Drachenfluch1: Zauberschmiedekunst (German Edition)
bis ihr Körper endlich aufhörte zu krampfen.
„Es ist bloß ein dummes Gewand, Nesri, warum verstört es dich so? Ich kann mir hunderte neue Gewänder kaufen“, flüsterte Callin, als sie endlich ruhig an seiner Brust lag.
„Ich … ich habe es absichtlich getan“, gestand sie wispernd. „Ich konnte nicht anders, es kam über mich!“ Gerne hätte sie gelogen, doch dafür fehlte ihr gerade die Kraft. Nesri wartete auf die Strafe ihres Meisters, aber der betrachtete sie lediglich ernst und streichelte ihr Gesicht.
„Mein Liebling, es war ein Aufbäumen deiner Seele, daran bist du schuldlos“, sagte er schließlich. „Ich vergesse es gerne, dass du mich lediglich unter Zwang liebst. Es ist ein gutes Zeichen, dass du noch immer die Kraft hast, dich dagegen zu wehren und auf diese Weise dein eigenes Ich aufrechterhältst. Gräme dich nicht, wenn ein Loch in einem bisschen Stoff notwendig ist. Damit du einzigartig und wundervoll bleiben kannst, darfst du von mir aus täglich meine Gewänder zerreißen. Du bist das Licht meines Lebens.“ Er gab ihr einen zärtlichen Kuss, den Nesri bis in die Tiefen ihres Inneren spürte. Dieser Mann zerbrach alle Mauern, die sie mühsam um ihre Seele errichtet hatte …
Kilaja lächelte den Botschafter aus den Nordlanden entschuldigend an. „Ich war für einen Moment abwesend mit meinen Gedanken, wenn Ihr wiederholen könntet, was Ihr gerade sagtet?“
Sie verbannte energisch die Angst um ihre jüngste Tochter aus ihrem Herzen. Kilaja hatte gewusst, was sie ihr antun würde. Sie hatte es gewusst, als Nesri damals weinend darum bettelte, die Statue nicht mehr anfassen zu müssen, die Kilaja verzaubert hatte, damit sie ihrem Kind Schmerz bereitete. Nesri musste abgehärtet werden, damit sie fähig sein würde, ihren Meister zu hintergehen. Darum hatte sie das kaum zehnjährige Mädchen dazu gezwungen, festzuhalten, bis sie sich erbrechen musste oder sogar ohnmächtig wurde. Die Schreie hallten noch heute durch ihre Seele … Es war ein Opfer, das eine Matriarchin bringen musste, zum Wohl ihres Volkes. Genauso, wie sie ihre Söhne in die Ferne verheiratet hatte, um günstige Bündnisse einzugehen. Nesri war von Anfang an als Spionin für Callin vorgesehen gewesen. Er kannte das Mädchen nicht, das Kilaja zum Glück nicht ähnlich sah, war für seine Gier nach Schönheit und seine Sehnsucht nach der Heimat seiner Kindertage bekannt. Darum hatte Kilaja ihre Tochter diesem Mann in die Arme geworfen, sobald ihre Visionen ihr zeigten, dass die Zeit dafür reif war. Selbstverständlich war er ihrem Liebreiz erlegen, auch dafür war Nesri ausgebildet worden. Westwindländische Frauen waren wie Katzen: zart, anmutig, unbeugsam, mit langen Krallen und ohne Skrupel beim Morden – und einem ausgeprägten Instinkt für Spiel und Jagd. Callin war chancenlos …
Kilaja wandte ihre Aufmerksamkeit endgültig zurück zum Botschafter, der ihr wortreich zu erklären versuchte, warum Cha’ari die Handelsbeschränkungen lockern musste, mit denen Karsland gestraft war. Es interessierte sie wenig, welche Profite ihr selbst dabei entgingen, aber möglicherweise hatte der Mann recht. Eine Geste des guten Willens würde verhindern, dass sich die anderen Großreiche gegen sie verbündeten.
„Ich werde Eure Vorschläge überdenken“, sagte sie darum und schnitt dem Mann damit das Wort ab. „Eine Verbesserung der Beziehungen unserer Völker ist gewiss von Vorteil für alle.“ Mit einer ungeduldigen Geste schickte sie ihn fort. Ja, sie würde in nächster Zeit einige Änderungen zulassen müssen.
Dennoch hieß es, vorsichtig zu sein. Ließ sie Karsland zu viel Freiheit, könnten demnächst wieder junge, weniger talentierte Zauberschmiedinnen begehrte Trophäen für Sklavenhändler werden, die die ewig gierigen männlichen Magier bedienten. Jetzt, wo die Doppelprägung gelungen war, wurde diese Gefahr noch größer, da Jirus Besitzer die Bedingungen diktieren konnten, unter denen sie dessen Nutzung erlauben würden. Kilaja plante intensiv an den Maßnahmen, mit denen sie die Fäden jederzeit in der Hand behalten würde. Auch wenn Callin sich hier bestens auskannte, er würde es nicht zu seinem Vorteil nutzen dürfen.
Mein Name soll nicht in die Geschichte eingehen als diejenige Matriarchin, die ihr Volk nicht vor der Zerstörung ihrer Kultur schützen konnte … Auf Cha’aris Thron soll niemals ein Mann sitzen!
„Also solltest du vielleicht abdanken und Selbstmord begehen, Liebes, nur dann
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