Drachengasse 13, Band 04
auffordernd.
Sando schien zu begreifen. „Freunde, denkt ihr, was ich denke?“
Jetzt hellte sich auch Tomrins Miene auf. „Hintereingang“, sagte er.
Sando nickte, und die drei liefen los.
„Aber was soll uns das bringen“, fragte Hanissa, „wenn der Wirt nicht da ist?“
„Der Kerl in der Schenke hat nicht gesagt, dass er nicht da ist“, warf Tomrin ein. „Er sagte nur, dass er freihat.“ Er grinste vielsagend.
Hanissa seufzte. „Na schön. Vielleicht finden wir ja Hinweise darauf, wo sich die Ritter aufhalten.“
Verstohlen folgten die drei Fleck in die Gasse, die sie zu einem kleinen Hinterhof führte. Ordentlich gestapelte Kisten und Fässer zeugten davon, dass der Hof als Lager benutzt wurde. Einige Schritt entfernt befand sich eine Tür in der Rückwand eines Hauses, die der Hintereingang zur Schenke sein musste. Daneben entdeckten sie ein schmutziges Fenster, das nur angelehnt war. Männerstimmen drangen ins Freie.
„… erkläre ich hiermit das heutige Zusammentreffen für eröffnet“, verkündete soeben jemand feierlich.
„Ein Zusammentreffen?“, flüsterte Tomrin. „Das klingt interessant.“
Fleck lief zur Tür hinüber und setzte sich davor. Eifrig klopfte er mit dem Schwanz auf den Boden.
Hanissa schüttelte den Kopf und bedeutete ihm mit einer Geste, herzukommen. Dann duckte sie sich mit Sando und Tomrin in den Schatten der Hauswand, und sie krochen zusammen mit Fleck vorsichtig zum Fenster, um besser hören zu können.
„Kommen wir zum ersten Punkt unserer Tagesordnung“, sagte der Wortführer im Zimmer. „Wer von den Herren möchte beginnen? Kollin? Peddi? Herr Qualbringer?“
Qualbringer? Hanissa stutzte. Hatte sie sich verhört? Das war doch dieser Troll aus dem Stadtregister. Neugierig hob sie den Kopf, um einen Blick durch den Fensterspalt zu werfen.
Sie sah drei halbkreisförmig angeordnete Lehnstühle, neben denen kleine Tische standen. An der Wand hinter den Stühlen hingen Ritterschilde. Und dem Geräusch von knackendem Holz nach zu urteilen, musste es einen Kamin im Raum geben.
Auf einem der drei Stühle fläzte sich ein Zwerg. Seine klobigen Stiefel lagen auf einem Fußbrettchen, und der breite Gürtel um seinen Leib schien alle Mühe zu haben, seinen beachtlichen Bauch zurückzuhalten, auf dem er einen Krug Bier abgestellt hatte. Sein prächtiger rostroter Bart war zu zwei dicken Zöpfen geflochten. Der Zwerg blickte so mürrisch drein, als sei das Treffen für ihn nur eine lästige Pflicht.
Auf dem zweiten Stuhl saß ein Elf. Er war groß und schlank und trug ein edles graublaues Gewand, dessen Farbe allerdings verblasst war. Blass war auch das Gesicht des Elfen, das von langem, blondem Haar umrahmt wurdeund auf dem ein Ausdruck gepflegter Langeweile lag.
Der einzige Anwesende, der voll bei der Sache zu sein schien, war ein Mensch. Er stand vor dem dritten Stuhl, und seine Wangen glühten. Er trug ein rotes, mit SilberknöpfenverziertesWamsundhattedenSaumseineslangen, verzierten Mantels eigenwillig über den linken Arm geworfen. Mit dem rechten fuchtelte er wild herum, während er auf die anderen einredete. „Nun lasst Euch nicht so bitten, meine Gefährten. Etwas mehr Begeisterung für die Sache! Wir treffen uns hier schließlich, weil unser heiliger Eid es uns gebietet.“
„Ach, kommt schon, Schüttelspeer, wem wollt Ihr das erzählen?“, brummte der Zwerg. „Wir treffen uns hier jede Woche, weil wir nichts Besseres zu tun haben.“ Er hob seinen Bierkrug, um geräuschvoll einen Schluck daraus zu nehmen.
„Ihrwisstgenau,dassIhrmichnichtsonennensollt,HerrGumli!“,empörtesichderMensch.„MeinNameist … “
„Geschenkt“, unterbrach ihn der Zwerg.
„Welche Laus ist Euch denn heute über die Leber gelaufen, Freund Zwerg?“, fragte der Elf mit bestenfalls milde interessierter Miene. „Ihr seid noch übellauniger als sonst.“
„Ach“, knurrte Gumli. „Ich lief heute Mittag im Luttenpark Gumrak Eisenschild über den Weg.“
„Zwergenheld“, grollte eine Stimme von links. Hanissa konnte den Sprecher nicht sehen, aber sie erkannte ihn trotzdem. Es handelte sich tatsächlich um Herrn Qualbringer!
„Ja, schmiert es mir nur aufs Brot.“ Gumli machte ein finsteres Gesicht. „Ihr hättet sehen sollen, wie die Jungzwerge ihn anhimmelten. Er ist ein verdienter Kämpfer, das streite ich gar nicht ab. Aber was ist mit uns? Sind wir nicht auch Helden? Verdienen wir nicht auch Bewunderung?“ Er schnaubte. „Kein Jungzwerg weiß überhaupt,
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