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DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Haese
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unterbrach mich brutal. »Den dir jeder halbwegs geschickte Anwalt – geschickt, Hemlokk, nicht unseriös – in der Luft zerfetzen würde. Vielleicht wirkt in dem Heim bloß eine überaus gründliche Putzfrau, wer weiß das schon? Die wischt dann alles mit irgend so einem Desinfektionszeugs ab, da bleibt kein Auge trocken geschweige denn ein Abdruck haften. Und damit bist du raus aus dem Spiel. Nein, nein, das reicht keinesfalls, um ein offizielles Ermittlungsverfahren in Gang zu setzen. Vergiss es. Da muss uns schon etwas anderes einfallen.«
    Gut gebrüllt, Herzchen. Genau. Aber was? Vom Plan, in Almuths Heimzimmer etwas mitgehen zu lassen, hatte ich Abstand genommen, weil ich auf die Fingerabdrücke vertraut hatte. Und jetzt war es dafür zu spät, ich konnte nicht mehr unauffällig dort auftauchen. Als Reinfall hatte sich auch mein elektronisches Wunderohr an seinem zweiten Einsatzort erwiesen. Denn der Wanze war nichts Besseres eingefallen, als bereits wenige Stunden nach ihrer Installation den Geist aufzugeben. Soviel zur Glaubwürdigkeit von Werbeaussagen über geringen Energiebedarf.
    Die letzten drei Tage hatte ich daher über der neuen Entwicklung gebrütet, geduldig wie ein Piepmatz, der auf seinem Gelege ausharrt, komme was da wolle. Doch aus dem ganzen Grübel-Ei, um im Bild zu bleiben, war zunächst nichts ausgeschlüpft, wenn ich mir das magere Ergebnis ehrlich betrachtete. Greta war meiner Meinung nach immer noch krank und zeigte alle Anzeichen des Münchhausen-Stellvertreter-Syndroms. Daran gab es auch nach den neuen Erkenntnissen nichts zu rütteln. Was ums Verrecken nicht damit übereinstimmen wollte, waren die Vorgänge, die Harry und ich belauscht hatten. Denn Gretas Angst dort vor ihrer Tür war augenscheinlich echt gewesen. Und Arthur Bebensee hatte offenbar gewusst, dass definitiv niemand in der Wohnung gewesen sein konnte.
    Doch erst am zweiten Abend war mir die blitzartige Erleuchtung gekommen, dass meine Sichtweise die ganze Zeit über falsch gewesen war. Denn wenn ich bei allem, was den Jungen betraf, nun doch recht gehabt hatte, allerdings die Entwicklung, die mit den Drohanrufen ihren Anfang nahm und bislang mit der Ermordung Almuth Pomerenkes endete, davon abtrennte und unter einem ganz anderen, eigenen Blickwinkel betrachtete, kam ich dann weiter? Aber ja, lautete die beglückende Antwort.
    Dann litt Greta nach wie vor unter dem verdammten Syndrom, doch jemand versuchte sie zusätzlich einzuschüchtern; jemand, der sie offenbar nicht besonders mochte. Weil sie Haukes Tod verursacht hatte? Ich glaubte nicht mehr daran. Der Junge und sein Schicksal hatten mit diesem Teil des Dramas nichts zu tun. Da steckte etwas anderes hinter. Aber was, und vor allen Dingen: wer? Ich hatte keine Ahnung. Und trotzdem …
    »Ich habe nachgedacht, Harry«, eröffnete ich ihm bescheiden.
    »Das kommt vor«, bekam ich schnöselig zur Antwort. Arroganter Hund.
    »Harry!«, versuchte ich es noch einmal.
    Doch er hatte sich bereits erhoben. »Komm, lass uns Essen machen. Ich habe was mitgebracht.«
    Also gut. Dann erst einmal nicht. »Was gibt es denn?«, erkundigte ich mich erwartungsvoll, während vor meinem inneren Auge Tortillas mit einem Avocadodip, Garnelen in Olivenöl mit reichlich Knoblauch und Petersilie sowie einer auf der Zunge zergehenden Creme Gestalt annahmen.
    »Pølser. Selbst gemacht und mit allem Drum und Dran«, antwortete Harry mit tiefer Befriedigung in der Stimme. »Mit Gurken, Ketchup, gerösteten Zwiebeln, Senf … na?«
    »Wunderbar«, lobte ich ihn lahm. Er sah mich an wie ein weidwundes Reh. »Wirklich, Pølser ist auch gut«, versicherte ich hastig.
    Harry seufzte. Abgrundtief. »Dir kann man auch nichts recht machen, Hemlokk.«
    Ich schwieg vorsichtshalber, während wir die Würstchen erhitzten, die pappigen Brötchen aufschnitten und anschließend alles hineinschichteten.
    »Ah«, grunzte Harry wenige Minuten später zufrieden zwischen zwei Happen. »Lecker, oder etwa nicht?«
    Doch. Es schmeckte wirklich gut, auch wenn das Pølseressen entweder eine ganz spezielle Technik erfordert, die ich nicht beherrsche, oder aber von der esskulturellen Entwicklungsstufe her bei Gustav und Hannelore anzusiedeln ist.
    Wir vertilgten jeder drei Stück und fielen anschließend pappsatt und leise aufstoßend auf die Gartenbank. Gottlob erinnerte ich mich an eine Flasche Aquavit in meinem Froster. Wir tranken jeder einen.
    Es dämmerte mittlerweile, die Luft roch erdig von dem feuchten

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