Drachenkaiser
Der Chinese musste tauchen, um unter seinem Schild aus Stahl bleiben zu können. Lass es schnell geschehen sein, sonst ersticke ich.
Nach endlosen Sekunden hörte das Rumpeln auf.
Wu Li wagte sich an die Oberfläche und kletterte über ein Dickicht aus ineinander verkeilten dicken und dünnen Holzstangen nach oben. Mehrmals rutschte er an den nassen Planken ab und fing sich Splitter.
Es dauerte lange, bis er aus dem Chaos ins Freie gelangte. So würde er die Frau mit dem Artefakt nicht einholen. Er blickte sich um. Sie ist schon lange weg.
Der Zug lag unter einem meterdicken Berg aus Holz begraben, zerschmetterte und verstümmelte Leichen schwammen in einem Meer aus Planken. Die Brücke war verschwunden. Rechts und links auf den Dämmen reihten sich die Schaulustigen, deuteten nach unten. Mit einer solchen Katastrophe hatte niemand gerechnet.
Ich habe überlebt. Gelobt seien die Ahnen, dass ich meine Mission fortsetzen kann! Er wusste, dass die Russin eine Fahrkarte nach London gekauft und nach einer Verbindung nach York gefragt hatte. Daraus schloss er, dass die derzeitige Besitzerin dieser merkwürdigen, sehr viel Energie abstrahlenden Murmel in York lebte oder sie zumindest etwas damit verband.
Und der Name der ni mä bi lautet Snickelway. Er zog sich die störenden Splitter aus der Haut. Schön. Dann eben nach York.
Er sprang geschickt von Treibgut zu Treibgut und gelangte zum Ufer, an dem sich die ersten Retter einfanden.
Wu Li eilte an den verdutzten Männern vorbei, nahm sich im Vorbeigehen eine Decke und schritt auf die Treppe zu, die nach oben führte. Es gab keinen Grund, sich weiter in Holland aufzuhalten. Sein Auftrag war eindeutig.
10. Januar 1927, nahe der Ortschaft Ruhtin, County Denbighshire, Provinz Wales, Königreich Großbritannien
Die Luftschiffe von Havock’s Hundred und Skyguard schwebten in der Dämmerung wie falsche Monde über der Auenlandschaft. Die Lichter in den Gondeln leuchteten hell und verkündeten die Wachsamkeit der Besatzungen, für den Fall, dass Ddraig sich entgegen aller Wahrscheinlichkeit für einen Angriff entschied.
Starke Suchscheinwerfer strahlten von oben herab und beleuchteten den Boden, wo Silena, Leida und Fayence zusammen mit zehn Mann standen.
Fayence trug einen weiten weißen Mantel mit Kapuze, unter dem er seine Rüstung verbarg, alle anderen hatten die übliche Drachenlederpanzerung der Einheit angelegt. Zu den großkalibrigen Gewehren und Pistolen führten sie Drachenzahnschwerter und Schilde mit sich, die mit Drachenhaut bespannt waren und einen Wall gegen eine Feuerlohe bilden konnten.
Die aufgewühlte Erde und das getrocknete, eingebrannte Blut um sie herum, die Flammenspuren und die zerstörte Vegetation kündeten von dem heftigen Drachenkampf, der stattgefunden hatte.
Silena hatte die rotschuppige, stattliche Drachin noch immer vor Augen, als sie damals mit ihr am Triglav gesprochen und das kurze Bündnis geschlossen hatte, um Gorynytsch aufzuhalten. Gegen sie anzutreten, hatte sich die Drachenheilige als unangenehm vorgestellt. Mit ihr schien sie auf einen harten Widersacher gestoßen zu sein.
Fayence ging in die Hocke, fuhr mit den Fingern durch den Dreck. »Drei Drachen. Zwei Flugdrachen, einer war zu schwer und ein Laufdrache, wie ich an den Abdrücken sehe«, berichtete er und hob einen gelben, fasrigen Splitter auf. »Der Teil einer Hornschuppe, mit einem Druckabdruck. Die Krallen des Asiaten sind ungewöhnlich kräftig. Sie schneiden und bohren gleichzeitig.« Er erhob sich. »Der Hauptkampf hat hier stattgefunden. Ich nehme anhand der tiefen Fußabdrücke an, dass sich ein Flugdrache von oben auf den Laufdrachen geworfen hat. Durch Gewicht und Schwung wurde er nach unten gepresst. Es ging hin und her, wobei der Laufdrache keine Aussichten hatte, als Sieger vom Platz zu gehen.« Er deutete nach rechts, wo der Kadaver des Verlierers lag.
Silena bemerkte die Fressspuren daran. Da hat jemand seinen Hunger gestillt. Nicht eben gewöhnlich. Die meisten Drachen belassen es dabei, ihre getöteten Feinde wegzuschaffen oder sie zu versenken.
»Der Kopf fehlt«, bemerkte Leida.
»Er ist abgerissen worden. Vielleicht als Trophäe mitgenommen?« Fayence interessierte sich nicht weiter für die Überreste. »Aber dort verläuft eine Spur, die nach einer überhasteten Flucht aussieht.« Er wies auf die abgebrochenen Äste an den umstehenden Bäumen und den Furchen im Gras. »Ich vermute, der zweite Flugdrache versuchte, sich in Sicherheit zu
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