Drachenjagd
Schimmel stupste ihn schnaubend mit der Nase an, das arme Tier musste kurz vor dem Verhungern sein.
Auch Aidans Magen knurrte besorgniserregend.
Vorsichtig verließen sie den Schutz des lebensrettenden Unterschlupfs. Aidan warf argwöhnische Blicke in alle Himmelsrichtungen, als erwarte er jeden Moment einen weiteren heimtückischen Angriff der Bestie. Da alles ruhig blieb, tätschelte er das Pferd und stieg in den Sattel. Auf dem Rückweg gab er Naila die Zügel frei, damit das erschöpfte Tier sein Tempo selbst bestimmen konnte. Aidan wendete nicht ein einziges Mal den besorgten Blick vom Himmel ab.
Schwarzholm war eine einzige Ruine. Schon aus weiter Ferne waren die dunkelgrauen Rauchwolken zu sehen, die Unheil verheißend über dem Dorf hingen. Je näher sie kamen, desto klarer wurde, was hier geschehen war. Der Drache war zurückgekommen und hatte gnadenlos gewütet. Kein einziges Haus war verschont geblieben, Schwarzholm lag in Schutt und Asche.
Der Wirt stand schluchzend vor den traurigen Überresten seiner Schenke, die anderen suchten die Trümmer nach brauchbaren Gegenständen ab und stapelten die dürftigen Vorräte auf dem Dorfplatz.
Aidan ritt langsam heran und stieg schweigend vor der Ruine seines Hauses ab. Traurig starrte er auf das niedergebrannte Gebäude, sein Herz war wie versteinert. Auch wenn Aidan das Haus nicht selbst erbaut hatte, war es doch zu einer Heimstatt für ihn geworden, zu einem neuen Zuhause, in dem er sich wohlgefühlt hatte. Und jetzt lag es in Trümmern, genau wie der Rest Schwarzholms.
Soreena, Bogothar und Shakrath kamen auf ihn zu gerannt, sobald sie ihn sahen. Bogothar schloss Aidan fest in die Arme und wischte eine verstohlene Träne aus dem Augenwinkel. Soreena ging an Aidan vorbei geradewegs zu Naila, legte ihren Kopf an den Hals der Stute und streichelte sie zärtlich.
»Du hast dein Versprechen gehalten«, sagte sie leise.
»Natürlich«, sagte Aiden matt und nickte Soreena müde zu.
»Gut für dich«, sagte sie schnippisch und führte Naila fort, um sie zu füttern und zu striegeln.
»Sie liebt mich«, flüsterte Aidan ihr verliebt hinterher.
Bogothar und Shakrath starrten ihn entgeistert an, als hätte er gerade den Verstand verloren.
»Und woran genau erkennst du das? Daran, dass sie dich umbringen wollte, oder daran, dass sie dir die kalte Schulter zeigt? Wenn sie jemanden liebt, dann ist das ihre Stute«, lästerte Bogothar.
»Ihr versteht das nicht. Sie ist eine Kriegerin. Natürlich kann sie ihre Liebe nicht einfach so zeigen, aber alle Anzeichen sind da, man muss sie eben richtig deuten.«
Shakrath rollte mit den Augen und stahl sich davon, um den anderen beim Durchwühlen der Trümmer zu helfen.
»Es geht wahrlich nichts über eine gesunde Selbsteinschätzung«, brummte der Zwerg. Dann sah er Aidan in die Augen. »Was unternehmen wir jetzt? Wir haben alles verloren, der Drache hat das gesamte Dorf zerstört. Ohne den Keller des Wirts wären wir Drachenfutter.«
»Wart ihr alle im Keller des Wirts?«
»Ja, er gibt einen unschätzbaren Unterschlupf ab. Es war zwar recht eng, aber mit einer Portion guten Willens kann man es aushalten. Und nebenbei gibt es dort Bier im Überfluss!«
»Gab es Verluste?«, fragte Aidan besorgt.
Der Zwerg schüttelte den Kopf.
»Nein, dank deinem Ablenkungsmanöver hatten wir ausreichend Zeit, die Bewohner in Sicherheit zu bringen. Als der Drache eintraf, waren wir im Keller durch fest verschlossene Metalltüren geschützt. Dagegen konnte selbst dieses Biest nichts ausrichten.« Er schnaubte. »Das hat ihn nur umso wütender gemacht. Wir haben gedacht, die Welt geht unter, so hat er hier oben gewütet. Das Ergebnis siehst du ja selbst.«
»Ja«, seufzte Aidan. Es war nicht zu übersehen. Der Wiederaufbau des Dorfes würde eine unvorstellbare, wenn nicht gar unmögliche Herausforderung werden.
»Freunde, kommt alle her, versammelt euch bitte auf dem Dorfplatz«, rief er den Umstehenden zu. Als niemand reagierte, gestikulierte er ungeduldig mit den Armen. Innerhalb von ein paar Minuten hatte sich der Aufruf herumgesprochen und die Bewohner Schwarzholms hatten sich in einem Kreis um den Brunnen des Dorfplatzes herum versammelt und warteten ab, was nun geschehen würde.
Aidan stellte sich auf den Rand des Brunnens, um einen besseren Überblick über die Menge zu bekommen. Zahllose traurige Augenpaare waren auf ihn gerichtet, die Hoffnungslosigkeit in ihren Gesichtern stachen ihm unumwunden in sein Herz, fühlte er
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