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Drachenglut

Titel: Drachenglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Er wollte sich irgendwie aus der Schlinge ziehen. Schließlich weiß Cleever ja nicht, sagte er sich, dass ich einen Verdacht gegen ihn hege.
    »Guten Tag, Herr Pfarrer.« Mr Cleever begrüßte Tom mit einem fröhlichen Wedeln seines Stocks und lächelte. »Was für ein herrlicher Tag. Da bekommt die Jugend Lust, mal alle Zügel schießen zu lassen. Der junge McIntyre kann ganz schön schnell flitzen, was? Damit könnte er glatt in unsere Olympia-Mannschaft kommen.«
    »Ja, das stimmt.« Tom suchte verzweifelt nach i r gendeinem alltäglichen Thema aus der Kirchenarbeit, auf das er das Gespräch bringen könnte. Zu seinem Entsetzen fiel ihm nicht mehr ein, in welchen Au s schüssen Mr Cleever Mitglied war, ganz zu schwe i gen von irgendwelchen dringenden Einzelheiten, die b e sprochen werden könnten. Was sollte er sagen? Was …
    Mitten auf seiner Stirn fühlte er eine feste, kleine Druckstelle, als ob sich ein Stock sanft in seinen Schädel bohren wollte. Und dann …
    Plötzlich wurde der Druck zum Riss, sein Verstand wurde aufgeschlitzt und alle Gedanken frei gelegt. Etwas drang ein, und dessen Wucht war so stark, dass er fast ohnmächtig wurde.
    Er hörte eine Stimme in seinem Kopf. »Was weißt du?«
    Er konnte sich nicht weigern. Die eingedrungene Macht zerquetschte sein Hirn, und er spie die Info r mation in Gedankentropfen aus.
    »Das Kreuz. Ich weiß, dass Sie es gestohlen h a ben. Und dass Vanessa Sawcroft dazugehört. Ich weiß es wegen dem Buch von Willis. Sie hat ve r sucht, uns von der Spur abzubringen, aber ich habe es trotzdem herausgefunden. Und ich will Michael vor Ihnen beschützen.«
    Ein kleines blondhaariges Mädchen mit einer ri e sigen tropfenden Eistüte wanderte zwischen die be i den Männer. Eiskrem tropfte aufs Gras. Sie blieb stehen und drehte sich um, um die Tropfen zu sehen, und dabei tropfte Eis auf Mr Cleevers Schuhe. Er und Tom standen regungslos da wie Statuen. Eine Mutte r stimme rief, und das kleine Mädchen trippelte davon.
    »Wir wissen nicht, warum Sie ihn wollen. Aber Stephen hat Ihre Seele gesehen und das genügt. A u ßerdem glaube ich, dass Sie was mit dem Drachen zu tun haben.«
    Mr Cleever blickte Tom starr an.
    Tom sah in diese Augen und konnte ihrem Blick nicht entkommen.
    Der Lärm auf dem Dorfanger um sie herum wurde gedämpft, als wären sie unter Wasser.
    »Wir gehen jetzt zu Sarahs Haus und holen M i chael. Dann fahren wir zu Sarah auf den Hof.«
    Zum ersten Mal zuckte es in Mr Cleevers Gesicht. Seine Augen verengten sich leicht.
    »Zum Hardraker-Hof.« Tom spuckte das förmlich aus.
    Mr Cleever hatte den Kopf leicht nach vorn g e neigt, als würde er ganz konzentriert zuhören. Plöt z lich richtete er sich auf.
    Toms Hirn ratterte, als sich der Eindringling z u rückzog. Seine Ohren knackten. Der Lärm ringsum schwoll zu voller Lautstärke an: Geschrei, Gelächter, Gebrüll, startende Motoren … Der Kasper verprüge l te den Polizisten mit einem dicken Eichenstock. »So muss man das machen!«, kreischte er triumphierend.
    »Danke schön, Herr Pfarrer«, sagte Mr Cleever. »Es ist doch immer wieder ein Vergnügen, sich mit Ihnen zu unterhalten. Und sehr lehrreich. Auf Wi e dersehen.«
    Er wedelte mit dem Stock und ging rasch zu se i nem Haus zurück.
    Tom stand mit weit aufgerissenen Augen und wie gelähmt mitten auf dem Anger.

 
     
    26
     
    Mit einem Ruck wachte Michael auf.
    Er lag eine Weile bewegungslos im Bett und spü r te einen säuerlichen Geschmack im Mund. Es war sehr heiß im Zimmer, das Kopfkissen unter seinem Gesicht war feucht. Er hatte wieder geträumt; er wusste es, obwohl er sich an den Traum nicht eri n nern konnte. Nur an ein schwaches Übelkeitsgefühl in seinem Magen, direkt vor dem Aufwachen. Sel t sam – jetzt war es völlig verschwunden.
    Er setzte sich mühsam auf, sah auf die Uhr und blinzelte, um den Schleier über seinen Augäpfeln zu vertreiben.
    Es war halb zwei.
    Er hatte vier Stunden lang geschlafen, länger, als er vermutet hätte. Jetzt sollte er eigentlich erfrischt sein, aber wie so oft, wenn man tagsüber schläft, fühlte er sich stattdessen gereizt und verwirrt. Seine Haut war wund und kribbelte, als wäre er an einer Käsereibe entlanggeschliddert. Und er schwitzte.
    Das Fenster war geschlossen und der Sonne n schein sammelte sich auf dem Bett.
    Er musste duschen.
    Der Gedanke ans Duschen erinnerte ihn an St e phen und das Blut stieg ihm in den Kopf. Stephen hatte überhaupt keinen Grund gehabt, sich so g e mein zu

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