Drachengasse 13, Band 04
versuchte Glukk zu erklären, was geschehen war.
„Die Kinner ham dich gekneblt?“, wiederholte der Kobold ungläubig, während er behände um Glukk herumturnte, bis er in dessen Sichtfeld auftauchte. Es handelte sich um Scharrls Luhzerrey Grott, und der war – in Glukks Augen – ein elender Stinkstiefel. „Das glaubste doch selbs nich“, verkündete Grott, nachdem er sich auf die breite Nase des hilflosen Wasserspeiers gehockt hatte. „Die Menschenbalgs sinn zwar Störenfriede, aber das würdnse nich machen, würdnse nich.“
„Hmhm Hm Hm“, beharrte Glukk. Er musste schielen, um den kaum zwei Handbreit großen Kobold mit der wilden braunen Mähne richtig sehen zu können. Ein zerschlissener grauer Rattenfellmantel schlackerte um Grotts magere Gestalt, und er trug einen absurd breitkrempigen Hut mit einer schwarzen Amselfeder daran.
„Na schön, na schön. Kein Grund, sich so aufzuregn. Also, war nett, ma wieda mit dir zu redn. Warst heut bisschen still, nich? Macht nix. Gefällst mir bessa so.“ Er grinste gehässig. „Bis bald.“
„Hmhmhmhm!“,schrieGlukkverzweifelt,undzuseinerÜberraschungstießauchFleckeinflehendesWinselnaus.
Der Kobold warf einen Blick nach unten zu dem Jungdrachen. Dann seufzte er übertrieben. „Iss ja gut. Soll keiner Grott nachsagn, er wärn Tierquäler. Das isser nämlich nich, jawollja.“ Mit flinken Fingern löste er den Knebel, sodass Glukk ihn ausspucken konnte.
„Das wurde aber auch Zeit“, murrte der Wasserspeier finster.
„Was sacht man?“, fragte Grott beleidigt.
„Hä?“
„Was sacht man?“
Endlich begriff der Wasserspeier, worauf der Kobold hinauswollte. „Danke“, quetschte er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor.
Grott tätschelte seine steinerne Nase. „Schon bessa.“ Er hüpfte von Glukk herunter und ließ sich neben ihm auf einem Mauervorsprung nieder. „Und nu sach ma: Was iss hier passiert?“
Mit gedämpfter Stimme berichtete Glukk von den Vorfällen am frühen Morgen. „Irgendetwas stimmt ganz und gar nicht“, schloss er nach ein paar Minuten. „Denn du hast recht. Die Menschenbälger sorgen zwar gelegentlich dafür, dass einem das Regenwasser im Hut überkocht, aber wirklich gemein waren sie noch nie. Ich sage dir: Da geht Böses vor sich, unten in der Drachengasse 13.“
„Böses“, wiederholte Grott mit gewichtiger Miene. „Aha, soso. Das schau ich mir ma an.“ Sprach’s und sprang von der Mauer zu Fleck hinunter.
So ganz hatte Fleck nicht begriffen, was dort oben vor sich gegangen war. Aber immerhin verstand er, dass Glukk sich über irgendetwas ärgerte. Und offenbar hatte es mit Hanissa, Tomrin und Sando zu tun.
Was war mit den dreien nur los? Erst der Überfall auf den alten Zauberer, jetzt das mit Glukk. Was kam als Nächstes? Ratlos stapfte er hinter dem Kobold Grott her, der verstohlen und zugleich flink wie ein Wiesel auf das unsichtbare Haus zuflitzte. Er wusste offenbar genau, wo es lag.
„Als Nächstes brauchen wir mächtige Verbündete für unsere Sache hier in Bondingor“, vernahm Fleck auf einmal Hanissas Stimme. Gedämpft drang sie durch die blau-weiße Stoffplane, unter der das Eingangsfenster zur Drachengasse 13 lag.
Grott legte die Finger an die Lippen und bedeutete Fleck, sich hinter einem alten Holzfass zu verstecken. Der Kobold selbst verschwand unter dem Stoff.
„Ich hätte schon ein paar Ideen, wer sich eignen könnte, unserer Sache zu dienen.“ Das klang nach Tomrin.
„Ich nehme an, wir denken alle an die gleichen Personen“, meldete sich nun auch Sando zu Wort.
„Genau“, sagte Hanissa. „Damit stehen unsere nächsten Opfer fest.“ Das Mädchen lachte, aber es war ein kaltherziges Geräusch. „Ich freue mich schon auf die nächsten Wochen. Erst wird Bondingor erobert, dann Mintaria und dann … die ganze Welt!“
„Also los“, rief Tomrin eifrig. „Wir wollen nicht länger warten.“
„Was machen wir mit den Kindern im Keller?“, fragte Sando. „Soll ich mich um sie … kümmern?“
„Idiot!“, zischte Hanissa. „Wage es ja nicht. Du weißt doch, dass wir sie brauchen, um zu überleben. Wenn sie sterben, verschwinden wir auch. Wir sind schließlich nur ihre Spiegelbilder.“
„Also müssen wir uns sogar um sie kümmern“, fügte Tomrin hinzu. „Nur auf andere Weise, als es dir vorschwebt: Früher oder später brauchen sie etwas zu essen und zu trinken. Aber nicht jetzt. Zuerst das Vergnügen, dann die Arbeit, sage ich.“
Hanissa kicherte. „Ganz meine
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