Drachenfutter
kannst«, entgegnete Aahz. »Es wäre nicht das erste Mal, daß eine Armee herausfand, daß der Feind ihren Kode entschlüsselt hat und irreführende Nachrichten sendet.«
»Aha«, sagte ich intelligent.
»Aber wenn wir gerade von Signalen sprechen. Weißt du noch, was sie gestern übermittelt haben? Sie seien auf >geringen Widerstand< gestoßen.«
»Ich weiß noch.« Ich nickte.
»Nun, es sieht so aus, als sei Claude zu dem Schluß gekommen, er müßte den Einsatz erhöhen, um aus dieser Sache eine Beförderung herausschlagen zu können.
Über Nacht wurden wir zur Bewaffneten Gegenmacht, die mit Waffengewalt niedergeschlagen werden muß. Sauber, wie?«
Ich schluckte schwer.
»Heißt das, daß sie Verstärkung anfahren?« erkundigte ich mich und versuchte, lässig zu klingen.
»Ach wo, Kerlchen!« Aahz zwinkerte mir zu. »Claude hatte alle Hilfsangebote, die von oben kamen, abgelehnt. Er besteht hartnäckig darauf, das mit seiner Kompanie abwickeln zu können.«
»Ich würde sagen, er hat seinen Kopf ein wenig zu weit vorgestreckt«, kommentierte Gus.
»... und wir sind just diejenigen, die ihn ihm abschlagen werden«, nickte Aahz.
»Wo steckt Ajax?« erkundigte ich mich, um das Thema zu wechseln.
»Drunten im Wald, sucht sich die günstigste Stelle zum Schießen aus«, erwiderte Gus. »Mach dir keine Sorgen, Boß. Er ist wach.«
In Wirklichkeit machte ich mir wegen Ajax diesbezüglich nicht die geringsten Sorgen. Vor meinem geistigen Auge sah ich immer noch, wie er sich zornig vor mir aufbaute, als ich ihn in der vergangenen Nacht einen Feigling geschimpft hatte.
»'n Morgen, Jungchen«, rief der Bogenschütze, der nun aus den Büschen auftauchte. »Glaube, habe den richtigen Platz gefunden, um sie alle aufs Korn zu nehmen.«
»Hallo, Ajax«, grüßte ich zurück. »Sag mal . . , hm ... wenn du mal eine Minute Zeit hast, würde ich gerne wegen gestern Abend mit dir reden.«
»Mach dir deswegen keine Gedanken mehr«, versicherte mir Ajax mit einem Grinsen. »Ich hab' ohnehin schon alles vergessen.«
Ein Blitzen in seinen Augen strafte seine Worte Lügen, aber wenn er so tun wollte, als sei nichts geschehen, würde ich es vorläufig dabei belassen.
»Ich störe euch nicht gerne«, unterbrach uns Aahz. »Aber ich glaube, Freund Claude rüstet schon zum Aufbruch.«
Tatsächlich stellte man sich im Feldlager in der Ferne zu Gefechtsformation auf. Die Handkarren wurden beladen und in einer Reihe aufgestellt, während die Begleitmannschaft sich vorn und an den Seiten postierte. Der Signalturm war allem bisherigen Anschein zum Trotz ebenfalls beweglich, und wurde von mehreren schwitzenden Soldaten hinter der Formation hergeschoben.
»Altmodischer Kram!« höhnte Ajax. »Ich sage dir, Jungchen, Militärs sind in allen Dimensionen gleich!«
»Okay, Kerlchen«, sagte Aahz knapp. »Zieh deine Sache durch. Es ist allmählich Zeit, daß wir Aufstellung nehmen. Mit ein paar geistigen Pinselstrichen verwandelte ich die Züge des Wasserspeiers, bis er mein Spiegelbild war.
»Recht ordentlich«, bemerkte Aahz und ließ seinen Blick kritisch zwischen Gus und mir hin- und herschweifen.
Ich ging nochmals ans Werk und verlieh Aahz seine >Dubioser-Typ< -Verkleidung.
»Also, es kann los gehen«, winkte Aahz. »Jetzt wollen wir den Gegner mal ein bißchen durcheinanderbringen!«
Der heutige Plan erforderte, daß Gus mich ersetzte. Die dahinterstehende Logik besagt, daß sein steinerner Leib ihn nicht nur vor Schaden bewahrte, wenn irgend etwas schief ging, sondern Aahz gleichzeitig als Schutzschild diente.
Irgendwie kam es mir nicht recht vor, in relativer Sicherheit zu bleiben, während ich einen anderen nach vorne schickte, meine Risiken auf sich zu nehmen. Mir kam in den Sinn, daß ich vielleicht den falschen einen Feigling genannt hatte, als ich in der vergangenen Nacht mit Ajax sprach.
Doch der Bogenschütze schien die Vorkehrungen widerspruchslos hinzunehmen.
»Komm mit, Jungchen«, krächzte er. »Ich möchte keinen Augenblick versäumen!«
Mit diesen Worten drehte er sich um und tauchte in die Büsche, so daß ich kaum eine andere Wahl hatte, als ihm zu folgen.
Glücklicherweise war der von Ajax gewählte Aussichtspunkt nicht weit. Alt oder nicht, ich fand, daß er ein verdammtes Tempo drauf hatte.
Er spannte seinen Bogen, kauerte sich nieder, wartete und kicherte voller Vorfreude. Während ich mich neben ihm niederließ, nahm ich mir einen Augenblick Zeit, um die Kräftelinien zu überprüfen, die
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