Drachengasse 13, Band 04
hierhergelaufen? Suchst du vielleicht Tomrin?“
Fleck begriff wenig von dem, was sie sagte, doch Tomrins Namen verstand er sofort. Er wackelte mit dem Kopf und quäkte aufgeregt.
„Du suchst Tomrin!“ Lisehras Gesicht verdüsterte sich, und sie schüttelte den Kopf. „Das tut mir leid, Fleck, aber Tomrin ist nicht da. Er ist heute Morgen schon ganz früh fortgegangen. Ich weiß nicht, wohin.“
Das sah nicht gut aus. Fleck hatte sich ganz umsonst auf den Weg gemacht. Nun, fast umsonst. Immerhin hatte er etwas zu essen gefunden.
„Na, Fleck, noch ein bisschen Braten?“ Lisehra hielt ihm das Fleisch hin.
Der Jungdrache schnappte es sich und kaute genüsslich darauf herum. Wo war Tomrin, wenn nicht hier? Meistens waren sie alle zusammen in der Drachengasse 13. Am besten versuchte er dort als Nächstes sein Glück.
Die Kutsche mit den Flugdrachen! Kam die nicht aus der Drachengasse? Wenn er also dorthin wollte, musste er an Bord sein, wenn sie zurückfuhr.
Mit einem Satz sprang Fleck auf.
„He, was ist denn auf einmal?“, entfuhr es Lisehra, die gerade einen Apfel in die Hand genommen hatte – vielleicht, um ihn weiter zu füttern.
Doch Fleck hatte keine Zeit mehr. Er schnappte sich den Apfel, quäkte einen raschen Abschiedsgruß und hetzte nach draußen.
Keine Sekunde zu früh. Draußen auf dem Hof wurden soeben die Käfige geschlossen, in denen zwei sechsbeinige Spürechsen hockten, deren Schnauzen so dick, rot und aufgequollen waren wie die Nasen der Zauberer in der Universität, wenn sie zu viel getrunken hatten. Im nächsten Moment ließ der Kutscher seine Zügel knallen, und das Gefährt setzte sich in Bewegung.
Fleck jagte über den Burghof, vorbei an einem verdutzten Stallburschen und zwei Soldaten. Kurz vor dem Tor hatte er die Kutsche eingeholt und sprang auf. Dann rumpelten sie auch schon aus der Festung hinaus und die Torstraße hinunter Richtung Altstadt.
Glukk war zutiefst unzufrieden. Der alte Wasserspeier mit dem Froschgesicht, der an der Hinterhofmauer der Drachengasse 13 thronte, hatte ja schon einiges erlebt, seit die drei Bälger und ihre halbe Portion von einem Drachen hier eingezogen waren. Aber das ging eindeutig zu weit.
Was hatte er denn getan? Na gut, er hatte sich ein bisschen beschwert, als die drei am Morgen in aller Herrgottsfrühe aufgetaucht waren und ihn aus seiner wohlverdienten Nachtruhe gerissen hatten. Womöglich war er sogar etwas beleidigend geworden. Aber der gestrige Tag voller Starkregen hatte ihm wirklich alles abverlangt, und auch ein Wasserspeier liebte seine acht Stunden Schlaf.
Und dann das! Die drei verzogenen Rotzgören hatten eine Räuberleiter gemacht und ihm einfach ein dreckiges Stück Stoff in das breite Maul gesteckt. Dann hatten sie es mit einem anderen, nicht weniger dreckigen Stück Stoff festgebunden, damit er es nicht ausspucken konnte.
War ihnen klar, was sie damit anrichteten? Wenn es jetzt wieder zur regnen anfing, drohte er elendig zu ertrinken. Das Wasser würde ihm aus den Ohren und den Nasenlöchern quellen – wenn er Glück hatte. Diese kleinen Ungeheuer, diese Mörderbande! Und jetzt saßen sie drüben in ihrem unsichtbaren Haus und heckten irgendeine weitere Teufelei aus.
Glukk ruckelte an dem Mauerwerk, an dem er hing, aber natürlich konnte er keinen seiner Arme lösen, um sich den Knebel aus dem Mund zu ziehen. Er war schließlich ein Wasserspeier, kein Schlangenmensch.
Auf einmal nahm er unten im Hof eine Bewegung wahr. Er schaute genauer hin und bemerkte Fleck, der allein und seltsam verloren aus dem Gang zwischen den Häusern 11 und 15 auftauchte.
„Hmhm“, versuchte Glukk, ihn auf sich aufmerksam zu machen.
Der Jungdrache hielt inne und legte den Kopf schief. Eines seiner Ohren zitterte.
„Hmhm, Hmhm!“, brüllte Glukk aus Leibeskräften, wobei er ungefähr so laut war wie jemand, der eine zu heiße Kartoffel in den Mund genommen hat.
Doch das genügte. Fleck kam angelaufen, schaute zu ihm hoch und hopste aufgeregt auf und ab.
Dummes Schuppenvieh! , dachte Glukk mürrisch. Du sollst nicht rumspringen, sondern mir helfen. Allerdings musste er zugeben, dass er selbst nicht wusste, wie Fleck das mit seinen verkrüppelten Flügeln anstellen sollte.
„Was’n hier los?“, ertönte plötzlich eine Stimme.
Der Wasserspeier schloss die Augen. Auch das noch. Die Koboldsippe, die auf dem Dach nebenan hauste, hatte ihn in seiner misslichen Lage entdeckt. Das konnte ja lustig werden …
„Hm Hmhm Hmhm Hm Hmhmhm“,
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