Drachengold: Roman (German Edition)
französische Transporter in Rio, die wir aufbringen wollen, und wir haben zehn Drachen dafür zur Verfügung. Zwar habe ich zweihundert Mann als Prisenbesatzung, aber es ist kein einziger Offizier unter ihnen.«
Temeraire wartete ungeduldig in der Luft darauf, dass das Pontondeck endlich bereit gemacht wurde: Es war nicht sehr groß; er musste sehr vorsichtig darauf landen und versuchte, sich leicht zu machen, um das schwimmende Deck nicht unter Wasser zu drücken. »So muss es gehen«, sagte er und wandte seinen Kopf zur Schiffsreling: Eine ganze Reihe von Matrosen, die dort gestanden und ihn angestarrt hatten, entfernten sich rasch, mit Ausnahme eines jungen Offiziers, der zwar bleich wurde, aber stehen blieb.
»Vielen Dank. Allerdings: Würden Sie bitte das dritte Tau dort besser sichern? Der Knoten ist schlecht und wird sich ganz bestimmt jeden Augenblick lösen. Es wäre ganz und gar nicht angenehm, wenn dieser Teil des Decks untertauchen würde, und ich denke, ich müsste mich dann am Schiff festhalten, um wieder aus dem Wasser zu kommen. Wie viele von Ihnen werden uns wohl nach Rio begleiten?«, fragte er, denn er hielt es einfach nicht aus ohne nähere Auskünfte.
Allerdings bekam er als Antwort nur ein Gestammel, und er musste sich gedulden, bis Laurence endlich mit dem Kapitän wieder herauskam. Dieser sah ganz und gar nicht erfreut aus, gab aber trotzdem den Befehl, dass vierzig seiner Männer von Bord zu gehen hätten, ebenso wie vier seiner Offiziere.
Laurence trug Gerry auf, den Offizieren eigens mitgebrachte Seile mit Karabinerhaken überzustreifen, und Temeraire setzte sich einen Mann nach dem anderen auf seinen Rücken. Den Anfang machte Leutnant Creed, als Letzter kam ein Fähnrich von fünfzehn Jahren namens Wren. Die übrigen Männer kletterten noch auf dem Schiff in eine Persenning, die sich wie ein Sack zubinden ließ; Temeraire richtete sich vorsichtig auf, griff nach dem Bündel und verstaute es sorgsam in seinem Bauchnetz, wo die Matrosen ungeschickt wieder herausklettern konnten, ohne sich unnötig in Gefahr begeben zu haben.
Über vierzig zusätzliche Männer!, dachte Temeraire triumphierend, als er abhob und davonflog. Auch wenn diese neu Rekrutierten schon bald ihren Dienst auf einem der Transporter fortsetzen würden und er sie dann nicht mehr würde beaufsichtigen können, so schien ihre bloße Anzahl doch schon eine enorme Verbesserung, egal, von wie kurzer Dauer. Und überhaupt: Vielleicht würde es ihnen ja auch gar nicht gelingen, die Transporter aufzubringen; in diesem Fall würden die Männer einfach eine weitere Vergrößerung seiner eigenen, bereits durch die Matrosen zahlreicher gewordenen Mannschaft darstellen.
Also war er höchst zufrieden, als er wieder im Lager ankam und die Männer ablud. Nachdem er ein ausgezeichnetes Abendessen aus gebratenem Rind, gefüllt mit süßen, reifen Bananen, genossen hatte, legte er sich schlafen, bis er etliche Stunden später unsanft aufgerüttelt wurde. »Oh!«, sagte er und machte ein Auge auf. »Oh, was ist denn los?«
»Es ist keine Zeit zum Schlafen«, sagte Iskierka. »Steh auf und hilf, diesen Unsinn zu beenden: Sie haben vor, die Schiffe ohne uns aufzubringen.«
»Ich bin mir sicher, da hast du was falsch verstanden«, sagte Temeraire, rappelte sich aber auf und gähnte. »Lily und Maximus würden nie …«
»Nicht sie«, unterbrach ihn Iskierka ungeduldig. »Granby und Laurence!«
Fähnrich Wren saß vorne im Boot und flüsterte die ganze Zeit vor sich hin; seine Worte wurden nicht bis nach hinten getragen, wo sich Laurence befand; die Ruder tauchten leise ins Wasser, hoben sich in gleichmäßiger Bewegung wieder, und nur ein paar vereinzelte Tropfen fielen von ihren Blättern, ehe sie nach einem raschen Bogen erneut ins Meer eintauchten. Leutnant Creed saß ebenfalls hinten im Boot unmittelbar backbord, und sein schmales Gesicht war nur deshalb in der Dunkelheit zu sehen, weil es kreideweiß vor Aufregung war. Natürlich würde diese Aktion, so sie denn erfolgreich verliefe, einen riesigen Karrieresprung für ihn bedeuten: Ein junger Bursche von zwanzig Jahren, der für einen Transporter verantwortlich wäre: Das war die Sorte Glücksfall, von der ein Mann der Marine sonst nur träumen konnte.
O’Dea aber hatte beim Besteigen der Boote unheilschwanger bemerkt: »Genauso gut können wir unser Ende auf dem Grund des Meeres finden, wo sich die monströsen Seeschlagen der Tiefe auf uns stürzen werden, Kapitän.« Laurence
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