. Vermutlich blickte er auf eine kurze Notiz.
    „Er bat mich, Ihnen zu sagen, dass Bischof Korkenbaum einen Satz Karten ausgeliehen hat, den Sie persönlich in sein Archiv gegeben hätten. Er bedauert, Sie mit dieser Angelegenheit zu belästigen und hofft, dass sein Verhalten kein Problem darstellt.“
    Von einem Augenblick zum anderen war das Gesicht des Kardinals so blank wie ein frisch polierter Spiegel. Seine Stimme klang ruhig und gelassen – doch was sein Assistent am anderen Ende der Leitung nicht sehen konnte, war, wie sich seine Hand um die Lehne des Sessels krampfte.
    „Sagen Sie dem Bruder Archivar, dass ich mit ihm persönlich darüber zu reden gedenke.“
    Leonardo de Vendetta schien innerlich einige Dinge gegeneinander abzuwägen, dann traf er eine Entscheidung.
    „Sagen Sie ihm auch, dass ich in etwa einer halben Stunde bei ihm bin.“
    Bevor die Überraschung noch Zeit genug hatte, das Gesicht seines Assistenten vollständig zu überqueren, trennte de Vendetta die Verbindung und klappte den Monitor des Telefons herab. Seine eben noch hoffnungsvolle Stimmung setzte zu einer rasanten Talfahrt an.

„Kannst du mir eigentlich erklären, was genau wir jetzt vorhaben?“
    Lillys Flügel sirrten hektisch hin und her und verblassten dabei zu silbrigen Schemen. Doch solange ihr Mann wie ein wilder Eber durch das Unterholz brach, ohne sich um irgendetwas zu kümmern, war es trotzdem nicht einfach, ihm zu folgen. Entgegen spontaner Mutmaßungen konnte hohe Geschwindigkeit auch auf dem Luftweg zu erheblichen Problemen führen – zumindest, solange einem beständig Zweige und andere Baumbestandteile in den Weg gerieten.
    Als William auf ihre Frage hin abrupt stehen blieb, knallte sie beinahe gegen ein Bündel Fichtenzapfen. Heftig schnaufend lehnte sich der Kobold gegen einen Pilzstamm.
    „Wir sind das geheime Rettungskommando.“
    Sie starrte ihn an.
    „Das was?“
    „Es muss bei solchen Unternehmen ein geheimes Rettungskommando geben!“, verteidigte er sich, „Ich meine, sonst bliebe von jedwedem kühnen Plan doch nur eine Portion blanker Wahnsinn übrig! Und außerdem: Was würde sonst aus der Dramatik?“

Zacharias Korkenbaum wusste, dass er den Segnungen des modernen Fortschritts oftmals mit instinktivem Misstrauen begegnete. Zuzeiten fragte er sich sogar, ob er dabei nicht vielleicht ein wenig streng war. Gegenwärtig jedenfalls pries er die Früchte dieses Fortschritts mit großer Inbrunst – zumindest, soweit es die Erfindung der elektrischen Taschenlampe betraf.
    Einen kurzen Augenblick lang hatte er den Fehler begangen, sich vorzustellen, wie es wäre, hier unten mit einer Öllaterne oder ähnlichen Gerätschaften herumzukriechen – nur, um sich kurz darauf mit Grausen von dieser Vorstellung abzuwenden.
    Mühsam stapfte er durch Gänge, die vom Echo Myriaden fallender Wassertropfen erfüllt waren. Sein gegenwärtiges sowie intensives Misstrauen galt allen Dingen, die in irgendeiner Weise in der Lage waren, zu flackern. Mit Dunkelheit kam

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