Drachengasse 13, Band 01: Schrecken über Bondingor (German Edition)
über den Dächern von Bondingor ihre ganz eigene Gesellschaft aufgebaut hatten, waren jedenfalls noch nie vorbeigekommen, um Danke zu sagen.
Vom Dach aus war es für Sando ein Kinderspiel, über Dächer und durch Hintergassen zum Fleet zu gelangen. Niemand sah ihn, wenn er so früh am Morgen zur Landungsstelle eilte, und das fand Sando auch gut so. Manchmal wollte er keine Gesellschaft.
Sando erhob sich. Fast eine Stunde war inzwischen vergangen, und er musste langsam zurück. Bald würde Onkel Gump das Frühstück bereiten und sich wundern, wo sein Neffe steckte. Über die Dächer des Hafenviertels trat er den Rückweg an. Er hatte ungefähr die Hälfte des Weges zurückgelegt, als er lauten Hufschlag hörte. Neugierig kroch er zur Dachkante und lugte hinunter.
Sechs Reiter preschten auf ihren Pferden die Fleischergasse hinab. Ihrer Kleidung nach zu urteilen, gehörten sie zur Stadtwache. Sando folgte ihnen mit den Augen – understarrte! Am Ende der Gasse herrschte Aufregung. Ein großes Lagerhaus war über Nacht völlig verwüstet worden. In dem Schindeldach klaffte ein Loch, als habe ein Riese mit seinem Hammer daraufgeschlagen. Und die Reste der breiten Holztür hingen so schief in ihren Angeln, dass ein starker Luftstoß ausgereicht hätte, sie umzuwerfen.
Direkt vor dem Gebäude hielten die Reiter an. Hektisches Fußvolk begrüßte sie. Als Sando unbemerkt über die Dächer näher schlich, erkannte er, dass auch die unberittenen Männer zur Wache gehörten.
„… konnten wir nichts dagegen unternehmen “ , schnappte er erste Satzfetzen ihrer Unterhaltung auf. „Was immer es war, war fort, bevor wir hier auftauchten, Ritter Ronan. Der Nachtfresser … Er muss riesig sein !“
„Und der Zeuge ?“ , knurrte der Ritter zurück, ein groß gewachsener Mann mit Bart.
Der Untergebene schnaubte abfällig. „Ein Trunkenbold, Herr. Gordorr Irgendwas. Der Mann ist zu verängstigt, um zwei zusammenhängende Sätze über die Lippen zu bringen .“
„Soll heißen, seine Aussage hilft uns nicht weiter “ , vermutete Ronan.
„Nein, Herr “ , sagte sein Gegenüber. „Als wir ihn fanden, kauerte er dort hinten neben den leeren Holzkisten und wimmerte etwas von Fleisch gewordenen Schatten. Davon, dass die Nacht auf ihn Jagd gemacht habe .“
Ronan ließ seinen Blick über die verwüstete Halle schweifen. „Ganz falsch scheint er damit nicht zu liegen … Wären wir doch nur schneller gewesen !“
„Was wäre dann gewesen, Hauptmann ?“ , erklang plötzlich eine neue Stimme.
Aus einer Seitengasse kam ein blonder Mann von vielleicht fünfundzwanzig Jahren. Er trug edle Kleidung und saß auf einem prachtvollen Schimmel. Ihm folgten fünf ebenfalls berittene Soldaten, deren Rüstungen im Licht der Morgensonne golden glänzten. Es war die Leibgarde des Barons. Also musste der Mann Feylor von Garsting sein, der Stadtmarschall von Bondingor.
„Was hättet Ihr unternommen, wärt Ihr früher am Ort des Geschehens gewesen ?“ , fuhr er fort. „Ihr jagt den Dämon seit Tagen erfolglos! Glaubt Ihr wirklich, Eure Truppe von Stümpern hätte einem Ungetüm wie diesem etwas entgegenzusetzen? Pah! Es hätte euch bei lebendigem Leibe geröstet !“
„Stadtmarschall, es gibt keine Hinweise, dass der Nachtfresser Feuer … “ , wollte Ronan einwenden.
Doch Feylor von Garsting fiel ihm ins Wort. „Bedaure, Hauptmann, aber ich werde mich ab jetzt selbst um diese Angelegenheit kümmern. Erst suchte das Monstrum nur das Vielvölkerviertel heim, jetzt das Hafenviertel. Wo soll das hinführen? Die Bewohner Bondingors schweben in Gefahr, solange dieses Vieh frei wütet, und Ihr habt zweifelsohne bewiesen, dass Ihr nicht in der Lage seid, sie zu beschützen .“
Feylor war von adligem Geblüt und der Neffe des Barons, wusste Sando. Was er bis heute nicht gewusst hatte, war, wie arrogant der Bursche auftrat.
„Was habt Ihr im Sinn, Herr ?“ , fragte Ronan. Er wirkte wütend, aber er konnte nichts tun. Der Stadtmarschall hatte hier das Sagen.
„Was ich von Anfang an hätte tun sollen “ , gab Feylor ungehalten zurück. Er warf dem Hauptmann einen Blick zu, der Sando noch in der Deckung seines Dachverstecks frösteln ließ. „Ich werde nach Männern schicken lassen, die sich auf die Aufgabe verstehen , ein Monster zu fangen. Es wird höchste Zeit .“ Er zwinkerte spöttisch. „Findet Ihr nicht, Hauptmann ?“
Kapitel 5
Treffen in der Drachengasse
Das Frühstück im Hause Wiesenstein wurde in bedrücktem
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