Drachengasse 13, Band 04
bevor das Erdgeschoss unter ihr verschwand. „Der Sessel ist eine Leihgabe von den Magistern der Universität. Frag mich nicht, wie der Zauber wirkt, aber er tut es.“
Der Sessel wackelte und schwankte ganz schön! Hanissa kam es vor, als befände sie sich auf stürmischer See. Nach wenigen Augenblicken endete die unglaubliche Fahrt, und der Sessel hielt im zweiten Stockwerk des Gebäudes.
„D…Danke“, murmelte Hanissa und beeilte sich, von ihm herunterzuklettern.
Dannsahsiesichum.DerGang,indemsiesichbefand,warebensolangwielang weilig .InkerzengeraderReihefolgteTüranTür,undallesahengleichaus.BodenundWändedesGangeswarenmakellossauber,undnebenjederTürstandeneinigeHockerausHolz.HierunddasaßenLeuteaufihnenundwartetendarauf,indieentsprechendenZimmervorgelassenzuwerden.HanissaerblickteElfen, Zwerge, Menschen und sogar eine Gnorkelsippe.
Nach wenigen Schritten erreichte Hanissa eine Tür mit der Aufschrift 29 a. Sie klopfte, aber zunächst rührte sich nichts. Erst beim zweiten Klopfen erklang eine Stimme auf der anderen Seite – eine ziemlich brummige. „Härrrein!“
Zögernd öffnete sie die Tür – und sah sich zu ihrer Überraschung abermals dem Troll gegenüber. Qualbringer stand schweißgebadet inmitten eines Gewirrs aus Schränken, Regalen und Kisten voller Schriftrollen.
„Willkommn … imamt … fürgrunn … Grunnunnbohnanglehnheitn“, stieß er keuchend hervor. Der Versuch eines Lächelns scheiterte – diesmal aber an seiner Erschöpfung.
„Äh“, machte Hanissa. „Wie seid Ihr … “
Der Troll stützte sich mit einer Bratpfannenhand an einem Regal ab und deutete mit der anderen nach rechts. Dort stand eine Tür offen, die in den Nebenraum führte. Dahinter gab es noch eine Tür und noch eine. „Gerannt“, sagte er. „Trepp…Treppnhaus.“
„Moment mal. Ihr seid zu Fuß hier hochgerannt? Warum das denn?“
„Perso…nalmangel“, antwortete der Troll gewohnt knapp. Allmählich kam er wieder zu Atem. „Kanniwasfürch tun !“
„Die Unterlagen zur Drachengasse, bitte.“
Qualbringer nickte in Richtung eines besonders klobigen Schranks nahe dem Fenster. Dann sah er zur Tür. „Allesgut? Mussweiter. Heute Empfangsdienst.“
Hanissa nickte nur. Sichtlich erleichtert wandte sich der Troll ab und lief den Weg zurück, den er gekommen war.
Es war Hanissa gar nicht unrecht, das Archiv für sich zu haben. Immerhin wollte sie um jeden Preis vermeiden, dass das Geheimnis um die Drachengasse 13 gelüftet wurde. Bondingor hatte ihr Versteck längst vergessen, und das durfte gern so bleiben.
Nach etwa einer halben Stunde fand sie endlich, wonach sie suchte: eine vergilbte Kladde mit der Aufschrift „Drachengasse“. Das Ding sah aus, als hätte es seit Jahrzehnten niemand aufgemacht. Hanissa blätterte sie durch und stieß tatsächlich auf die gewünschte Auskunft.
„Drachengasse 13“ stand da. „Eigentümer: Questrik.“
Irgendwie war sie enttäuscht. Nach all dem Wirrwarr hatte sie gehofft, mehr als nur einen Namen zu erfahren, der ihr nichts sagte. Aber es würde fürs Erste genügen müssen. Sorgfältig verstaute sie die Kladde wieder. Nur das Blatt über die Drachengasse 13 nahm sie an sich und versteckte es in ihrer Kleidung.
Erst als sie die Treppe suchte, über die Qualbringer nach oben gelangt war, begriff sie, dass sie gerade ein offizielles Dokument gestohlen hatte. Sando, Sando , dachte sie mit schlechtem Gewissen, allmählich färbst du auf mich ab …
Kapitel 6
Zum Tafeleck
Fleck hatte mal wieder Hunger. In der Magischen Universität hatte es so gut nach Mittagessen gerochen, als er mit Hanissa dort herumgelaufen war. Leider hatten sie keine Zeit gehabt, einen Abstecher in die Küche zu machen. Dabei hielt Hanissas Mutter immer ein paar kleine Leckereien für Fleck bereit. Stattdessen waren sie hinunter in die Stadt und mitten über den Marktplatz gelaufen, wo es abermals ganz wundervoll geduftet hatte, diesmal nach frischem Brot, Fleisch und Gemüse. Wimmernd hatte Fleck Hanissa auf seinen knurrenden Drachenmagen aufmerksam machen wollen. Doch statt anzuhalten und an einem der Marktstände einen kandierten Apfel oder ein gebratenes Huhn für ihn zu kaufen, war sie zielstrebig wieder in das Gewirr aus kleinen Straßen und Gässchen eingetaucht, aus dem die Altstadt rund um den Marktplatz bestand.
Es hatte Hanissa zu einem hässlichen Klotz von einem Bauwerk gezogen. Am Eingang hatte sie Fleck zurückgelassen, nicht ohne ihm vorher einzuschärfen, keinen
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