Drachenglut
weichen.
Hier konnte Tom eine sehr undeutliche Anme r kung erkennen. Er drehte die Buchseite zum Licht hin und versuchte die Wörter zu erkennen. Da stand: »Limmins und Willis sind beide Trottel – aber Li m mins ist entschuldigt, weil er keine Ahnung hat.«
Tom hörte auf zu lesen und blickte nachdenklich zur Decke hoch. In der Bibliothek war es sehr still und Ms Sawcroft war nirgendwo zu sehen. Zweife l los hatte diese Anmerkung etwas zu bedeuten, das Tom nicht verstand, was aber die Gemüter sehr e r regt hatte. Was war das? Warum war wegen ein paar Wörtern ein Buch verschandelt worden?
Er seufzte.
Es war mehr als wahrscheinlich, dass die Tinte n schrift sehr alt war, vielleicht älter als hundert Jahre. Bestimmt hatte das heute keine Bedeutung mehr. Das Ganze war völlig belanglos.
Er sollte zurück zur Kirche gehen. Dort gab es mehr als genug zu tun. Und er musste Sarah anrufen. Jawohl. Und sein Besuch hier in der Bibliothek war reine Zeitverschwendung …
Eine Frau mit einer Tasche voller Bücher betrat den Raum, ging zum Tresen und läutete. Es dauerte nicht lange und Miss Sawcroft kam aus dem Hinte r zimmer, um die Rückgabetermine zu verlängern.
Tom schüttelte den Kopf, um das Gefühl von M ü digkeit und Gleichgültigkeit zu vertreiben, das ihn benommen machte. Ja, er würde zurückgehen, und zwar bald, aber erst nachdem er den anderen Hinwe i sen auf der Titelseite nachgegangen war. Er blätte r te … Seite 68 …
Die dicken, pergamentartigen Seiten ließen sich nicht leicht umblättern, doch dann sah er oben auf Seite 68 die Überschrift „ Wirrinlow – historische Quellen und Brauchtum “ . Der nächste Absatz war ziemlich kurz. Tom las:
Die Senke mit dem Namen Wirrinlow wird öfter in der Lokalgeschichte und den hiesigen Überlieferu n gen erwähnt, wo ihr jedoch ein zweifelhafter Ruf a n haftet. Der erste Hinweis darauf erfolgte in einem Pamphlet aus dem 16. Jahrhundert, das im Museum in Hopalming ausgestellt ist. Sein Titel lautet Geister und andere Heimsuchungen. Demzufolge hatte »eine gewisse Marjorie Faversham am 14. April 1583 auf dem Wirrinlow (ebenfalls bekannt als Pit) eine E r scheinung des Teuffels, nach der sie halbtot und mit Schaum vor dem Maule aufgefunden ward. Nach sechs Tagen, in denen sie sich lauthals über Teuffe l chen und Kobolde beklagte, wurde sie in das Kl o sterkrankenhaus von Hostone verbracht, allwo sie später verstarb.«
Neben diesem Absatz hatte sich wieder der Schre i berling ausgetobt: »Sie besaß nicht genügend Wi l lenskraft.«
Tom verzog das Gesicht.
Er begriff das zwar nicht, aber der Ton missfiel ihm. Plötzlich merkte er, wie ungemütlich es in der Bibliothek geworden war. Die Frau am Tresen b e klagte sich laut bei Miss Sawcroft über die Versäu m nisgebühr, die Hitze im Raum hatte zugenommen, sodass er an Hals und Händen schwitzte, und sogar das Summen des Brummers am Fenster war ersto r ben.
Tom stand auf und öffnete das Fenster. Frische Luft strömte herein. Er hockte sich aufs Fensterbrett und las rasch weiter.
Hundert Jahre später, am Ende des 17. Jahrhu n derts, erwähnt das Kirchenbuch von Fordrace die Namen der zwei Gemeindemitglieder Tobias Tho m son und George Pole, die an Unterkühlung starben, nachdem sie im Wirrenlow Hollow im Winter 1692 Schutz gesucht hatten. Seltsamerweise wurden ihre sterbl i chen Überreste außerhalb des Kirchhofs auf G e meindeland beerdigt.
Kurze Zeit später berichtet der Stan b ridge-Chronicle von einem letzten Aufflackern des H e xenwahns in England. Tragischerweise wurden 1734 zwei Frauen von einem Bauernhof bei Fordrace von einer aufgebrachten Menschenmenge verfolgt und auf dem Gipfel des Wirrim zu Tode geprügelt. Ihre Körper wurden in die Senke von Wirrinlow gewo r fen und den Raubtieren zum Fraß überlassen. Die Zeitung erklärt die Vorgänge folgendermaßen:
»Diese Frauen wurden der Hexerei und der Götz e n anbeterei bezichtigt und entstammten einer langen Ahnenreihe von Götzenanbetern. Die eine von ihnen, Meg Pooley, war gesehen worden, wie sie über den Wirrim flog, sie war auch angeklagt, die Scheune i hres Nachbarn in Brand gesteckt zu haben. Sie und Mary Barratt sollen ihren Nachbarn mit dem b ö sen Blick geschadet und ihnen Gold und Kostbarke i ten gestohlen haben. Das Gericht konnte keine Ze u gen finden, die den Tod der beiden Frauen bestäti g ten, und musste die Untersuchung einstellen.«
Eine Zeile von unbekannter Hand im Kirchenbuch von Fordrace scheint
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