Drachenfluch1: Zauberschmiedekunst (German Edition)
gezwungen hatte, sich gegen die Bindung Callins aufzulehnen. Wiederholt hatte er sich übergeben müssen und sogar das Bewusstsein verloren. Nicht einmal das hatte Yaris aufgehalten.
„Du musst kämpfen, Jiru! Du musst dich so weit wie möglich von deinem Herrn entfernen.“
„Warum?“ Diese einfache Frage hatte er bislang nicht zu stellen gewagt, aus Angst vor Strafe. Mittlerweile war ihm alles gleichgültig.
„Es dient meinen Plänen, Jiru. Solange ich glaube, dass du mir nützlich bist, lass ich dich am Leben, und das willst du doch, nicht wahr? Du willst leben.“
Jiru zögerte. Leben – ja, er wollte leben. Frei und ohne Schmerzen. Yaris hatte ihn an einen Punkt gebracht, an dem er heulend um den Tod betteln wollte, und zu schwach dafür war. Der Zauberschmied schien es zu spüren, denn er ließ mit einem lang gezogenen Fluch von ihm ab und befreite ihn von den Fesseln. Erbärmlich winselnd brach Jiru zusammen, dankbar, liegen zu dürfen. Er hörte, wie Yaris den Raum verließ. Was kam wohl als nächstes? Durfte er endlich sterben?
„Du siehst unzufrieden aus, Vetter.“ Ilajas verkniff sich mühsam jeglichen weiteren Spott. Es wäre unklug, wütend, wie Yaris war.
„Ich wollte ihn soweit wie möglich von seiner Bindung an Callin lösen, damit er eine Chance hat, das Ganze noch einmal zu ertragen. Aber es geht nicht, es schwächt ihn nur an Körper und Geist. Ich muss es also sofort versuchen, ob er bereit ist oder nicht. Wenn es ihn umbringt, nun, dann ist es wohl so. Noch weiter als jetzt kann ich ihn nicht treiben, ohne seinen Verstand zu zerstören, wodurch er bindungsunfähig werden würde.“
„Vielleicht ist sein Verstand das eigentliche Problem bei der Sache, hast du darüber schon nachgedacht, Neffe?“ Uray wies auf den Almanach der Zauberschmiedekunst, der aufgeschlagen vor ihm auf dem Schreibpult lag. Wie immer, wenn sie sich beraten mussten, hatten sie sich in die Bibliothek zurückgezogen. Hier waren sie davor sicher, belauscht zu werden, dafür sorgten magische Siegel, und sie hatten eine gewaltige Sammlung an Wissen zur Hand.
„Wenn sein Verstand zu betäubt ist, sich gegen dich zu wehren, dabei allerdings nicht vollständig ausgeschaltet, sodass er nicht mehr einfachen Befehlen gehorchen kann ...
„Hypnose hab ich längst versucht, der Bindungszauber blockiert mich“, erwiderte Yaris gereizt. „Und Alkohol oder sinnesverwirrende Tränke könnten ihn in heillose Panik versetzen und vollends unbrauchbar machen.“
„Du hörst nicht zu, Yaris, wie üblich.“ Uray drehte das Buch, damit sowohl Ilajas als auch Yaris sehen konnten, welche Seite dort aufgeschlagen war:
„Über die Tränke der Wolllust, ihre Bereitung und Wirkungsdauer.“
„Der will den Kleinen um den Verstand vögeln, damit er gar nicht merkt, dass er noch ’ne Bindung aufgedrückt bekommt. Der körperliche Part wäre damit auch direkt erledigt. Raffiniert und sehr effektiv!“ Hiks klang ernstlich beeindruckt. „Mit so ’nem Trank kann man jeden gefügig machen und es gefällt dem dann noch dermaßen gut, dass er um Nachschlag bettelt! Eine zweite Bindung wird den Jungen wie üblich entweder umbringen oder innerhalb kürzester Zeit zum sabbernden Idioten machen, aber er hat wenigstens vorher noch mal Spaß haben dürfen.“
Angewidert sprang Ilajas auf.
„Alles hat seine natürlichen Grenzen!“, zischte er, „das geht zu weit! Diese Experimente sind seit der Zerschlagung des Zirkels verboten, das allein ist schlimm genug. Ihn jetzt auch noch zu vergewaltigen …“
„Tatsächlich? Dabei ist der körperliche Akt doch sogar ein normaler Bestandteil der Bindung und ein solcher Trank würde dafür sorgen, dass es nicht als Vergewaltigung empfunden wird, sollte die geistige Bindung nicht vollends gelingen“, versetzte Yaris kühl.
„Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun! Ich bin gegen diese Experimente, sie sind nur sinnlose Folter ohne jede Aussicht auf Erfolg. Es ist schon widerlich genug, einen Menschen mit einem Bindungszauber zu versklaven, aber das ist leider nicht verboten. Überlass ihn Callin oder töte ihn, wie die anderen – was immerhin eine Erlösung einer magisch zerstörten Seele ist.“
„Das ist nicht deine Entscheidung, Vetter .“ Die Art, wie Yaris dieses Wort betonte zeigte, dass dessen Geduld erschöpft war. Ilajas musste vorsichtig sein, er wollte nicht für einen todgeweihten Mann die eigene Existenz riskieren.
„Willst du unser Volk nicht vereint sehen?“,
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