Drachengasse 13, Band 04
vorsichtig.
„Mein Name ist Questrik. Ritter Fleck hat mich gerufen.“
„Questrik?“, entfuhr es Hanissa.
„ Ritter Fleck?“, fragte Sando beinahe gleichzeitig.
TomrinhobdieHandzurKlinke,dochdannzögerteer.Einerseitsspracheinigesdafür,dassderManndortdraußenderjenigewar,dererzuseinbehauptete.WersonstsolltedieStellederunsichtbarenTürinderebensounsichtbarenHauswandkennen?UndwarumsolltesichjemandausgerechnetalsQuestrikvors tellen? Außer Hanissa, Sando und Tomr inwusstedochniemandmehr,wemdieDrachengasse13eigentlichgehörte.NiemandaußerQuestrikselbst … Andererseitswaressounwahrscheinlich,dassderMann,nachdemsiesoeifriggesuchthattenundderseitJahrenalsverschwundengalt,genaujetztauftauchte.Irgendetwasdaran musste faulsein.
Durch die Tür war ein lauter Seufzer zu hören. „Zum Kuckuck, nun seid nicht so misstrauisch. Ich bin es wirklich. In der Truhe in meinem Arbeitszimmer im ersten Stock befinden sich Bücher in elfischer Schrift. Im Keller vorne links stehen zwei Regale voll mit eingelegten Apfelkirschen. Und im Schrank im Schlafzimmer ist ein doppelter Boden.“
Tomrin und Sando tauschten einen erstaunten Blick aus. Von dem doppelten Boden hatten sie noch gar nichts gewusst.
Hanissa trat neben Tomrin. „Nun öffne schon“, forderte sie ihn auf.
Er tat es.
„Ah, prächtig, vielen Dank.“ Mit selbstbewussten Schritten trat der angebliche Questrik ein. Er trug Wanderstiefel, dunkelgrüne Beinkleider und ein helles Hemd unter einem ärmellosen Wams. An seinem Ledergürtel war eine Tasche befestigt, und eine zweite hatte er über die Schulter geschlungen. Auf dem Kopf des Mannes saß ein breitkrempiger Filzhut, an dem eine graue Feder steckte. In der rechten Hand hielt er einen langen Wanderstab, dessen geschnitzter Kopf an den Schädel eines Drachen erinnerte. Sein Gesicht war blass, und seine Augen wurden von einem grauen Tuch verhüllt.
Ist der blind? ,fragte sich Tomrin. Wenn ja, musste er über andere Möglichkeiten verfügen, seine Umgebung wahrzunehmen, denn ohne zu zögern wandte sich der Fremde den drei Freunden zu, lüftete den Hut und machte eine Verbeugung.
„Questrik mein Name, willkommen in meinem Heim.“
„Seltsam“, murmelte Sando. „Ich dachte immer, das sagt man zu jemandem, der eintritt.“
Questrik grinste. „Für gewöhnlich würde ich dir recht geben, mein junger Freund, aber in diesem Fall ist es doch etwas anders. Mir gehört das Haus, und ihr habt euch nur eingenistet.“ Er hob eine Hand. „Keine Sorge, ich bin nicht hier, um euch zu verjagen. Ich freue mich immer über Gäste. Und genau genommen bin ich ja auch nicht sonderlich oft hier – also, wen kümmert’s?“
Hanissa räusperte sich. „Verzeiht die Frage, Herr Questrik, aber wo kommt Ihr auf einmal her? Und wieso nennt Ihr Fleck einen Ritter?“
Questrik machte ein verwirrtes Gesicht. „Sollte ich nicht?“ Er deutete auf Fleck, der mit aufgeregt klopfendem Schwanz vor ihm saß. „Er stellte sich mir als Ritter des Tafelecks vor, als er mich durch den Ydnah rief.“
„ Was hat er gemacht?“, wollte Tomrin wissen, der rein gar nichts verstand. Entweder war der Bursche vollkommen verrückt, oder hier gingen sehr seltsame Dinge vor sich.
„Er rief mich durch den Ydnah“, wiederholte Questrik und deutete mit seinem Wanderstab auf die Kristallkugel, die Hanissa noch immer in der Hand hielt.
Das Mädchen hob sie neugierig in die Höhe. „Was ist ein Ydnah?“
„Ein … äh … seltener magischer Gegenstand. Man kann mit ihm Verbindungen zu anderen Ydnahs herstellen. Mit manchen von ihnen kann man jeden beliebigen Ydnah anwählen, andere sind fest mit einem einzigen Gegenstück verbunden. So wie der, mit dem Ritter Fleck mich im Tafeleck rief.“ Questrik runzelte die Stirn. „Aber sagt mal: Wieso wisst ihr das alles nicht? Haben eure Eltern euch noch nicht in die Bedeutung des Ydnahs eingeweiht? Und falls nicht, warum habt ihr ihn dann?“
Sando hüstelte.
„Ich fürchte, das ist alles ein großes Missverständnis“, erklärte Hanissa. „Wir haben mit Eurem Ydnah und diesem Tafeleck überhaupt nichts zu tun. Fleck ist auch kein Ritter, sondern nur unser kleiner Drache. Er muss weggelaufen sein, während ich im Stadtregister war, und die Kristallkugel zufällig gefunden haben. Ist Euer Tafeleck zufällig eine Schenke?“
Der Mann zögerte verwirrt. „Nun, ja.“
„Dann hat Fleck Euren Ydnah wohl entdeckt, als er nach etwas Essbarem suchte. Und weil er so schön leuchtete, wollte er ihn
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