Drachengasse 13, Band 04
Fenster am nächsten. „Die Plane!“
Im Nu war Tomrin am Fenster, schwang die Beine über das Sims und schlug die Stoffplane zurück. Darauf hatte der von Hanissa entfachte Magiesturm nur gewartet. Kaum war der Weg nach draußen frei, erfasste der Wind die beiden Geisterwesen und blies sie auf den Hinterhof.
„Schnell, hinterher“, rief Sando, lief zum Fenster und folgte Tomrin ins Freie. Hanissa eilte ihnen nach.
Der Sturm toste über den Hof. Die Geister waren schon ans andere Ende geweht worden, als Hanissa einfiel, dass sie besser nicht die Drachengasse erreichen sollten. Dort würden die Bewohner Bondingors sie sehen und herausfinden wollen, woher sie kamen. Dann würde es im Hof vor Neugierigen wimmeln.
Schnell schlug sie Huiburs Buch wieder auf. Sie hatte es mit nach draußen genommen, denn mächtige Sofort-Magie wie diese gelang nur, wenn man das passende Buch bei sich trug. Und keine Fehler machte.
„Wand aus Licht und Wand aus Feuer“, sagte sie, „Wand für Spuk und Ungeheuer, bring die zwei in deinen Bann, denn sie haben Leid getan.“
Zu ihrer eigenen Überraschung entstand umgehend eine Kuppel aus waberndem Licht über den geschwächten Geistern. Sie schloss die bösen Wesen vollends ein und raubte ihnen jegliche Fluchtmöglichkeit. Kaum saßen die Söldner fest, verging der Magiesturm so schnell, wie er gekommen war.
Ruhe kehrte wieder ein. Selbst das Zetern der Geister war nicht länger zu hören. Fleck kam hinter einem Müllberg hervorgesprungen und lief auf seine Freunde zu.
„Bist du sicher, dass die da drin bleiben?“, fragte Tomrin leise. Er klang nahezu ehrfürchtig.
„Keine Ahnung“, antwortete Hanissa ehrlich. Ihr war ein wenig mulmig zumute. Nie zuvor hatte sie einen solchen Kampf ausgefochten. „Bis eben wusste ich nicht einmal, dass der Spruch tatsächlich wirkt.“
Sando nickte grimmig. „Er tut es im Augenblick – und das allein zählt.“
Kapitel 8
Begegnung mit der Vergangenheit
„Also, ich weiß nicht, wie ihr das seht, aber in meinen Augen wollen diese Spiegler Krieg.“ Ächzend ließ sich Sando auf einen der Stühle in der Wohnstube fallen und schob ein paar von Hanissas Tiegeln zur Seite, um die Arme auf den Tisch legen zu können.
„Mit Sicherheit haben sie nicht vor, uns auf eine Erdbeerbrause in der Brandung einzuladen“, pflichtete Tomrin ihm bei, während er sich mit schmerzerfüllter Miene auf dem Nachbarstuhl niederließ. Er fasste sich an seine blutende Stirn. „Elende Drachenkacke.“ Diese Geister hatten ihn böse erwischt.
„Lass das“, ermahnte ihn Hanissa. „Deine Hände sind schmutzig. Nicht in die Wunde greifen.“ Sie legte Geister bannen mit Magister Huibur auf den Tisch und ging zur Kochnische hinüber. Dort hatten die Freunde immer einen Eimer Wasser stehen, das sie am Brunnen drei Häuser weiter holten. Obwohl auch Hanissa vom Kampf gegen die Geistersöldner völlig verdreckt war und in ihrem blassvioletten Rock ein hässlicher Riss klaffte, schien sie doch weniger abbekommen zu haben als die beiden Jungen. Oder sie war noch härter im Nehmen, als Tomrin gedacht hätte.
Hanissa nahm den Eimer und tauchte ein Taschentuch hinein, das sie zuvor aus ihrer Umhängetasche geholt hatte. Dann kam sie zu Tomrin herüber. „Nicht bewegen. Ich will die Wunde reinigen.“
Der Hauptmannssohn verzog das Gesicht, als sie energisch zu Werke ging. „Autsch, das brennt“, beschwerte er sich.
„Und mit der Sternrosenessenz wird es gleich noch mehr brennen“, erwiderte Hanissa. „Da musst du jetzt einfach durch.“ Sie wusch das Tuch aus und suchte sich aus den in einer Holzkiste stehenden Fläschchen, in denen sie ihre Zauberflüssigkeiten aufbewahrte, das richtige heraus. Nachdem sie ein paar Tropfen der farblosen Tinktur auf das feuchte Tuch geträufelt hatte, reichte sie es Tomrin. „Press das ein paar Minuten auf die Wunde. Das sollte helfen.“
Er tat, wie ihm geheißen. Tatsächlich brannte die Medizin auf seiner Stirn wie ein Heuschober, in den ein Feuer speiender Drache hineingehustet hatte. „Also schön“, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Wo wurden wir vor dem Angriff der Geister eben unterbrochen?“
„Nissawollteunsberichten,wassieherausgefundenhat“,brummteSando.„NachdemunserTagbisherjanichtsonderlicherfolgreichwar.“Eswurmteihn,dasssiedenSpieglernbisjetztimmernurhinterhergelaufenwaren,ohneihnendabeiauchnureinenSchrittnäherzukommen.
Tomrin ging es nicht anders.
Seufzend ließ sich
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