Drachenjagd
den Drachen ein deutlich sichtbares Ziel abgaben. Er schrie so laut er konnte, um das Ungeheuer auf sich aufmerksam zu machen.
Der Drache flog wenige Meter über sie hinweg, Aidan zog die Zügel an und blickte zurück. Er befürchtete schon, dass der Drache ihn nicht gesehen hatte oder womöglich gar nicht an ihm interessiert war, da sah er, dass er einen weiten Bogen flog und zurückkehrte. Aidan drückte seinen Körper tief auf den Hals des Pferdes.
»Lauf, meine Gute, so schnell du kannst«, flüsterte er in Nailas Ohr, »oder wir sind beide verloren.«
Sie schien ihn verstanden zu haben, denn sobald er ihre Zügel freigab, beschleunigte sie mit schier unglaublicher Leichtigkeit. Die Hufe flogen geschwind über den Boden, als ob sie ihn gar nicht mehr berühren mussten. Aidan hatte keine Ahnung, woher Naila diese Kraft und Ausdauer nahm, aber das spielte auch keine Rolle.
Jetzt lag alles an der tapferen Stute.
Sie galoppierte tiefer in das Tal hinein, steile Steinwände türmten sich zu beiden Seiten des Weges auf und verengten sich immer weiter. Selbst auf den ausgedehnten Wanderungen mit Bogothar war er niemals so tief in die Schlucht vorgedrungen. Aidan hoffte von ganzem Herzen, dass der Weg nicht plötzlich endete oder sich ein unüberwindbarer Abgrund vor ihnen auftat.
Schaum bildete sich am Maul des mutigen Tieres, lange würde es dieses Tempo keinesfalls durchhalten können. Aidan zog die Zügel an, um die Stute ein wenig auszubremsen, doch nicht zu sehr, denn der Drache war ihnen dicht auf den Fersen.
Zu dicht, wie er prompt feststellen musste.
Ein Feuerball schlug nur wenige Meter neben ihnen in den Boden und wirbelte Steine und Erdreich durch die Luft. Ein Regen aus feuchter Erde und Grasbüscheln prasselte auf Aidan herab, ein verirrter Stein schlug gegen seinen Kopf. Warmes Blut quoll aus der Platzwunde und lief ihm in die Augen. Aidan wischte das Blut mit dem Ärmel weg und wagte einen kurzen Blick nach hinten.
Der Drache war gefährlich nahe herangekommen.
Aidan ließ das brave Pferd Haken schlagen, damit sie kein allzu leichtes Ziel für den Drachen abgaben. Dennoch schlug der nächste Feuerball beängstigend nahe neben ihnen ein, sodass Aidan beinahe abgeworfen worden wäre. Wenn nicht bald ein Wunder geschah, würde der Drache sie in wenigen Augenblicken vernichten.
Zu allem Überfluss setzte der Regen wieder ein, die Tore des Himmels öffneten sich und gossen regelrechte Fluten auf die Erde. Innerhalb weniger Augenblicke wurde der Weg spiegelglatt und der Schimmel glitt mehrmals aus.
Aidan schloss bereits mit seinem Leben ab, da sah er mit seinen scharfen Augen eine kaum sichtbare Nische in der Felswand.
Er reagierte im Bruchteil einer Sekunde.
Ohne Rücksicht auf Naila zu nehmen, die vor Schreck laut wieherte, zog er die Zügel mit voller Kraft an. Der Schimmel kam schlitternd zum Stillstand, der übertölpelte Drache brauste über sie hinweg und brüllte vor Wut und Überraschung. Er setzte ungeschickt zur Landung an, war aber so schnell, dass er auf dem glatten Untergrund den Halt verlor und mit einem markerschütternden Schrei gegen die Felswand krachte. Felssplitter und Steine bröckelten ab und lösten eine Lawine aus, die den sich windenden Drachenkörper unter sich begruben.
Das war genau die Ablenkung, die Aidan gebraucht hatte. Er nutzte die Gelegenheit und rannte in den Schutz der kleinen Nische hinein, mit der Stute im Schlepptau. Das widerstrebende Pferd musste durch den schmalen Spalt gezwängt werden, dann zogen sie sich in das hinterste Ende der langgezogenen Höhle zurück.
Aidan hörte, wie der Drache draußen das Geröll von seinem Körper herabschüttelte und sich taumelnd auf die Beine erhob. Mit schwerfälligen Schritten torkelte er auf die Höhle zu, in der sich seine Beute versteckt hatte. Er kam zu spät. Ein paar Mal versuchte er erfolglos, das stinkende Maul in die Höhle zu strecken und nach ihnen zu schnappen, dann gab er auf und erhob sich in die Lüfte.
Das Geräusch seiner Flügelschläge wurde stetig leiser, bis es schließlich ganz verstummte. Nur das leise Prasseln des Regens war verblieben.
Sie waren gerettet. Vorerst.
Der Tag danach
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Kapitel 7
Aidan erwachte durchgefroren und mit steifem Rücken auf dem unangenehm feuchten und harten Felsboden der Höhle. Zuerst erinnerte er sich nicht daran, wo er sich befand, dann sah er den Lichtschein am Höhleneingang und die Geschehnisse des gestrigen Tages standen klar vor seinen Augen. Der
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